Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
noch vier Online-Marken geben,
die sich wahrscheinlich mehr als die Hälfte der Spartenumsätze teilen werden.
Dass der Markt tatsächlich in diese Richtung unterwegs ist,
zeigt eine Untersuchung des IFK Köln, die sich 2012/13 mit den 1000 größten
Onlineshops in Deutschland beschäftigte: Ein Drittel der Umsätze wird danach
allein von den Top Ten-Firmen bestritten, die übrigen zwei Drittel teilen sich
die restlichen 990. Für Store Nummer 1000 blieben gerade noch fünf Millionen
Euro Umsatz im ganzen Jahr übrig. Und das ist ziemlich wenig angesichts hoher
Marketing- und Technik-Investitionen, die erforderlich sind, um im Wettbewerb
auf Dauer mithalten zu können. Dass viele der Unternehmen mit den hohen
Platzierungen in diesem Umsatzranking dazu in der Lage sein werden, ist recht
unwahrscheinlich. Um einen der vordersten Positionen zu behalten, ist es
deshalb nach Ansicht von Hudetz vollkommen folgerichtig, in jungen Märkten so
schnell wie möglich groß zu werden, um Amazon etwas entgegensetzen zu können.
Größe und hohe Marktanteile sind immerhin eine gute Lebensversicherung für
Unternehmen, wenn auch keine Garantie.
Dieser Verdrängungsprozess allerdings ist nur ein Zeichen
dafür, dass der Markt erwachsen wird. Es hat dieses Phänomen immer gegeben.
Beim EHI in Köln haben sie eine Sammlung mit Werbeplakaten von
Handelsunternehmen und Herstellern aus den vergangenen Jahrzehnten: zwei
Drittel der Namen kennt heute kein Mensch mehr. Der Unterschied dieser
Entwicklung von heute zu damals: »Das Tempo der Konsolidierung hat wahnsinnig
angezogen«, sagt Hudetz.
Nach Zahlen seines Institutes hat sich in den vergangenen zehn
Jahren die Zahl der vom Eigentümer betriebenen Geschäfte – und darunter sind
besonders viele Mode und Schuhe – halbiert. Jetzt machen sie nur noch 15
Prozent am Einzelhandelsumsatz in Deutschland aus. Und es gibt keinen Hinweis
darauf, dass damit das Ende dieses Prozesses bereits erreicht ist.
Die dunkle Seite des E-Kaufhauses
Wenn es auch unzählige Theorien, Visionen, Szenarien oder
Phantasien darüber gibt, wohin es mit dem Onlinehandel in den kommenden Jahren
gehen könnte, so herrscht bei einem Aspekt des Themas die kollektive
Ratlosigkeit: Nämlich dann, wenn die Frage auf die Folgen des E-Commerce-Booms
für die Innenstädte kommt. Dass die Folgen ziemlich übel werden dürften, darin
sind sich alle einig. Nur: Wie übel? Und: Was kann man dagegen tun? Keiner weiß
es wirklich.
Aber es hat längst begonnen. Beispiele, die außerhalb der
Region niemand mehr kennt, gibt es reichlich. Wie das der Kaufhausgruppe Joh im
hessischen Gelnhausen, die im Mai 2013 den Insolvenzantrag gestellt hat. Der Geschäftsführende
Gesellschafter machte nicht zuletzt die Konkurrenz aus dem Internet dafür
verantwortlich, dass seine Kaufhäuser mit hohem Textilanteil in Gelnhausen,
Friedberg, Zwickau, Saalfeld und Gotha keine Chance im Wettbewerb mehr hatten
(Textilwirtschaft 27A, 1. Juli 2013, Seite 30).
Selbst wenn der Onlinehandel nur 20 bis 30 Prozent des
Umsatzvolumens einer Teilbranche wie dem Fashionhandel abziehen sollte, muss
das zu massiven Ladenschließungen in den Einkaufsstraßen und Stadteilzentren
führen. Über das Ausmaß kann man nur spekulieren. Es dürften mehr als diese 20
bis 30 Prozent werden, die die Onliner an Umsatz wegsaugen. Denn besonders
kleinere und mittlere Handelsketten, insbesondere Eigentümer geführte Läden,
kommen schon jetzt gerade noch irgendwie über die Runden. Wenn ihnen noch
weiterer Umsatz verloren gehen sollte, in Verbindung mit abermals sinkenden
Renditen, dann werden viele Ladenbesitzer nicht weitermachen. Und die ohnehin
knappen Renditen sinken durch den Webhändler: »Es ist völlig unzweifelhaft,
dass Zalando und die anderen Onlinehändler ganz massive Vernichter von
Gewinnspannen sind«, meint Matthias Händle, Geschäftsführender Gesellschafter
des Schuh-Riesen HR Group (Hamm-Reno) in Osnabrück.
Das Online bedingte Ladensterben dürfte vor allem Klein- und
Mittelstädte wie die Standorte der Kaufhausgruppe Joh treffen, die ohnehin
schon nicht mehr die allerhöchsten Attraktionswerte erzielen. Schließen jetzt
auch noch alt eingesessene Fachgeschäfte, weil die Kundenfrequenz weiter sinkt,
werden noch mehr Kunden wegbleiben und ihren Bedarf in den großen Städten
decken – oder gleich im Internet. Denn dann, wenn jedes vierte oder fünfte
Geschäftslokal leer steht oder von einem Billigshop gefüllt wird, sind die
Einkaufsstraßen
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