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Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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der Farm herumgelaufen ist?«
    »Nein.«
    »Clyde, sie läuft nachts oft herum. Das wissen Sie genau. Ist es nicht möglich, daß Sie sie in eine Wolldecke gehüllt gesehen haben, eine Wolldecke, die von weitem so aussieht wie ein Cape? Stellen Sie sich vor, sie hätte die Haare offen getragen.«
    »Sie hat ihre Haare seit zwanzig Jahren immer zu einem Knoten gebunden, außer natürlich…« Er zögerte.
    »Außer wann?«
    »Außer nachts.«
    »Clyde, sehen Sie nicht, was ich sagen will? Nur noch eine Frage. Hat Erich ein goldenes Medaillon in den Safe getan oder es Ihnen gegeben, damit Sie es dort verwahren?«
    »Er hat es selbst hineingetan. Er sagte, Sie verlegen es immer, und er möchte nicht, daß es verlorengeht.«
    »Haben Sie es Rooney erzählt?«
    »Ich hab’s vielleicht erwähnt, wie man eben so redet, wenn man sich unterhalten will.«
    »Rooney kennt doch die Kombination des Safes, oder nicht?«
    Er runzelte die Stirn und blickte besorgt drein.
    »Möglich wäre es.«
    »Und sie hat öfter einen Beurlaubungsschein gehabt, als sie mir gesagt haben?«
    »Sie war ein paarmal zu Haus.«
    »Und es ist möglich, daß sie Mittwoch nacht hier auf der Farm war. Clyde, machen Sie bitte den Safe auf.
    Zeigen Sie mir mein Medaillon.«
    Er gehorchte wortlos. Seine Finger stellten unsicher die Zahlen ein. Die Tür des Safes ging auf. Er langte hinein, holte eine kleine Metallkassette heraus und öffnete sie erwartungsvoll. Dann hielt er sie in die Höhe, als hoffte er, das Gesuchte bei besserem Licht zu finden.
    Schließlich sagte er unnatürlich leise: »Es ist nicht mehr da.«
    Zwei Abende später rief Erich an. »Jenny!« Seine Stimme hatte etwas Singendes, beinahe Ironisches.
    »Erich! Erich!«

    »Wo bist du, Jen?«
    »Unten, auf dem Sofa.« Sie sah auf die Uhr. Es war nach elf. Sie war eingedöst.
    »Warum?«
    »Oben ist es so leer, Erich.« Sie wollte ihm erzählen, was sie über Rooney vermutete.
    »Jenny!« Der Zorn in seiner Stimme ließ sie hellwach werden. »Ich will, daß du da bist, wohin du gehörst, in unserem Zimmer, in unserem Bett. Ich will, daß du das grüne Nachthemd anhast. Hast du gehört?«
    »Erich, bitte. Wie geht es Tina und Beth?«
    »Sehr gut. Lies mir den Brief vor.«
    »Erich, ich habe etwas herausgefunden. Vielleicht hast du dich geirrt.« Sie räusperte sich und versuchte zu spät, einen Rückzieher zu machen. »Ich meine, vielleicht sind wir beide einfach nicht darauf gekommen…«
    »Du hast den Brief nicht geschrieben?«
    »Ich habe angefangen. Aber was du glaubst, stimmt nicht. Ich bin jetzt ganz sicher.«
    Die Verbindung wurde unterbrochen.
    Jenny klingelte an Maude Ekers’ Küchentür. Wie viele Monate waren vergangen, seit sie zuletzt hier gewesen war? Seit Maude ihr gesagt hatte, sie solle Joe in Frieden lassen?
    Maude hatte recht gehabt, sich Sorgen um Joe zu machen.
    Jenny wollte gerade noch einmal klingeln, als die Tür geöffnet wurde. Joe stand vor ihr, viel dünner als früher, das jungenhafte Gesicht durch müde Linien unter den Augen gereift.
    »Joe!«
    Er streckte die Hände aus. Impulsiv nahm Jenny sie und küßte ihn mit aufwallender Zärtlichkeit auf die Wangen. »Joe.«
    »Jenny, ich meine, Mrs. Krueger…« Linkisch trat er beiseite, um sie hereinkommen zu lassen.
    »Ist Ihre Mutter da?«
    »Sie arbeitet. Ich bin allein.«
    »Das ist genauso gut. Ich muß mit Ihnen sprechen. Ich wollte schon lange mit Ihnen sprechen, aber Sie wissen ja…«
    »Ja, ich weiß. Ich habe Ihnen so viel Ärger gemacht.
    Ich würde am liebsten auf die Knie fallen und um Verzeihung bitten für das, was ich nach dem Unfall gesagt habe. Ich glaube, alle haben gedacht, ich hätte gesagt, daß Sie… na ja, daß Sie die Schuld hatten. Aber ich hab’ dem Sheriff gesagt, es sei nicht mein Ernst gewesen. Es war nur, weil ich dachte, ich müsse sterben, und da wollte ich Ihnen noch sagen, daß ich immer wieder daran denken mußte, ob ich Sie an jenem Abend wirklich gesehen hatte oder nicht…« Er verhaspelte sich zusehends.
    Sie setzte sich ihm gegenüber an den Küchentisch.
    »Joe, wollen Sie vielleicht sagen, Sie glaubten jetzt nicht mehr, daß Sie mich gesehen haben?«
    »Genau wie ich dem Sheriff sagte und wie ich letzte Woche versuchte, es Mr. Krueger zu sagen… Da war etwas, was mir keine Ruhe gelassen hat.«
    »Keine Ruhe gelassen?«
    »Es ist die Art, wie Sie gehen. Sie gehen so leicht, Jenny. Sie haben so schnelle, leichte Schritte, wie ein Reh. Und wer auch immer an jenem Abend von

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