Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
Talente an.« Das Acht-Stunden-Denken gebe es dort nicht. »Die sind auf
einer Mission und arbeiten Tag und Nacht«, sagt er und ergänzt lächelnd: »Die
sind ja auch noch jung.«
Deshalb lässt er sie machen, die Jungen, die in dieser
Disziplin einfach besser sind. Die anderen Investoren machen es ähnlich, wie
Zalando-Geschäftsführer Rubin Ritter bestätigt: »Wir haben nicht regelmäßig
alle zwei oder vier Wochen Meetings mit unseren Gesellschaftern. Stattdessen
treffen wir Entscheidungen gemeinsam, wenn sie getroffen werden müssen.
Geschäftsführer und Gesellschafter sind da genau so dynamisch wie das Geschäft.«
(Interview WELT)
Haub betrachtet den Onlinehandel als nichts weniger als einen
Evolutionssprung für seine Branche. Um die Dramatik der Veränderungen zu
verdeutlichen, nutzt er gern den Begriff »Handel 4.0«: Handel 1.0 war nach der
Haubschen Evolutionstheorie der jahrtausendelang betriebene Handel auf Märkten
unter freien Himmel, bei dem die Verkäufer ihre Stände morgens auf- und abends
wieder abbauten. Dann verlagerte sich der Handel in geschlossene Räume, wobei
der Händler weiterhin jeden Kunden beriet und ihm die Ware in die Hand drückte
und kassierte – Handel 2.0. Der Sprung zu 3.0 erfolgte, zumindest in
Deutschland, erst in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts, als die
Selbstbedienungsläden ihren Siegeszug antraten. Und jetzt bildet der Onlinehandel
die Stufe 4.0. »Das Bemerkenswerte ist, dass jetzt zum ersten Mal die Ware zum
Kunden kommt, während jahrtausendelang der Kunde zur Ware kommen musste«, so
Haub.
Und das hält er für eine so bedeutende und nachhaltige
Strukturveränderung seiner Branche, dass er unbedingt dabei sein möchte. Was da
passiert, darf seiner Meinung nach kein Händler mehr ignorieren: »Wir sind an
der Schwelle zu einer gewaltigen Veränderung in unserem Einkaufsverhalten.
Eigentlich sind wir schon drüber.«
Waren und Produkte, auch Dienstleistungen seien jetzt Dank des
Internets zu jeder Tages- und Nachtzeit von jedem Ort der Welt aus verfügbar.
Der Trend sei eindeutig, auch wenn die Umsatzprognosen für die kommenden Jahre
je nach Quelle noch eine recht große Bandbreite aufwiesen. »Aber es ist da und
es wird nicht wieder weggehen. Hier tut sich etwas ganz Gewaltiges, dessen Ende
überhaupt nicht absehbar ist.« Die Onlineangebote würden die längst überfällige
Konsolidierung des Einzelhandels, der sich in Deutschland etwa 25 Prozent zu
viel Ladenfläche leiste, beschleunigen (WamS 2011). Es werde im
E-Commerce-Zeitalter einen komplett neuen Service- und Firmen-Mix geben. »Das
wird nicht jeder überleben«, prophezeite Haub.
Die Immobiliensparte seines eigenen Unternehmens wird wegen des
zu erwartenden Nachfrageschwunds ihre Investitionen in Ladengebäude
zurückfahren und das Geld anderswo investieren – etwa in Wohnungen. Selbst die
Immobilienbranche verändert der Onlinehandel also bereits.
Einer seiner Zuhörer in der ersten Zuhörer-Reihe des Technikums
wusste genau, was Haub meinte, als er über die fehlende Überlebensfähigkeit
einiger Formate sprach. Henning Kreke, Chef der Douglas Holding, ist eines der
prominentesten Opfer der Veränderungen im deutschsprachigen Raum: Seine
Buchkaufhauskette Thalia hatte zu spät darauf reagiert, dass die Kunden Bücher
inzwischen millionenfach bei Amazon und anderen Onlineanbietern bestellen und
nicht mehr in den dreistöckigen Riesenläden in den Fußgängerzonen. Thalia
stürzte komplett ab. Da half auch die Douglas-Beteiligung am Onliner buch.de wenig. Jetzt wird die Kette mit Millionenaufwand geschrumpft. Ob sie überhaupt
am Markt bleibt, ist ungewiss.
Die Folgen dieser Strukturveränderung in der Buchbranche sind
wirtschaftlich für die Douglas-Gruppe so dramatisch, dass sich die bisher
maßgebliche Unternehmerfamilie Kreke den Finanzinvestor Advent International
ins Haus geholt hat. Um die Rettung finanziell überhaupt stemmen zu können,
haben die Krekes Advent sogar die klare Mehrheit an ihrem Konzern eingeräumt.
Gegen die Finanzinvestoren läuft jetzt gar nichts mehr in der Hagener Zentrale.
Thalia ist im deutschsprachigen Raum bisher wohl das
spektakulärste Beispiel dessen, was passiert, wenn ein Unternehmen die
Auswirkungen der Online-Revolution unterschätzt. Gerade dann, wenn man mit
einem Produkt handelt, das man – anders als Mode – nicht anprobieren muss,
dessen Farbe oder Größe für den Kunden nicht falsch sein kann. Insbesondere
Bücher ebenso wie CDs, DVDs
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