Schrei in der Nacht
Erich. »Es gibt noch andere, die Mr. Barstrom begrüßen möchten.«
»Natürlich.« Als sie die Hand ausstreckte, sagte der Pastor: »Es muß sehr schwer für Sie gewesen sein, als Sie so jung mit zwei kleinen Kindern Witwe wurden. Sie und Erich verdienen wahrhaft alles Gute und unseren Segen für die Zukunft.«
Erich schob sie weiter, ehe sie mehr tun konnte, als den Mund aufzusperren. Im Wagen rief sie aus: »Hast du dem Pastor etwa gesagt, mein Mann sei gestorben? Das ist doch nicht möglich …«
Er drehte den Zündschlüssel und fuhr an. »Versteh mich bitte richtig, Jenny. Granite Place ist nicht New York. Es ist ein Nest im Mittleren Westen. Die Leute hier waren schockiert, als sie hörten, daß ich dich schon einen Monat nach unserem Kennenlernen geheiratet habe. Eine junge Witwe weckt zumindest Mitgefühl; eine geschiedene Frau aus Manhattan aber bedeutet etwas ganz anderes hier in der Gemeinde. Außerdem habe ich nie wörtlich gesagt du seist verwitwet. Ich habe Barstrom nur erzählt, du habest deinen Mann verloren. Der Rest ist seine Vermutung.«
»Du hast also nicht gelogen, aber ich habe gelogen, indem ich ihn in seinem Irrtum ließ«, sagte Jenny.
»Verstehst du nicht, in was für eine Lage mich das bringt?«
»Nein, Liebes. Und ich möchte auf keinen Fall, daß die Leute munkeln, eine raffinierte New Yorkerin hätte einem Trottel vom Land den Kopf verdreht.«
Erich hatte eine Sterbensangst, lächerlich zu wirken, und würde sogar seinem Pastor etwas vorlügen, nur um dieser Möglichkeit vorzubeugen!
»Erich, ich werde Barstrom die Wahrheit sagen müssen, wenn ich Donnerstag zu der Versammlung gehe.«
»Ich bin Donnerstag nicht mehr da!«
»Ich weiß. Deshalb halte ich es für eine gute Idee, wenn ich hingehe. Ich würde gern ein paar von unseren Nachbarn kennenlernen.«
»Hast du vor, die Kinder allein zu lassen?«
»Selbstverständlich nicht. Es wird doch irgendwo einen Babysitter geben?«
»Du willst sie doch nicht einem Fremden anvertrauen?«
»Der Pastor kann mir sicher jemanden empfehlen.«
»Jenny, warte bitte noch ein bißchen. Laß dich nicht zu irgendwelchen Unternehmungen hinreißen. Und sag Barstrom nicht, daß du geschieden bist. Ich kenne ihn und weiß, daß er das Thema nicht wieder anschneiden wird, es sei denn, du fängst davon an.«
»Aber warum hast du etwas dagegen, daß ich gehe?«
Erich wandte den Blick von der Straße und sah sie an.
»Weil ich dich so sehr liebe, daß ich dich nicht mit anderen Leuten teilen möchte. Ich werde dich mit niemandem teilen, Jenny.«
11
Erich flog am dreiundzwanzigsten Februar nach Atlanta.
Zwei Tage vorher sagte er Jenny, er habe noch etwas zu erledigen und werde später als sonst zum Essen kommen.
Bei seiner Rückkehr zeigte die Uhr beinahe halb zwei.
»Komm mit zum Stall«, sagte er. »Ich habe eine Überraschung für dich.« Sie langte schnell nach ihrer dicken Jacke und lief mit.
Mark Garrett wartete mit einem breiten Lächeln. »Ihre neuen Mieter«, sagte er.
Zwei Shetlandponys standen in den beiden Boxen nächst der Tür. Sie hatten volle, schimmernde Mähnen und Schweife, ihre kupferfarbenen Körper waren so sorgsam gestriegelt, daß sie glänzten.
»Mein Geschenk für meine neuen Töchter«, sagte Erich stolz. »Ich dachte, wir nennen sie am besten Maus und Tinker Bell. Dann werden die Krueger-Mädchen nie ihre Kosenamen vergessen.«
Er eilte zur Box nebenan.
»Und das ist dein Geschenk.«
Sprachlos starrte Jenny auf eine braune Morgan-Stute, die ihren Blick freundlich erwiderte.
»Sie ist ein Schatz«, strahlte Erich. »Vier Jahre alt, untadelige Zucht und gut im Umgang. Sie hat schon ein halbes Dutzend Preise gewonnen. Gefällt sie dir?«
Jenny streckte die Hand aus, um den Kopf der Stute zu streicheln, und freute sich, daß das Tier nicht zurückzuckte.
»Der Züchter hat sie Feuermaid getauft. Behauptet, sie habe außer erstklassigen Anlagen auch Feuer und Herz.
Du kannst sie natürlich nennen, wie du möchtest.«
»Feuer und Herz«, flüsterte Jenny. »Eine schöne Kombination. Erich, ich freue mich wahnsinnig.«
Er lächelte zufrieden. »Ich möchte aber nicht, daß du gleich anfängst zu reiten. Die Wiesen sind noch zu vereist. Aber wenn ihr drei euch mit den Tieren anfreundet und sie jeden Tag besucht, könnt ihr nächsten Monat mit Reitstunden anfangen. Übrigens, habt ihr keinen Hunger? Wie wär’s, wenn wir jetzt essen?«
Jenny wandte sich impulsiv an Mark. »Sie haben sicher auch noch nicht
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