Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
bleibt – und auch mit plötzlichen Hurricanes oder
Flauten am Modemarkt klarkommt.
Minetta sieht sich als Schnittstellen-Manager. Und von
diesen Stellen gibt es reichlich. Denn eigentlich besteht Zalando aus drei
Unterfirmen: »Zalando ist gleichzeitig ein Online-, ein Mode- und ein
Logistikunternehmen. Alle drei Bereiche müssen koordiniert werden. Es tauchen
dauernd neue Fragen auf, das ist nie langweilig.« Man möchte es dem
Chefvorherseher glauben, wenn man ihm zuhört. Dann fällt es schwer, sich diesen
Mann in einem schwerfälligen Versicherungskonzern vorzustellen.
»In diesen Unternehmen gibt es ein unglaublich großes
Wissen und richtig viele gute Ideen. Aber es dauert sehr lange, bis eine Idee
mal umgesetzt wird. Auf diesem Weg geht sehr viel Potenzial verloren. Das ist
bei Zalando anders. Hier zählt interne Politik noch wenig, hier geht es
wirklich um die schnelle Umsetzung von Ideen, damit das Unternehmen noch
effektiver wird. Hier muss alles immer sofort passieren.«
Und dann sollen die Maßnahmen lange Wirkung zeigen. Dass
Zalandos Zukunftshorizont – wie gern kolportiert – nur bis zum Ausstieg der
aktuellen Investoren reichen soll, hält er für Unsinn: »Dieses Unternehmen ist
ganz klar auf Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit geführt.« Augusto Minatta
sollte es wissen. Er ist immerhin der Chefplaner.
5
Zwischen Gewinnfabrik und Seifenblase
Oder:
Zalando und die Zukunft
Bleibt Zalando in den kommenden Jahren ein wesentlicher Teil
der europäischen Einkaufslandschaft oder platzt das Unternehmen wie eine
Seifenblase, wenn die bisherigen Investoren Kasse gemacht haben? Das ist die
entscheidende Drei-Milliarden-Euro-Frage rund um Zalando. Drei Milliarden
deshalb, weil das knapp der hochgerechnete Wert des Unternehmens war, als die
schwedische Investmentbank Kinnevik im Ende 2012 ihre Anteile abermals
aufstockte und den Kaufpreis für ihr neues Zalando-Paket veröffentlichte. Vielleicht
aber ist es sogar eine Neun-Milliarden-Euro-Frage: Denn die US-Großbank Goldman
Sachs rechnete den Wert des gesamten Unternehmens Zalando bei einer Analyse des
Kinnevig-Portfolios im Mai 2013 tatsächlich auf 8,6 Milliarden Euro hoch.
Goldman Sachs beflügelte damit noch einmal die ohnehin schon leidenschaftlichen
Diskussionen und Spekulationen darüber, was dieses nicht einmal fünf Jahre alte
Unternehmen denn nun wirklich wert ist: Neun Milliarden? Unter anderem deshalb,
weil Zalando hervorragend in einem dauerhaft wachsenden Markt positioniert ist,
wegen seiner operativen Exzellenz und der schon bald deutlich sinkenden
Marketingkosten, was 2014 zum ersten Jahresgewinn der Firmengeschichte führen
könnte. Oder ist Zalando gar nichts mehr wert, sobald die Anfangs-Investoren –
die sich bereits Sorgen machen, ihre eingesetzten Millionen jemals
zurückzubekommen – ausgestiegen sind? Weil nämlich der Umsatzboom nur ein
kurzfristiger ist, der mit Investorengeldern erkauft wurde, aber kein
eigenständig lebens- und wachstumsfähiges Unternehmen geschaffen hat. Sondern
einen Versender, den seine hohen Retourenkosten auffressen?
Der Graben zwischen den Vertretern der beiden diametral
entgegengesetzten Positionen ist breit und tief, die Diskussion wird,
diplomatisch ausgedrückt, emotional geführt. Man gehört mit voller Überzeugung
und tiefster Abscheu ob der Naivität der Gegenseite entweder zum einen oder zum
anderen Lager. Dazwischen gibt es wenig.
Das machen auch die Einschätzungen zu Zalandos Zukunftschancen
deutlich, die im Rahmen der Recherche für dieses Buch zustande kamen. Es gibt
noch viel mehr, doch stimmten zahlreiche Zitatgeber der Veröffentlichung nicht
zu. Sei es, weil sie sich nicht mit Zalando oder Vertretern des eigenen Lagers
anlegen wollten. Sei es aus Sorge, vielleicht falsch zu liegen. Einige immerhin
trauten sich, die nachstehende Auswahl ist folglich nicht repräsentativ:
»Zalando ist ein hervorragend gemachtes Unternehmen mit
exzellenten Unternehmern. Es hat sich bereits eine solch starke Bedeutung
erarbeitet, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit am Markt bleiben wird«,
sagt Katag-Chef Daniel Terberger.
»Zalando wird weiterhin wachsen, keine Frage, recht
unterschiedlich in den verschiedenen Märkten. Die werden noch besser werden.
Sie könnten schon viel profitabler sein, wenn sie ihre Marketingkosten senken
würden. Aber dann würden sie auf zukunftsträchtige Marktanteile verzichten.
Deshalb tun sie es nicht. An den Untergangs-Vorhersagen für Zalando ist sehr
viel
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