Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)
gefunden, die ein paar oder ganz viele Millionen in die Aussicht investieren, an einem Unternehmen beteiligt zu sein, dass vielleicht einmal den Konsum eines ganzen Kontinents maßgeblich kontrollieren könnte. Oder sogar mehrerer Kontinente, falls sich die Zalandos dieser Welt vereinen sollten zu einer Internationale des internetgestützten Konsum-Kapitalismus. So unwahrscheinlich ist das nicht. Denn, so Chefideologe Oliver Samwer, »am Ende ist die Welt im E-Commerce überall dieselbe.«
»Samwer postiert seine Schiffe in all diesen künftigen Wachstums-Ländern, sehr konsequent und zumeist erfolgreich«, sagt einer aus seinem Imperium.
Dass Rocket seine Raketen an so vielen Stellen der Welt gleichzeitig startet, begründet Samwer auch mit der Fähigkeit seiner Eingreiftruppen, jedes Mal weniger Zeit zu benötigen, um in einem neuen Land einen neuen Onlinestore zu installieren und auf Touren zu bringen. Weil der ohnehin schon riesige Erfahrungsschatz seiner Leute immer größer wird: »Die ersten zwölf Monate des Wachstums von Zalando waren relativ lahm. Wir wussten noch nicht, ob sich Schuhe Online verkaufen lassen. Wir hatten wenig Geldmittel, wir hatten wenig Erfahrung, wenig Vertrauen von Investoren. Die nächste Generation von Gründungen in Brasilien oder Russland ging viel schneller, weil die Lernkurve hoch ging, wir mehr Kapital einsetzen konnten und wussten, wie das Modell funktioniert. Die nächste Generation in Indien ging noch schneller. Und wenn wir Afrika noch machen, geht es noch viel schneller.« Samwers Super-Speed-Skalierungen …
Um deutlich zu machen, warum die Zalando-Brüder und -Schwestern viele Tausende Kilometer von Deutschland entfernt noch viel erfolgreicher sein werden als das Original – oder besser: als der Ur-Klon –, erklärt der Macher dem Publikum kurz die gemeinhin übliche Evolution der Handelsformate in Ländern, die sich entwickeln: erst gibt es die Tante-Emma-Läden, dann die Warenhäuser, dann die Fachhandelsmärkte und schließlich den E-Commerce. So war es zumindest in Europa oder den USA. Aber wegen des Internets werde es in den aufstrebenden Riesenmärkten dieses Mal ganz anders sein: »Gibt es in Indien, außer in Dehli und Mumbai, Warenhäuser?« Nein, gebe es nicht. »Da ist alles wie bei uns vielleicht 1940. Was heißt das für uns? Meine Konkurrenz sind die kleinen Läden und die indischen Motorcyleshops.« Es würden also dieses Mal in der Evolution zwei Handelsstufen übersprungen: vom wet market unter freiem Himmel direkt in den Web-Market am PC oder Smartphone. Und genau das will er nutzen, wenn er jetzt seine Onlinekaufhäuser installiert: »Da wird der Anteil des E-Commerce noch viel höher sein als bei uns. Und das Ganze geht noch viel schneller. Die Leute müssen auf Dauer im E-Commerce einkaufen.« Und zwar nicht, wie etwa in Europa oder den USA, weil es so bequem ist, sondern »weil es anders gar nicht geht. Schlicht wegen des Zugangs zur Ware.« Weil es in der Breite des Sortimentes gar nichts anders gebe in weiten Teilen Indien und vielen anderen Schwellenländern für Leute die Geld haben und es ausgeben möchten. Und dann komme noch der Rückenwind des makroökonomischen Aufschwungs in diesen Regionen den Zalando-Geschwistern zur Hilfe. »Allerschönster Rückenwind. Den gibt es gratis dazu.«
Es klingt so einfach, wenn man den Ober-Macher erzählen hört, was er für sein Erfolgsrezept hält. Aber manchmal wähnt man sich ein wenig in einer Rheumadeckenverkaufsveranstaltung. Wenn Samwer über die Perspektiven des Internethandels und seine Investments redet, werden sich viele Zuhörer nach einer Viertelstunde sagen: Da will ich dabei sein! Erfolg im Onlinehandel geht danach offenbar so: »Ich suche mir erst mal einen dicken Markt. Ich gehe nicht in die Schweiz«, sagt Samwer, obwohl Zalando inzwischen auch in der kleinen Schweiz aktiv ist. Aber anderswo in der Welt sind die Wachstumshebel noch sehr viel attraktiver: »559 Millionen Verbraucher in Südostasien – das scheint zu reichen. 1,2 Milliarden Inder, 142 Millionen reiche Russen, das reicht. Das bringt eine Superwachstumsrate. Alles andere ist Schnecken-E-Commerce.« Basta!
Manchmal schlägt Samwers einpeitschender Optimismus in Arroganz und Überheblichkeit um. Etwa wenn er Sätze wie diesen über C&A sagt, das schon seit vielen Jahren im Wachstumsmarkt Brasilien erfolgreich ist: »In Deutschland haben wir C&A platt gemacht. Das können wir doch in Brasilien auch. Warum nicht auch
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