Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
deutschsprachigen Raum zukommen wird.
Adidas-Chef Hainer: »Die stationären Läden werden nicht
verschwinden. Sie müssen aber zusätzliche Angebote schaffen, um die Kunden
weiterhin zu locken. Stichwort: Erlebniseinkauf. Es muss dem Kunden einen
Mehrwert bringen, ins Geschäft zu kommen, sonst bleibt er weg und bestellt vom
Sofa zu Hause. Dabei ist es schon fast eine Selbstverständlichkeit, dass der
Kunde den Schuh, der in seiner Größe im Geschäft nicht mehr vorhanden ist, nach
Hause geliefert bekommt. Händler in der Innenstadt, die diese Verbindung von
Offline- und Onlinehandel nicht bieten – vielleicht auch, weil sie nicht
genügend investieren können –, werden es schon sehr bald sehr schwer haben. Die
verschiedenen Verkaufskanäle wachsen stärker zusammen«.
Dass die Stadträte in ihrer Finanznot Parkgebühren weiter
erhöhen, Parkplätze irgendwo vor der Stadt ausbauen und die
Abstellmöglichkeiten in der Nähe der Fußgängerzonen reduzieren, über City-Maut
nachdenken und die Schlaglöcher nicht stopfen, macht den stationären Händlern
den Kampf gegen die Amazons, ebays und Zalandos nicht gerade leichter.
Wie also können sich die Innenstädte retten? Darüber bieten
Unternehmensberater und Innenstadtentwickler inzwischen teure Seminare und
Studien an. Des Rätsels Lösung allerdings gibt es auch dort nicht zu kaufen.
Vor allem zwei Wege werden immer wieder genannt, um die
Innenstädte attraktiv zu halten. Der erste ist das »Showrooming«: In den Läden
wird weniger verkauft, dafür aber intensiv die Marke und das Produkt inszeniert
– so ähnlich, wie die Apple Stores es heute schon tun. Im Showroom kann der
Kunde dann unter dem Eindruck der tollen Präsentation Online bestellen, und die
Ware am nächsten oder schon am selben Tag geliefert bekommen.
Dieses Konzept mag bei Megamarken in Metropolen, vielleicht
noch in großen Shoppingcentern funktionieren. Aber auch in den mittelgroßen
Städten? Wie viele solcher, an Messestände erinnernde, Showrooms mit teurer
Technik wird sich ein Mode- oder Schuhhändler leisten wollen? Und wie viele
dieser Präsentationspaläste will sich der Kunde bei einem Stadtbummel antun?
Mancher Innenstadt-Händler flüchtet sich schon in Sarkasmus: »Wir nehmen
einfach Eintritt für unsere Showrooms. Dann haben wir wenigstens eine
Einnahmequelle.« Wenn denn jemand kommt.
Als zweiter Weg zum Überleben wird immer wieder die Veränderung
der Nutzung von Innenstädten genannt. Deutschland habe weiterhin viele attraktive
Innenstädte, die künftig aber mehr Entertainment, Gastronomie und mehr Läden
für spezielle Nischen bieten müssen. Städte, die sich gar nichts einfallen
lassen, werden den Attraktivitätswettlauf gegen Online verlieren.
Die klassischen Läden müssten »mehr Erlebnis schaffen«, das das
Internet nicht bieten kann, meint auch Psychologe Grünewald. »Die Leute wollen
eigentlich gar nicht mehr ein bestimmtes Stück einkaufen. Die wollen einen
halben oder ganzen Tag ein Event erleben.« Vor allem sollte in den überlebenden
Geschäften dann Freundlichkeit, Service und Warenkenntnis der Mitarbeiter so
gut sein, dass sich für den Kunden der Weg auch ins Nebenzentrum lohnt.
Welches Ausmaß die Veränderungen durch Online in den kommenden
Jahren auch noch haben werden und wie wirkungsvoll die Gegenreaktionen der
Innenstadthändler auch sein mögen: Die Zukunft des Einzelhandels wird nicht in
den Klein- und Mittelstädten liegen.
Das Ausmaß anderer Folgen der Veränderung der
Einkaufsgewohnheiten weg vom Laden hin zum Netz ist ebenfalls noch nicht zu
beziffern: Über die ökologischen Auswirkungen des Onlinebooms herrscht
Unklarheit. Wie stark belasten die unzähligen Fahrten der mit Zalando-, Amazon-
oder ebay-Paketen gefüllten Kleinlaster der Logistikunternehmen die Umwelt?
Wieviel zusätzliches Co 2 wird
bei diesen Fahrten produziert, wie viel alleine bei den Rücktransporten von
Abermillionen Retouren-Päckchen? Wie viel mehr Abnutzung und Schäden an den
Straßen entstehen durch die Nutzfahrzeug-Flotten, die im Dienste des neuen
Handels jeden Tag unterwegs sind?
Auf der anderen Seite: Wie viele Fahrten der Kunden in die
Innenstädte werden eingespart, weil die Konsumenten vom heimischen Sofa aus
bestellen und die Ware vom DHL-Mann geliefert bekommen, der mit seinem
Kleinlaster ohnehin in der Straße ist? Indirekt über den Stromverbrauch
allerdings produziert auch jede Surf-Minute im Internet Co 2 . Hinzu kommt der Verpackungsmüll
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