Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)
dort?« Der Beweis, dass Zalando C&A in Deutschland platt gemacht hat, muss allerdings erst noch erbracht werden. C&A ist noch da in den meisten deutschen Städten und wächst sogar.
Auf Samwers Glaskugel liegt an diesem Vormittag kein Hauch eines Zweifels. Der Sieg scheint sicher: »Wenn man sieht, wie viele Trillionen Einkäufe Online passieren, dann muss einem schnell klar sein, wie groß so ein Amazon noch wird. Und wie groß so ein Zalando noch wird. Das wird noch ziemlich groß. Da muss man nur die Kurve weiter malen«, sagt er mit leicht gepresster Stimme. Man müsse einfach den Glauben daran haben. Hier klingt Olli Samwer wieder fast wie Olli Kahn: »Weitermachen, immer weitermachen …« war einer der Standardsprüche des extrem ehrgeizigen früheren Fußball-Nationaltorhüters, der gegnerischen Stürmern auch schon mal ins Ohr biss, um sie zu beeindrucken. Der Satz könnte auch von Samwer stammen – wobei er ihn wahrscheinlich leicht variieren würde: Skalieren, immer weiter skalieren! Und die Sache mit dem Ohr? Nach der »Blitzkrieg«-Mail sollte man wohl besser für nichts garantieren.
Überhaupt Ehrgeiz: »Unser Vorbild ist nicht Zappos, sondern Zara und H&M, Amazon und Wal-Mart. Ikea – das sind die Vorbilder. Das Vorbild muss stimmen«, das sagt nun wieder Oli Samwer. Denn Zappos ist nur in Amerika wirklich groß, die wirklichen Vorbilder dagegen mindestens auf mehreren Kontinenten, wenn nicht gleich auf der ganzen Welt. »Ob das dann genau so groß wird wie Ikea, ist doch völlig egal.« Hauptsache »Tendenz: groß«. Klamottenhändler und Elektronikhändler und Möbelhändler und Büroausstattungshändler und vielleicht irgendwann auch noch Lebensmittelhändler in Europa, in Asien, in Südamerika und in Afrika, alle kontrolliert von Rocket Internet und größtenteils finanziert von externen Investoren – das wäre wahrlich groß. Sehr groß. Wahrscheinlich größer als jeder andere. Auch größer als Amazon oder die bisherige Nummer eins der Handels-Welt, Wal-Mart.
Bedenkenträger nerven einen, der in diesen Dimensionen denkt, auf dem Weg ganz nach oben nur. Und das sagt Oliver Samwer deutlich, ohne Respekt vor großen Namen: »Man muss nur die FAZ aufschlagen, um kein Unternehmer zu werden!« Wieder hat das Publikum, größtenteils Unternehmer, was zu lachen. Denn die Zeitung hatte geschrieben, in Mexiko verlangsame sich das Wachstum, »da läuft kein Internet. Das ist genau so ein Blödsinn wie die Vermutung, in Saudi Arabien funktioniere keine Dating-Seite. Die funktioniert überall. Sex gibt’s überall. Überall gibt es alles. Und E-Commerce funktioniert überall.«
Auch die meisten Wachstumsstatistiken könne man »in die Tonne werfen«, denn die würden etwa das Wachstum von Zalando und das von Görtz zu einem unbrauchbare Durchschnittswert verrechnen.« Tatsächlich fährt da aber einer mit 300 Prozent Wachstum vorbei«. Also: die Statistik sei völlig unbrauchbar. Gleiches gelte für die Berechnung des globalen Wirtschaftswachstums, das die Stärke etwa Chinas ungerechtfertigt glätte. »Man muss sich die richtige Benchmark suchen«, ärgert sich Zahlen-Fan Samwer. Und dann bekommen auch noch die Meckis ihr Fett weg. Die Berater von McKinsey hatten gewarnt, mit Zalando-Verwandten in die BRIC-Staaten zu gehen, weil es dort zumeist keine Logistik- und keine Bezahl-Infrastruktur gibt. »Kompletter Fehlglaube«, schimpft Samwer, »wenn es etwas nicht gebe, heißt das was für den Deutschen? Er baut es selbst! Bob the Builder. Warum muss ich warten?«
Deshalb sind sie also nach Russland gegangen, obwohl es dort große Defizite bei der Zustellbarkeit von Paketen gibt, was für einen Versandhändler nun gemeinhin tatsächlich ein grundlegendes Problem ist. Aber wichtiger als dieses Problem ist in der Rocket-Welt das Ziel, dass die Samwerschen Expeditionscorps schon da sind, wenn die Konkurrenz kommt – der Rest findet sich. Und wenn es keine vernünftige Infrastruktur gibt, dann bastelt man sie sich eben. Wie in Russland. »Dort machen wir 40 Prozent der Lieferungen mit unserer eigenen Trucks auf den letzten Meilen zum Kunden. In Nigeria haben wir eigene Motorcyles, in Ho Chi Minh City in Vietnam eigene Bicycles. Was ist denn daran so schwierig? Warum kann das nur DHL? Warum können wir das nicht selbst? Was ist so schwierig daran, mit einem Lastwagen in der Stadt herumzufahren?« Er sieht in dieser Grundlagenarbeit auf einem jungen Markt sogar strategische Vorteile für die Unternehmen,
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