Schrei in der Nacht
Beste, was sie uns anzubieten hat?«
Fallon schlug ihm ärgerlich vor: »Wenn du
noch länger im Regen durch die Straßen rennen willst, kannst
du es ja tun; aber dann allein!«
Murphy kam mit einem Stapel Decken auf dem Arm herein.
»Großartig ist es hier, Mr. Fallon«, meinte er
vergnügt. »Wir haben ein Dach über dem Kopf, und die
Polizei saust im Regen im Kreise herum. Wir sind noch einmal gut
davongekommen!«
Rogan knurrte mißmutig. »Dein Verdienst ist es nicht, du kleiner Kuscher, du!«
Murphy errötete und ließ die Decken auf
eines der Betten fallen. »Jedenfalls renne ich nicht davon und
laß meine Kameraden im Stich!« Rogan trat drohend einen
Schritt auf ihn zu, doch der Junge drückte ihm die Hälfte der
Decken in den Arm und setzte kaltblütig hinzu: »Hier, Mr.
Rogan, Sie können sich Ihr Bett selber bereiten.«
Rogan drehte sich fluchend um und
ließ die Decken auf sein Bett fallen. Fallon lachte. »Ich
glaube, du solltest besser den Mund halten, Rogan. Du bist hier nicht
sehr beliebt.« Dann trat er auf den kleinen Mann zu und wurde
ernst. »Wirklich, es fehlt nicht viel, und ich jage dich davon.
Glaub mir, das wäre nicht allzu gesund für dich! Der
Kriminalinspektor wohnt nur ein paar Straßen weiter. In dieser
Gegend hier wird die Polizei sehr munter sein.«
Ein gefährlicher Ausdruck trat in Rogans Augen,
verschwand aber rasch wieder. Gezwungen lachte Rogan auf: »Es war
ja nicht so gemeint. Verdammt, wir müssen doch unsere Nerven
schonen.«
Fallon ging auf die Tür zu. »Was auch immer
geschehen mag«, erklärte er mit Nachdruck, »ich
verlange, daß keiner den Raum verläßt, bevor ich es
nicht erlaubt habe.«
Murphy nickte gehorsam, aber Rogan lachte und fragte
mit einem lauernden Unterton: »Wo wollen Sie denn schlafen? Die
Dame scheint ja außerordentlich gastfreundlich zu sein.«
In Fallon stieg einen Moment lang wieder die Wut hoch,
doch als er einen Schritt vortrat, öffnete sich hinter ihm die
Tür, und Anne erschien mit einem Tablett. Sie übergab es
Murphy und erklärte: »Hier ist etwas zu essen und
heißer Kaffee für Sie beide. Ich wünsche nicht,
daß Sie um das Haus herumstrolchen; bleiben Sie also in diesem
Raum. Falls ich Schwierigkeiten habe, müssen Sie gehen.«
Ihre Stimme klang kalt, förmlich und unfreundlich. Dann wandte sie
sich an Fallon. »Für Sie habe ich eine Mahlzeit unten
bereitet.« Er nickte daraufhin seinen beiden Kameraden zu und
folgte ihr aus dem Raum.
In der Küche war es warm und gemütlich. Er
ließ sich am Tisch nieder; sie schöpfte seinen Teller voll
und stellte das Essen dann vor ihn hin. »Es duftet
herrlich«, versicherte er dankbar.
Mit einem leichten Lachen versicherte sie: »Das
ist das einzige Gericht, das ich zubereiten kann. Ich bin nicht sehr
häuslich veranlagt, fürchte ich.«
Er nahm einen Löffel von dem warmen
Essen zu sich und schüttelte dann den Kopf. »Oh, es schmeckt
aber großartig. Glauben Sie mir, nach dem, was ich heute nacht
mitgemacht habe, würde mir alles schmecken.«
Sie lächelte ironisch. »Das ist nicht gerade ein Kompliment, Mr. Fallon.«
Er machte eine unbeholfene Handbewegung. »Oh, Entschuldigung, ich hab' es nicht so dumm gemeint.«
Plötzlich wurde ihm bewußt, wie hungrig er
eigentlich war, und er machte sich mit aller Konzentration an die
wichtige Tätigkeit des Essens. Einige Minuten sah sie ihm dabei
ruhig zu, ohne ein Wort zu sagen, und als er schließlich geendet
hatte, brachte sie ihm eine Tasse Tee. Während sie ihm Milch
hinzugoß, fragte sie: »Und wieviel Tote haben Sie heute
zurückgelassen?«
Er schüttelte den Kopf. »Nicht einen
einzigen, Gott sei Dank. Hätten Sie etwas anderes von mir
erwartet?«
Sie zog die Brauen zusammen und rührte abwesend
in ihrem Tee. »Erwartet vielleicht nicht, aber
befürchtet!« Er starrte sie überrascht und
verständnislos an, und sie setzte hinzu: »Was würden
Sie denn tun, wenn ein Polizist auf Sie zu schießen beginnt?
Werden Sie nicht zurückschießen?«
Er grinste. »Was mich betrifft, ich kann laufen wie ein Wiesel.«
Sie seufzte. »Aber eines Tages werden Sie
zurückschießen müssen, und das ist es, was ich
befürchte.«
Fallon zog seine Zigaretten heraus und bot ihr eine
an. »Schießen ist das einzige, was ich bei der ganzen Sache
nicht mag«, erklärte er, während er ihr Feuer reichte.
»Einen Polizisten zu erschießen, ist einfach und will
nichts bedeuten,
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