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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagen Seidel
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Ausnahme bei dieser Länderauswahl bestand Samwer
allerdings: »China machen wir nie«, sagt Samwer. Denn 95 Prozent des weltweiten
Internetkapitals flössen in zwei Länder der Welt: nach China, wegen der Größe
des Marktes, und in die USA, wegen des Silicon Valley. Da sei das Gedränge dann
zu groß. Dabei war Rocket Internet schon mal in China, bis ihnen die Regierung
die Seite dichtmachte. Die hatte Rocket nämlich laut Manager Magazin gestartet,
bevor die erforderlichen Genehmigungen vorlagen. Welche Folgen so etwas in
China hat, ist recht absehbar. Von diesem Reinfall allerdings sagte Samwer beim
e-day nichts. Hier ließ er es stattdessen so aussehen, als sei der Verzicht auf
China eine grundsätzliche strategische Entscheidung aus Gründen der
Ressourcenschonung gewesen.
    China und die USA sind als Märkte also uninteressant. »Aber was
ist mit den ganzen anderen Märkten?«, fragt Samwer, »laufen eine Milliarde
Inder nackt rum? Oder 240 Millionen Indonesier? Nein, die wollen was kaufen!
Die Logik ist doch klar.« Klar, da muss man hin und die Lücke schließen und
Onlinebuden eröffnen, bevor Amazon es tut. Und genau das macht Rocket Internet
systematisch, mittels Brüdern und Schwestern von Zalando. Das ist das
Geschäfts- und Skalierungsmodell von Rocket Internet. »Wir gehen dorthin, wo es
nicht schon 100 Zalandos gibt.« Und zwar nicht nur mit Firmen, die Schuhe und
Mode verkaufen, auch mit Möbelhändlern.
    In Brasilien und in den Nachbarländern heißt die
Zalando-Schwester Dafiti, die Amazon-Kopie in Rocket-Manier heißt dort Linio.
Mobly soll den Online-Möbelmarkt des wirtschaftlich erstarkenden Subkontinents
erobern. In Asien heißt das Samwer-Amazon Lazada, die Zalando-Schwester Jabong.
Namishi soll die Wohlhabenden im Nahen Osten zum virtuellen Kleiderkauf
animieren. In Nigeria sorgt Rockets Internetkaufhaus Numia für spitze Schreie des
Glücks, Schwesterunternehmen nehmen sich Ägypten, Südafrika oder Kenia vor.
    Alle diese Firmen mit 21 000 Mitarbeitern gehören zur großen
Rocket-Familie und praktisch alle dieser Zalandos für ferne Kontinente
schreiben – wie das in Europa – Verluste. Dabei ist gar nicht einmal
auszuschließen, das Zalando irgendwann einmal gegen andere Rocket-Unternehmen
außerhalb Europas antritt. Denn eine strenge Aufteilung der Handels-Welt unter
den Brüdern und Schwestern, einen Konkurrenzausschluss also, soll es nicht geben
im Samwer-Reich.
    Das Manager Magazin, stets sehr Samwer-kritisch eingestellt,
kontrastiert die Tatsache der fehlenden Gewinne genussvoll mit den
Versprechungen, die Rocket Internet den Investoren mache: Innerhalb von drei
bis fünf Jahren würden die meisten dieser Firmen Umsätze in Milliardenhöhe und
zweistellige Umsatzrenditen erzielen, zitiert das Magazin Rocket-Unterlagen für
potenzielle Geldgeber. Das kann nichts werden, so das Fazit des Magazins, das
ist ein Kartenhaus, das früher oder später zusammenbrechen müsse. (MM 05/2013)
    Ohne Zweifel ist in der Wirtschaftsgeschichte nur selten ein
Investoren-Trio erfolgreich nahezu gleichzeitig in so viele unterschiedliche,
noch in der Entwicklung befindliche neue Konsummärkte eingestiegen. Und auch
die hohen Renditeversprechungen erinnern Kritiker eher an die
Verkaufsargumentationen von Strukturvertrieben als an Unternehmen, denen sie
ihre private Altersvorsorge anvertrauen würden. Zumal selbst das
Branchenvorbild Amazon derzeit kaum mehr als einen Bruchteil dessen verdient,
was die Samwers ihren Investoren versprechen. Doch nennt das Manager Magazin
auf sechs Seiten – das ganzseitige Oliver-Samwer-Foto nicht mitgerechnet –
keinen Grund, warum das Ganze auf keinen Fall funktionieren kann. Der Tenor der
Geschichte »So viel auf einmal kann nicht klappen, das hat ja noch nie
geklappt, also ist da etwas faul« ist nicht wirklich ein überzeugendes
Gegenargument, auch wenn Zweifel tatsächlich berechtigt sind. So ist zum
Beispiel überhaupt nicht abzusehen, was passiert, wenn einer der großen
Zukunftshoffnungen der Samwers in Asien, Lateinamerika oder Afrika die Luft
ausgehen sollte und Investoren dabei richtig viel Geld verlieren. Bleiben die
Geldgeber der anderen Projekte dann bei der Stange oder suchen sie in Panik das
Weite? Dann wäre die Samwersche Finanzaorta trockengelegt und der ganze
Rocket-Organismus wäre am Ende, bevor er seine Überlebensfähigkeit überhaupt
beweisen könnte.
    Allerdings sollte man nicht vergessen: Der weltweite Aufstieg
der Online-Ökonomie ist eine

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