Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)
allen Leuten das Beste von allem. Claudia Schiffer ist nicht auch IT-Crack. Er gibt dem einen etwas mehr Schönheit, dem anderen etwas mehr Innovationsfähigkeit. Dem Zuckerberg gibt er Facebook, dem Bezos von Amazon Execution Power und uns hat er auch ein bisschen davon gegeben.«
Samwer hat sich so richtig in Schwung geredet. Jetzt macht er den Allmächtigen auch noch zu einer Art global tätiger Kartellbehörde: »Gott ist am Ende fair«, sagte Samwer beim e-day, »denn er stattet jeden nur mit einer großartigen Idee aus.« Als irdische Erklärung schiebt er nach, dass derjenige, der die Eiscreme auf den Markt brachte, »nicht auch noch Nutella erfunden hat.« Das gibt Samwer offenbar die Hoffnung, dass jetzt er mal dran ist mit seiner ganz großen Idee.
Und wenn denn nun das himmlische Zeitalter der Samwerschen Unternehmen bevorsteht, muss der Herr zwangsläufig auch reichlich Manna auf die Auserwählen herniederregnen lassen: »Warum muss der reichste Europäer ein Spanier sein«, fragt Samwer mit Blick auf den Gründer der Modekette Zara, Amancio Ortega, »warum kann das nicht ein Deutscher sein?« Das Publikum lacht mit Verzögerung. Warum müsse der reichste Möbelverkäufer – Ikea-Gründer Ingvar Kamprad – Schwede und »warum muss der reichste Büroklammerunternehmer ein Amerikaner« sein? Warum kann das nicht ein Deutscher sein? Warum kann das nur der Albrecht oder der Haub sein? Warum kann das nicht der Robert Gentz, der Rubin Ritter von Zalando sein?« fragt er in ungewohnter Zurückhaltung.
Nach seinem Vortrag hätte man an dieser Stelle allerdings einen ganz anderen Namen erwartet. Nämlich: Oliver Samwer.
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Online einkaufen – wer braucht denn so was?
Oder:
Wie sich unsere Shoppingwelt verändert
Manchem stationären Händler mag dieses Onlineshopping wie ein schleichendes Gift vorkommen. Denn seine Wirkung tritt langsam ein, in den vergangenen Jahren allerdings immer schneller. Und die Auswirkungen sind weder zu übersehen noch zu stoppen. Sie reichen bei denen, die Online als Bedrohung sehen, von Ratlosigkeit über leichten Umsatzrückgang bis zu Existenzangst und Geschäftsaufgabe.
Schon 1995 war Amazon – heute der »Über-Konzern« des weltweiten E-Commerce – als kleiner Buchhändler in den USA Online gegangen. Wer, zumal in Deutschland, ahnte schon, was daraus einmal werden sollte? 1997 ging Gründer Jeff Bezos mit Amazon bereits an der Börse, nicht ganz erfolglos. Es gab also genügend Leute, die an dieses neue Geschäftsmodell glaubten und bereit waren, ihr Geld für Anteilsscheine zu geben. Dabei war Amazon nach klassischen Maßstäben gemessen immer noch eher ein Hoffnungswert denn ein Unternehmen, das nach klassischen Bilanzkriterien Erfolge vorweisen konnte.
Einkaufen über das Internet? Das war für die meisten Konsumenten damals noch sehr weit weg. Ganz besonders in Deutschland, wo es eine unglaublich hohe Ladendichte gab. Brauchte man hier einen Onlinebuchhändler? Jeff Bezos gab die Antwort und tauchte im Jahr nach dem Börsengang im Land der Dichter und Denker auf, als Amazon den »ABC Bücherdienst« übernommen hatte. 1998 betrug der Umsatz aller Onlinehändler zusammen in Deutschland laut Versandhandelsverband bvh gerade 100 Millionen D-Mark, 1999 waren es immerhin schon 328 Millionen D-Mark. Das war angesichts eines Einzelhandelsumsatzes von 750 Milliarden D-Mark im Jahr 1999 nicht nur eine Nische, es war sogar eine sehr kleine Nische. Und für viele Händler vielleicht ein Grund mehr, diese neue Bewegung nicht ernst zu nehmen.
Im Umsatzanstieg von 1998 auf 1999 manifestierte sich bereits der Internet- und Börsenhype der Zeit um die Jahrtausendwende. Er brachte zwar auch in Deutschland Unmengen von Onlineunternehmen mit atemberaubenden Börsenwerten, aber ohne nachhaltige Umsätze oder gar Gewinne hervor. Doch als die Dotcom-Blase – dieses irrationale Anschwellen des Börsenwertes von Internetunternehmen, die aus nicht viel mehr bestanden als einer Idee – zu Beginn des neuen Jahrtausends platzte, war das gerade im vorsichtigen Deutschland ein herber Rückschlag für die Onlinehandels-Kultur. Händler, die versucht hatten, Lebensmittel oder Textilien im Netz abzusetzen, verloren Millionen und hatten daraufhin für die nächsten Jahre die Nase voll von der Idee, Handel ohne steinerne Geschäfte zu betreiben.
Online-Banking immerhin funktionierte ganz gut, das eine oder andere Nischenangebot ebenfalls. Amazon und ebay waren die Helden des jungen
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