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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagen Seidel
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Styling-Beraterin« telefonisch bei ihm. Nach 20 Minuten Modetalk
packt sie dem Kunden eine Kiste mit zwei oder drei Outfits, die zu ihm passen
sollten. Was dem Kunden gefällt, behält er, der Rest geht per Post und ohne
Versandgebühren zurück zum Absender. Die Styleberaterin wählt also aus
Tausenden Hosen, Hemden oder Sakkos aus – und nicht der Kunde, der dazu ohnehin
keine Lust hat. Der Konsument, der diesen Service in Anspruch nimmt, dürfte
allerdings etwas zahlungskräftiger oder zahlungswilliger sein als der von
Zalando.
    »Viele Männer kaufen nun mal ungern Mode ein, schon gar nicht
alleine. Da sind sie froh, wenn sie jemand an die Hand nimmt und hinterher
bestätigt, wie toll sie dann aussehen«, sagt Julia Bösch. Internetseiten wie
Outfittery funktionieren demnach für die großen Jungs wie Mama 2.0, wenn die
echte Mama weit weg ist – im regionalen wie im modischen Sinne.
    Was bei besserverdienenden Männern klappt, funktioniere dagegen
bei jungen Mädchen überhaupt nicht: »Die wollen sich ja gerade von der Mutter
und ihrem Modegeschmack emanzipieren. Sie akzeptieren dagegen gern die
schwesterliche Helferin«, glaubt Psychologe Grünewald.
    Nicht nur an die besserverdienende, sondern an die richtig
wohlhabende Kundschaft wendet sich dagegen Zalandos Premium-Tochter Emeza. Hier
wird seit dem Frühjahr 2013 Edel- und Designermode gehandelt, oft zu
vierstelligen Euro-Preisen. Der Premiumbereich beginnt in der Mode nach weit
verbreiteter Definition bei einer Marke wie Hugo Boss. Mit seinem Nobel-Ableger
will Zalando nicht nur das Ausufern der eigenen Hauptmarke verhindern, sondern
auch die Abwanderung der Top-Hersteller verhindern. Denn immer mehr von ihnen
wollen weg von der Massenplattform, die eher für S. Oliver, Tommy Hilfiger oder
Esprit steht. Für die komplette Kollektion von Boss, Gucci oder Escada ist das
auf Dauer nicht das richtige Umfeld. Es ist nicht elitär genug. Welche Kundin
möchte schon zugeben, den mehrere Hundert Euro teuren Kaschmir-Schal auf einer
Onlineseite gekauft zu haben, die mit hysterischen, spätpubertierenden Mädchen
wirbt? Einige der ganz teuren Marken allerdings wollen gar nichts mit dem
Onlinehandel zu tun haben: Prada etwa. Das Internet soll doch nicht Prada
tragen …
    Tatsächlich können Massenplattformen wie Zalando und
Premiummarken wie Escada nach Ansicht von Bruno Sälzer, dem Chef der teuren
Münchener Damenmode-Marke, auf Dauer miteinander nicht glücklich werden: »Beide
Seiten haben unterschiedliche Interessen: Der Luxushersteller möchte seine
Kollektionsaussage in der ganzen Breite präsentieren. Der Onlinehändler mit
vielen Marken interessiert sich vor allem für die Modelle, die sich oft und
schnell verkaufen. Das passt nicht so gut zusammen.«
    Daneben haben die meisten Premiummarken inzwischen eigene
Webshops aufgebaut, auf denen sie ihr Geschäft und ihre Markenführung viel
besser kontrollieren können als auf den Seiten von anderen. Aber: Nach einer
Untersuchung der Unternehmensberatung Roland Berger und des »Meisterskreises« –
eines Zusammenschlusses von Premiummarken – vom Mai 2013 »unterschätzen viele
High-End-Unternehmen noch das Potenzial des eigenen Onlinestores und sehen den
Webauftritt als Instrument der Markendarstellung«, heißt es da. Der Umfrage
zufolge erzielen diese Top-Marken in Deutschland derzeit nur rund fünf Prozent
ihrer Umsätze Online. Innerhalb der nächsten fünf Jahre rechnen die befragten
Firmenchefs mit einem Anstieg der Quote auf acht Prozent. Von den 300
repräsentativ für die Umfrage ausgewählten Kunden sagten 77 Prozent, sie hätten
in den vergangenen zwölf Monaten Parfüm von Premium-Marken Online gekauft,
knapp 58 Prozent nannten »Mode und Accessoires« – also typische Zalando/Emeza-Produkte.
    Die meisten Branchenkenner bewerten die Expansion Zalando ins
Edel-Reich denn auch positiv: »Die Schaffung von Emeza als Plattform für
Luxus-Marken ist ein guter Schachzug, um die Möglichkeiten zu erweitern«, sagt
Tom Tailor-Chef Holzer. »Wenn man als Händler auch die Umsätze im oberen
Produktsegment abschöpfen will, in dem die Renditen sehr viel attraktiver sind
als im Massenmarkt, muss man schon eine Marke über Zalando setzen«, glaubt
EHI-Wissenschaftler Hudetz. »Emeza ist eine gute Entscheidung«, versichert auch
Berater Hafner, »man kann schließlich nicht jedes Produkt über die Marke
Zalando verkaufen.«
    Doch mancher hegt Zweifel, dass Zalando mit seiner schönen
Tochter auf Dauer

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