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Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Abend wieder angerufen, nachdem Erich nach Hause gefahren war. Fran hatte gejubelt: »Ich habe eine Freundin, die in Red Bank einen großen Kindergarten mit Vorschule leitet. Red Bank ist gleich drüben, in New Jersey. Ich habe ihr gesagt, du könntest Musik und Malen unterrichten, sie hat nämlich einen Job für dich, wenn du möchtest. Sie will dir sogar eine Wohnung besorgen.«
    Jenny wartete auf den rechten Augenblick.
    Erich traf Vorbereitungen für die Ausstellung in Houston. Er fing an, Gemälde von der Hütte mitzubringen.
    »Dieses hier werde ich ›Die Ernährerin‹ nennen«, sagte er und zeigte ihr ein Ölbild in blauen und grünen Tönen. Hoch auf den Ästen einer Ulme war ein Vogelnest zu erkennen. Die Vogelmutter flog mit einem Wurm im Schnabel zum Baum. Die Blätter bildeten einen dichten Schutz um das Nest, so daß die jungen Vögel nicht zu sehen waren, aber man spürte irgendwie ihre Anwesenheit.
    »Die Idee dazu hatte ich damals an dem Abend in der Second Avenue, als ich dich fand, wie du die Mädchen getragen hast«, sagte Erich. »Du bist so zielbewußt gelaufen, und man konnte deinem Gesicht ablesen, daß du nur eines wolltest — die Kleinen nach Haus bringen und füttern.«
    Sein Ton war herzlich. Er legte den Arm um sie. »Wie findest du es?«
    »Es ist wunderschön.«
    Nur wenn es um seine Arbeit ging, war sie in seiner Nähe nicht nervös. Dies war der Mann, in den sie sich verliebt hatte, der Künstler, der die Meisterschaft besaß, mit der Schlichtheit des Alltags zugleich die vielschichtigen Gefühle, die damit einhergingen, einzufangen.
    Die Bäume im Hintergrund. Sie erkannte die Konturen der Kiefern beim Friedhof. »Hast du es gerade fertig gemalt?«
    »Ja, Liebling.«
    Sie zeigte auf eine Stelle des Bildes. »Aber der Baum ist nicht mehr da. Du hast doch letzten Frühling die meisten Ulmen beim Friedhof fällen lassen, wegen dem Ulmensterben, dieser Baumseuche.«
    »Ich hatte ein Bild mit dem Baum im Hintergrund angefangen, aber ich konnte nicht so recht deutlich machen, was ich sagen wollte. Dann sah ich eines Tages einen Vogel, der mit Futter im Schnabel zu seinen Jungen flog, und mußte an dich denken. Du inspirierst mich bei allem, was ich tue, Jenny.«
    Früher hätte sie eine solche Feststellung überglücklich gemacht. Jetzt löste sie nur Angst aus. Es folgte nämlich unweigerlich irgendeine Bemerkung, die sie für den Rest des Tages in ein hilfloses Nervenbündel verwandelte.
    Und sie kam prompt. Erich wickelte das Bild ein. »Ich schicke dreißig Bilder. Der Spediteur holt sie morgen früh ab. Wirst du hier sein und aufpassen, daß er keines vergißt?«
    »Natürlich werde ich hier sein. Wo sollte ich sonst wohl sein?«
    »Sei nicht so gereizt, Jen. Ich dachte, Mark könnte versuchen, dich zu sehen, ehe er geht.«
    »Was soll das heißen?«
    »Luke hat, kurz nachdem er wieder in Florida war, einen Herzanfall gehabt. Aber deshalb braucht er noch lange nicht zu versuchen, unsere Ehe zu zerstören.«
    »Erich, was redest du da?«
    »Er hat mich letzten Donnerstag angerufen. Er ist aus dem Krankenhaus entlassen. Er schlug vor, daß du ihn mit den Mädchen in Florida besuchst. Mark fliegt heute hin und will eine Woche bei ihm bleiben. Luke hat tatsächlich gedacht, ich würde euch mit Mark hinunterfliegen lassen.«
    »Wie nett von ihm.« Jenny wußte, daß die Einladung abgelehnt worden war.
    »Es war keineswegs nett von ihm. Luke wollte dich nur dort haben, um einen Keil zwischen uns zu treiben.
    Ich habe es ihm natürlich gesagt.«
    »Erich!«
    »Tu nicht so überrascht, Jenny. Was meinst du denn, warum Mark und Emily nicht mehr miteinander gehen?«

    »Du meinst wirklich…«
    »Jenny, warum bist du immer so blind? Mark hat Emily gesagt, ihm sei klargeworden, daß er noch nicht heiraten möchte, und es sei nicht fair, ihr Hoffnungen zu machen.«
    »Das habe ich nicht gewußt.«
    »Ein Mann tut so etwas nur, wenn er eine andere Frau im Kopf hat.«
    »Nicht unbedingt.«
    »Mark ist verrückt nach dir, Jenny. Wenn er nicht gewesen wäre, hätte der Sheriff eine offizielle Untersuchung beantragt, um herauszufinden, woran das Baby gestorben ist. Das weißt du doch, nicht wahr?«
    »Nein, das ist mir neu.« All die Gefaßtheit, die innere Ruhe, um die sie im Krankenhaus gekämpft hatte, war plötzlich dahin. Ihr Mund war wie ausgedörrt; ihre Hände waren schweißnaß. Sie merkte, daß sie zitterte. »Erich, was redest du da.«
    »Ich weiß, daß am rechten Nasenflügel des Babys

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