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Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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über die Felder, um ihr verlorenes Kind zu suchen?
    »Die Dame war sehr nett«, erklärte Beth.
    »Ja, das war sie«, stimmte Jenny zu. »Aber nun müssen wir laufen. Marsch, marsch. Daddy wartet wahrscheinlich schon auf uns.«
    »Welcher Daddy?« fragte Beth sachlich.
    »Der einzige.«
    Kurz bevor sie die Küchentür öffnete, beugte sie sich zu den beiden und flüsterte: »Und jetzt auf Zehenspitzen, wir wollen Daddy überraschen.«
    Sie nickten, und ihre Augen glänzten.
    Geräuschlos drückten sie die Klinke hinunter. Das erste, was sie hörten, war Erichs Stimme. Sie kam aus dem Eßzimmer, und jedes zornige Wort schien ein bißchen durchdringender zu sein als das vorige. »Wie können Sie wagen zu behaupten, ich hätte den Fleck gemacht! Es ist doch ganz klar, daß Sie mit dem Putzlappen an die Tapete gekommen sind, als Sie das Fensterbrett abgewischt haben. Ist Ihnen nicht klar, daß jetzt das ganze Zimmer neu tapeziert werden muß? Wissen Sie, wie schwierig es ist, die gleiche Tapete wieder zu bekommen? Wie oft habe ich Ihnen schon gesagt, Sie sollen vorsichtig sein mit ihren verdammten schmutzigen Lappen!«
    »Aber, Mr. Krueger…« Elsas nervöser und aufgeregter Protest wurde mitten im Satz abgeschnitten.
    »Sie werden sich jetzt dafür entschuldigen, daß Sie mir die Schuld für diese Schweinerei gegeben haben.
    Entweder Sie entschuldigen sich, oder Sie verlassen dieses Haus und kommen nicht wieder.«
    Schweigen.
    »Mami« , wisperte Beth ängstlich.
    »Psst«, sagte Jenny. Erich konnte doch nicht wirklich über diesen lächerlichen Fleck so aufgebracht sein —
    oder? Halt dich da raus, warnte sie eine innere Stimme: Du kannst gar nichts machen.
    Ehe sie die Kinder nach draußen zog und die Tür leise zumachte, hörte sie noch, wie Elsa halb trotzig, halb bekümmert sagte: »Entschuldigen Sie, Mr. Krueger.«
9
    »Warum is’ Daddy böse?« fragte Tina.
    »Ich weiß es nicht, Liebes. Aber wir tun so, als hätten wir nichts gehört, ja?«
    »Aber wir haben etwas gehört«, sagte Beth ernst.
    »Ich weiß«, stimmte Jenny zu, »aber es hat nichts mit uns zu tun. Gehen wir jetzt wieder hinein.«
    Diesmal rief sie laut »Hallo, Erich«, ehe sie das Haus auch nur betreten hatte. Ohne auf eine Antwort zu warten, fuhr sie fort: »Ist hier irgendwo ein Ehemann?«
    »Liebling!« Erich wirkte vollkommen gelöst, als er herzlich lächelnd in die Küche eilte. »Ich habe Elsa gerade gefragt, wo ihr seid. Schade, daß ihr allein spazierengegangen seid. Ich hätte euch gern selbst herumgeführt.«
    Er umarmte sie. Seine Wange, noch kalt von draußen, rieb sich an ihrer. Jenny segnete den Instinkt, der sie daran gehindert hatte, sich die Wirtschaftsgebäude anzusehen.
    »Ich habe gewußt, daß du uns alles zeigen willst«, sagte sie.
    »Deshalb sind wir nur auf der anderen Seite über die Weiden gegangen, um frische Luft zu schöpfen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie herrlich es ist, nicht alle paar Meter an einer Ampel stehenbleiben zu müssen!«
    »Ich hätte dir raten sollen, die Wiesen zu meiden, wo die Bullen laufen«, antwortete Erich lächelnd. »Glaub mir, die Ampeln wären dir lieber.« Er bemerkte den Teller, den sie in der Hand hatte. »Was ist das?«
    »Das hat Mrs. Toom Mami geschenkt«, antwortete Beth.
    »Mrs. Toomis«, verbesserte Jenny.
    »Mrs. Toomis«, wiederholte Erich. Seine Arme fielen nach unten. »Jenny, du wirst doch hoffentlich nicht erzählen, daß ihr bei Rooney im Haus wart?«
    »Sie hat uns zugewinkt«, erklärte Jenny. »Es wäre sehr unhöflich gewesen…«
    »Sie winkt jedem zu, der vorbeigeht«, unterbrach Erich. »Deswegen hättest du auch wirklich darauf warten sollen, bis ich euch alles zeige. Liebling, Rooney hat einen schweren Knacks, und wenn man ihr im geringsten entgegenkommt, klammert sie sich an einen. Ich mußte Clyde zuletzt befehlen, sie von hier fernzuhalten. Selbst nachdem ich ihr gekündigt hatte, trieb sie sich manchmal im Haus herum, wenn ich zurückkam. Gott steh’ ihr bei, sie tut mir wirklich leid, aber es wurde so schlimm, daß ich mitten in der Nacht aufwachte und sie durch die Diele gehen hörte oder sie sogar in meinem Zimmer sah.« Er wandte sich an Beth. »Komm, kleine Maus. Wir wollen deinen dicken Anzug ausziehen.« Sie strahlte vor Vergnügen, als er sie hochhob und auf den Kühlschrank setzte.
    »Ich auch, ich auch«, rief Tina.
    »Du auch, du auch«, äffte er sie nach. »Ist das nicht eine gute Methode, die Stiefel auszuziehen?« fragte er sie.

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