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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagen Seidel
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Webseite, danach auch nicht mit Preis-Abschlag im »Sale« und auch
nicht über die Angebote von »Zalando Lounge« mit Extra-Rabatt. Artikel also,
die der gesamten Kaskade des Abverkaufs von Ladenhütern getrotzt haben. Hier in
Kreuzberg aber finden die meisten doch noch einen Abnehmer. Dauernd muss
nachgefüllt werden, was die Schnäppchenjäger wegkaufen. Alle paar Tage schicken
die Lager Sachen, die dort wochenlang nur noch wertvollen Platz zustellten. Und
die deshalb endlich weg müssen.
    Dabei sieht man den Schuhen von Adidas, British Knight oder
Zalandos Eigenmarken nicht an, dass sie von gestern sind. Nur die Präsentation
wirkt so. Ordentlich und sauber zwar. Aber das hat eindeutig nichts von dem,
was in der Modebranche so gern als »Inszenierung der Ware« verkauft wird. Die
Sachen stehen oder hängen einfach da. Die Schuhe warten, lediglich nach Größe
und Geschlecht des Kunden geordnet, in schlichten Holzregalen, selten finden
sich einmal zwei Paare vom selben Modell. Etwa drei Viertel der Ware ist für
die Mädels, der Rest für Jungs. Ähnlich ist an diesem Mittag auch die
Besucherstruktur: Die Frauen haben die überwältigende Mehrheit inne.
    Das Label am Schuh zeigt den neuen und den ursprünglichen
Preis, dazu gleich noch die Ersparnis in Prozent. Falls es B-Ware ist, steht
auch das drauf. Die Textilien baumeln – extrem dicht gedrängt – uninszeniert
auf den Ständern, »women« rechts, »men« links. Beratung gibt es nicht. Es sei
denn, man fragt die Mädels und Jungs an der Kasse. Kein Schnickschnack, keine
Lounge-Ecke, kein Restaurant, allenfalls Club-Musik aus der Beschallungsanlage.
Just Abverkauf.
    Einkaufsspaß verspricht das nicht gerade. Man muss schon Zeit,
Schnäppchenjägertrieb und Markenliebe mitbringen, um sich hier wohlzufühlen.
Hier einzukaufen, ist mühsam. Und damit erfüllt dieses Outlet – wie grotesk ist
das denn?! – das genaue Gegenteil der Kriterien, mit denen Zalando seinen
Aufstieg zu Europas größtem Mode-Online-Shop geschafft hat: Denn es gibt weder
ein superbreites Angebot noch einen schnellen Überblick über die vorhandene
Ware, erst recht keine ständige Verfügbarkeit der Artikel, keine emotionale
Kundenansprache, aber – wie im stationären Handel nun mal üblich – begrenzte
Öffnungszeiten und die Notwendigkeit, irgendwo hinzufahren, um einzukaufen.
Bummeln und shoppen gehen per iPad oder Smartphone abends um 23 Uhr oder am
Sonntag ist bequemer und kundenfreundlicher. Dafür spart die Kundin an der
Köpenicker Straße Geld und kann die Ware, wenn sie denn etwas Passendes findet,
gleich mitnehmen.
    Wer also vermutet, und dieses Gerücht kommt in der Modebranche
immer mal wieder auf, das Outlet sei der heimliche Prototyp für eine vielleicht
bald kommende Zalando-Ladenkette, der war noch nicht hier. Das hier ist ein
schlichter Verkaufsplatz eines großen Händlers, wie es sie inzwischen zu
Hunderten in Deutschland gibt. Das kann kein Testlabor für eine
innenstadttaugliche Ladenkette sein!
    Doch das tut dem Erfolg keinen Abbruch. Auch an diesem
Donnerstagmittag finden sich Kundinnen ein, eine überschaubare Zahl zwar, aber
vielleicht mehr als in mancher Warenhausetage in der Innenstadt um diese
Uhrzeit. Als der Laden im Frühjahr 2012 eröffnet wurde, herrschte dagegen
Ausnahmezustand an der Köpenicker Straße. So sehr zog die Nachricht, dass es
plötzlich einen Zalando-Laden gibt. Und obwohl es der beste Beweis für
funktionierende Markenbindung sein dürfte, schoben die Verantwortlichen dem,
was aussah wie das Revival der Kundenansturm-Szenen beim Start des
Schlussverkaufs in den sechziger Jahren, schnell einen Riegel vor: Wer rein
will in Zalandos einzigen Laden, muss sich längst vorher auf der Homepage registriert
haben und bekommt eine Art Club-Karte der analogen Ära. Das regelt den
Kundenansturm.
    Was nicht ausschließt, dass junge Mädchen aus ganz Europa beim
Berlinbesuch inzwischen unbedingt auch das Zalando-Outlet gesehen haben müssen.
    Und sie sehen beim Besuch auch diesen Zettel mit dem
»Fotografieren verboten«-Schild im Treppenhaus. Wie grotesk das ist, geht ihnen
im Kaufrausch wahrscheinlich gar nicht auf: Denn Zalando wird von der
klassischen Schuhladen-Konkurrenz dafür kritisiert, dass es versucht, den Läden
mit fragwürdigen Mitteln Kundinnen abzujagen. Über die Zalando-App können sie
die Schuhe per Smartphone fotografieren und so blitzschnell den Preis des
jeweiligen Modells bei Zalando erfahren und dann direkt dort Online

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