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Schrei in der Nacht

Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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anerkennen wollte…
      Auf einen Schlag wurde ihm bewußt, daß er
nicht sterben wollte. Mit einer so plötzlichen wilden Begierde
wünschte er, Anne Murray wiederzusehen, daß er sich qualvoll
im Bett aufzurichten versuchte. Der Schweiß brach ihm aus, und
die Sinne schwanden ihm. Er schloß die Augen, versuchte sich zu
fangen, und als er die Lider wieder aufschlug, war die Schwäche
vorüber. Er warf die Bettdecke zurück und setzte die
Füße auf die Erde. Seine Brust war eng und fest von
Verbänden umwickelt, und auf der linken Seite steckte ein
seltsamer, pochender Schmerz. Tief holte er Atem und erhob sich dann
auf die Füße. Schwankend stand er dort einen Augenblick und
begann endlich zu laufen.
    In seinem Kopf fühlte er sich merkwürdig leicht, und es war
    ihm zunächst, als ob er auf Baumwolle ginge.
Schließlich erreichte er die gegenüberliegende Wand. Dort
ruhte er sich eine Weile aus; dann drehte er um und ging zurück.
Auf der Bettkante ließ er sich nieder, versuchte es aber bald von
neuem. In einer Ecke stand ein kleines Schränkchen; er
öffnete es hoffnungsvoll, wurde aber enttäuscht: Seine
Kleider befanden sich nicht darinnen. Dann ging er hinüber zum
Fenster und spähte vorsichtig, hinter dem Vorhang versteckt,
hinaus. Als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten,
erkannte er, daß sein Zimmer etwa zehn Meter über der Erde
lag. Sein Mut verließ ihn; er drehte sich um und wankte
zurück zu seinem Bett. Kaum hatte er sich niedergelegt, als sich
die Tür öffnete und die Schwester hereinkam.
      Sie schüttelte sein Kissen auf, strich die Decke
zurecht und fragte ihn dabei: »Wie fühlen Sie sich?«
      Er stöhnte etwas und antwortete mit schwacher
Stimme: »Nicht sehr gut. Ich glaube, ich werde wieder
schlafen.«
      Sie nickte, und in ihren Augen stand Mitgefühl.
»Ich werde später noch einmal nach Ihnen schauen. Versuchen
Sie, Ruhe zu bekommen!« Damit verließ sie den Raum ebenso
leise, wie sie gekommen war.
      Fallon mußte lächeln. So weit war es
gutgegangen. Wieder schlug er die Bettdecke zurück und ging
vorsichtig zur Tür. Von draußen drangen das leise Murmeln
einer Unterhaltung und schließlich das Lachen der Schwester zu
ihm. Er näherte sein Ohr noch mehr der Tür und hörte,
wie sie sagte: »Sie werden sich zu Tode langweilen, wenn Sie hier
die ganze Nacht sitzen.«
      Eine Männerstimme antwortete: »Nicht, wenn
mir jemand so Hübsches wie Sie Gesellschaft leisten
würde…!«
    Sie lachte wieder. »Sie müssen
doch Ihr Buch lesen!« antwortete sie. »Aber um halb
zwölf werde ich noch einmal nach ihm schauen. Dann werde ich Ihnen
eine Tasse Tee mitbringen!« Ihre Absätze klapperten, als sie
den Korridor entlangging, und Fallon vernahm auch das Ächzen des
Stuhles, auf dem sich der Polizist zurücklehnte.
      Unsicher wankte Fallon zum Bett zurück. An der
Wand befand sich eine elektrische Uhr; sie stand jetzt auf halb zehn.
Zwei- oder dreimal lief er im Zimmer auf und ab und setzte sich dann
wieder. Er hatte also noch zwei Stunden Zeit. Es war wieder wie
vorgestern im Zug: Er hatte nur eine Chance – die
Überraschung. Er mußte schnell handeln. Wenn es ihm jetzt
nicht gelang wegzukommen, würde es niemals gelingen. Diese Nacht
war die einzige günstige Gelegenheit. Sie hielten ihn noch
für so krank und abgeschlagen, daß der Gedanke an Flucht
ihnen lächerlich erschien.
      Er öffnete den Nachttisch, aber der enthielt
nichts als einige Handtücher und eine Unterhose. Die Unterhose zog
er an, drehte dann das Licht aus und ging zum Fenster.
      Zehn Meter unter ihm, aber etwas weiter nach rechts,
befand sich ein Seitengang zum Krankenhaus. Eine Lampe reckte sich an
einem eisernen Arm von der Mauer ab und warf einen runden Lichtschein
auf den Weg. Wie silberner Staub leuchtete der Nieselregen, der in das
Lampenlicht getrieben wurde. Fallon öffnete vorsichtig das Fenster
und lehnte sich hinaus. Etwa einen Meter unter dem Fensterbrett lief
ein fast fünfzehn Zentimeter breiter Steinsims um das Haus herum.
Fallon fühlte sich plötzlich aufgeregt. Nach rechts
erstreckte sich eine Reihe von Fenstern, von denen fast jedes einen
breiten Lichtschein in die Dunkelheit warf. Zur Linken aber befanden
sich nur drei Fenster, und von diesen war nur das mittlere erleuchtet.
    Fallon ließ sich nicht lange Zeit,
das Problem zu überdenken. Das Risiko war nicht zu groß,
denn sein Leben war, wenn er im Zimmer bliebe, in weit
größerer Gefahr. Er streckte also ein

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