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Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Wangen oft tränennaß.
    Dr. Elmendorf sagte: »Ich halte es für ratsam, daß Sie mit Dr. Philstrom reden, während Sie hier sind.«
    Dr. Philstrom war Psychiater.
    Er setzte sich an ihr Bett, ein gepflegter kleiner Herr, der wie ein Bankangestellter aussah. »Wie ich höre, haben Sie eine Reihe schlimmer Alpträume gehabt.«
    Sie wollten alle beweisen, daß sie verrückt war. »Ich habe jetzt keine mehr.«
    Das stimmte. Seit sie im Krankenhaus war, begann sie wieder, nachts durchzuschlafen. Von Tag zu Tag fühlte sie sich kräftiger, kehrte langsam ihr Selbstvertrauen zurück. Sie ertappte sich sogar dabei, wie sie morgens mit der Schwester scherzte.
    Die Nachmittage waren am schlimmsten. Sie wollte Erich nicht sehen. Schon wenn sie seine Schritte im Gang hörte, wurden ihre Hände feucht.
    Er brachte auch einmal die Mädchen mit. Zwar durften sie das Krankenzimmer nicht betreten, aber Jenny ging zu einem Fenster und winkte ihnen zu. Sie wirkten so klein und verloren, wie sie da zu ihr hochwinkten.
    An jenem Abend aß sie ihr ganzes Essen auf. Sie mußte Kraft sammeln. Es gab nichts mehr, was sie noch auf der Krueger-Farm hielt. Es war unmöglich, daß sie und Erich das wiederfanden, was sie früher gehabt hatten. Jetzt brauchte sie nur zu überlegen, wie sie am besten wegkam. Sie wußte auch, wie sie es schaffen konnte. Wenn sie nach Houston flogen. Sie und Beth und Tina würden Erich irgendwie auf dieser Reise allein weiterfliegen lassen und eine Maschine nach New York nehmen. In Minnesota würde Erich es vielleicht schaffen, das Sorgerecht für die Kinder zu bekommen, aber kein Gericht in New York würde sie ihm zusprechen.
    Sie konnte Nanas Medaillon verkaufen, um fürs erste über die Runden zu kommen. Vor ein paar Jahren hatte ein Juwelier Nana elfhundert Dollar dafür geboten. Wenn sie etwa diese Summe bekam, konnte sie von dem Geld Flugtickets bezahlen und in New York auskommen, bis sie Arbeit gefunden hatte.
    Wenn sie erst von all dem fort war, von Carolines Haus, Carolines Porträt, Carolines Bett, Carolines Nachthemd, Carolines Sohn, würde sie wieder die alte sein. Dann konnte sie in Ruhe über alles nachdenken, konnte versuchen, jenen furchtbaren Gedanken auf die Spur zu kommen, die jetzt wieder fast an die Oberfläche ihres Bewußtseins drangen und dann doch entglitten. Es waren so viele, so viele Eindrücke, die auf irgendeinen Sinn deuteten, der sich ihr jedoch stets entzog.
    Mit einem leisen Lächeln auf den Lippen, den Kopf in eine Hand gelegt, schlief sie ein.
    Am nächsten Tag rief sie Fran an. O herrliche, herrliche Freiheit zu wissen, daß niemand das Gespräch im Büro der Farm abfing.
    »Jenny, warum hast du nicht auf meine Briefe geantwortet? Ich dachte schon, du hast mich ein für allemal abgeschrieben.«
    Sie erklärte gar nicht erst, daß sie die Briefe nie bekommen hatte. »Fran, ich brauche dich.« Sie erklärte die Situation so kurz wie möglich: »Ich muß hier weg.«
    Fran, die sonst fast immer einen Grund zum Lachen fand, antwortete ernst: »Es muß schlimm sein. Ich höre es an deiner Stimme.«
    Später konnte sie ihr alles erzählen. Jetzt stimmte sie einfach zu: »Ja, es ist schlimm hier.«
    »Verlaß dich auf mich. Ich ruf dich morgen an.«
    »Bitte nach acht. Dann ist die Besuchszeit vorbei.«
    Fran rief am nächsten Abend um zehn nach sieben an.
    Schon beim ersten Klingeln wußte Jenny, was geschehen war. Fran hatte den Zeitunterschied nicht bedacht. In New York war es zehn nach acht. Erich saß an ihrem Bett. Er zog die Augenbrauen hoch, als er ihr den Hörer reichte. Frans Stimme war laut und aufgeregt. »Ich habe einen tollen Plan!«
    »Fran, wie schön, von dir zu hören.« Sie wandte sich an ihn: »Erich, es ist Fran, sag ihr doch eben guten Tag.«
    Fran schaltete sofort: »Erich, wie geht’s? Es tut mir so leid, daß Jenny krank war.«
    Als sie aufgelegt hatte, fragte Erich: »Was für ein Plan, Jenny?«
32
    Am letzten Januartag kam sie nach Haus. Beth und Tina waren wie Fremde, ungewohnt still, ungewohnt pampig.
    »Du bist immer weg, Mami.«
    In New York hatte sie abends und am Wochenende mehr Zeit mit ihnen zusammen verbracht als das ganze letzte Jahr hier.
    Inwieweit hatte Frans Anruf Erich mißtrauisch gemacht? Sie hatte Ausflüchte gebraucht: »Mir ist einfach klargeworden, daß ich seit Ewigkeiten nicht mehr mit ihr gesprochen habe, und da hab’ ich sie eben angerufen. Ist sie nicht ein Schatz, daß sie gleich zurückgerufen hat?«
    Sie hatte Fran am selben

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