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Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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haben.
    Sheriff Gunderson kam drei Tage später zu ihnen.
    »Mrs. Krueger, ich muß Sie warnen. Es gibt wieder Gerede. Ich habe eine gerichtliche Anordnung, die Leiche Ihres Babys ausgraben zu lassen. Es wird eine Autopsie gemacht.«
    Sie stand daneben und sah zu, wie scharfe Spaten die neu gefrorene Erde aufspalteten, wie der kleine Sarg auf den Wagen des Bestattungsinstituts geladen wurde.
    Sie merkte, daß jemand neben sie getreten war. Es war Mark. »Warum quälen Sie sich selbst, Jenny? Sie sollten nicht hier sein.«
    »Wonach suchen die Leute?«
    »Sie wollen sicher sein, daß keine Prellungen oder Zeichen von Druckanwendung auf seinem Gesicht sind.«
    Sie dachte an die langen Wimpern, wie sie Schatten auf die bleichen Wangen warfen, an den winzigen Mund, die blaue Ader an der Nase. Die blaue Ader. Sie war ihr vor jenem Morgen, an dem sie ihn gefunden hatte, nie aufgefallen.
    »Haben Sie irgendwelche Druckstellen bemerkt?«
    fragte sie. Mark mußte den Unterschied zwischen einer Druckstelle und einer Ader kennen.
    »Ich habe sein Gesicht ziemlich fest gehalten, als ich Mund-zu-Mund-Beatmung gemacht habe. Es könnte ein paar gegeben haben.«
    »Und das haben Sie den Leuten gesagt.«
    »Ja.«
    Sie wandte sich ihm zu. Der Wind war nicht stark, aber jeder Lufthauch ließ sie aufs neue frösteln. »Sie haben es nur gesagt, um mich zu schützen. Es war nicht notwendig.«
    »Ich habe die Wahrheit gesagt«, antwortete er.
    Der Leichenwagen fuhr auf den Feldweg. »Kommen Sie, ich bring Sie nach Haus«, drängte Mark.
    Sie versuchte, sich über ihre Empfindungen klarzuwerden, während sie neben ihm durch den Neuschnee stapfte. Er war so groß. Sie hatte nie begriffen, wie sehr sie sich an Erichs relativ kleine Statur gewöhnt hatte. Kevin war auch groß gewesen, gut über einsachtzig. Wie groß Mark wohl sein mochte?
    Einsneunzig oder noch mehr?
    Sie hatte Kopfschmerzen. Ihre Brüste brannten.
    Warum hörte die Milch nicht auf zu laufen? Sie war nicht mehr nötig. Jenny konnte fühlen, wie ihre Bluse feucht wurde. Wenn Erich zu Haus war, durfte er nichts davon merken. Es würde ihn abstoßen. Er verabscheute alles, was nicht peinlich sauber war. Er selbst war peinlich sauber. Und so reserviert. Wenn er sie nicht geheiratet hätte, wäre der Name Krueger nicht in den Schmutz gezogen worden.
    Erich war der Meinung, sie hätte Schande über ihn gebracht, und dennoch behauptete er, daß er sie liebte. Er hatte es gern, wenn sie wie seine Mutter aussah. Deshalb bat er sie auch immer, das seegrüne Nachthemd anzuziehen. Wenn sie schlafwandelte, versuchte sie dann vielleicht unbewußt, wie seine Mutter auszusehen, um ihm zu gefallen?
    »Ja, das ist es wahrscheinlich«, sagte sie. Beim Klang ihrer Stimme zuckte sie zusammen. Sie hatte nicht laut reden wollen;
    »Was haben Sie gesagt, Jenny? Jenny!«
    Sie sackte zusammen; sie konnte nichts dagegen machen, ihre Beine trugen sie auf einmal nicht mehr.
    Aber etwas hielt den Fall auf, als ihre Haare gerade den Schnee berührten.
    »Jenny!« Mark hielt sie fest. Er trug sie. Hoffentlich war sie nicht zu schwer.
    »Jenny, Sie glühen ja.«
    Vielleicht war das der Grund, daß sie nicht mehr normal denken konnte. Es war nicht das Haus. O Gott, wie sie dieses Haus haßte.
    Sie saß in einem Auto. Erich hatte den Arm um sie gelegt. Sie erinnerte sich an dieses Auto. Es war Marks Kombi. Er hatte Bücher darin liegen.
    »Akuter Schock, Milchfieber«, sagte Dr. Elmendorf.
    »Wir müssen sie hierbehalten.«

    Es war so schön, wie auf einer Wolke davonzuschweben, so schön, eines von diesen rauhen Krankenhausnachthemden zu tragen. Sie haßte das grüne Nachthemd.
    Erich schaute häufig nach ihr. »Beth und Tina geht es gut. Sie wünschen dir gute Besserung.«
    Endlich brachte Mark die Nachricht, auf die sie gewartet hatte. »Der Kleine ist wieder auf dem Friedhof.
    Sie werden ihn jetzt in Ruhe lassen.«
    »Danke.«
    Seine Finger schlossen sich um ihre Hände. »O
    Jenny.«
    Am Abend trank sie zwei Tassen Tee und aß eine Scheibe Toast.
    »Wie gut, daß es Ihnen bessergeht, Mrs. Krueger.« Die Schwester umsorgte sie mit echter Herzlichkeit. Warum brachte es sie fast zum Weinen, daß jemand freundlich zu ihr war? Früher hielt sie es doch für selbstverständlich, daß man sie allgemein mochte.
    Das Fieber war niedrig, aber hartnäckig. »Ich lasse Sie erst nach Haus, wenn wir es ganz vertrieben haben«, sagte Dr. Elmendorf.
    Sie weinte viel. Wenn sie eingedöst war und aufwachte, waren ihre

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