Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
ist
weiterhin weltweit der größte Textilfabrikant, gefolgt von Bangladesch. Auch
Vietnam und Kambodscha werden für die westlichen Modekonzerne immer
interessanter.
Damit muss sich Zalando denselben Fragen wie alle Hersteller
und Händler stellen, die sich des allgegenwärtigen globalen Produktions- und
Beschaffungssystems bedienen: Wie verhindert Ihr, dass Menschen und Umwelt bei
der Produktion ausgebeutet oder gefährdet werden?
Da Zalando größtenteils Markenware verkauft, ist die Plattform
zunächst auch nur einer von vielen Großkunden und verlässt sich damit zunächst
einmal auf das Kontrollsystem der Markenhersteller. Sie sollen Zalando
garantieren, dass die Arbeitsbedingungen in den Fabriken, die die Waren im
Lohnauftrag herstellen, in Ordnung sind. Dass das nicht immer der Fall ist,
weil Fabrikbesitzer Teile der Produktionsaufträge an dubiose
Hinterhof-Werkstätten weitergeben, zeigen zahlreiche Beispiele, die in den Medien
und der Öffentlichkeit immer wieder für Empörung sorgen. Zalando ist bis zum
Redaktionsschluss für dieses Buch (Sommer 2013) nicht in derlei Skandale
geraten.
Auch in Bezug auf Schadstoffe in den Schuhen oder Textilien
verlässt sich Zalando bisher auf die Kontrollen der Markenhersteller. Eigene
Labors, die stichprobenartig Tests ziehen, gibt es nicht. Zur Begründung
verweist man zum einen auf die Sicherheitssysteme der Lieferanten, zum anderen
auf die Menge der Artikel, die unmöglich kostengünstig zu kontrollieren seien.
Bei den Eigenmarken dagegen ist Zalando weitaus aktiver,
schließlich gibt es in diesem Fall keinen Lieferanten für das fertige Produkt,
auf den man sich verlassen könnte. Stattdessen muss es Zalando auf jeder Stufe
der Wertschöpfung selber übernehmen sicherzustellen, dass die Standards
eingehalten werden. Dabei geht es um die Produktionsmethoden und Inhaltsstoffe
der Rohmaterialien ebenso wie um die Arbeits- und Umweltbedingungen in den
Fabriken, in denen das fertige Produkt hergestellt wird, bis zum Transport.
»Alle Lieferanten für unsere Eigenmarken müssen sich an unseren
Code of Conduct halten«, sagt Zalandos Kommunikationschef Boris Radke. Solche
Codes of Conduct haben inzwischen praktisch alle großen Fashionunternehmen. In
ihnen steht, was die Zulieferer bei der Produktion dürfen und was nicht, an
welche Mindeststandards sie sich halten und welche Kontrollen sie akzeptieren
müssen. Der TÜV Süd testet im Auftrag von Zalando die chemische Zusammensetzung
der Produkte. »Unsere Mitarbeiter in Europa und Südostasien kontrollieren
unangemeldet die Fabriken. Selbstverständlich haben wir schon Zulieferer
austauschen müssen, die sich nicht an die Vereinbarungen gehalten haben«, sagt
Radke, ohne Einzelheiten zu nennen.
Zalando ist Mitglied der Qualitätsinitiative »Business Social
Compliance Initiative« (BSCI), die über die Einhaltung der Vorschriften bis zu
den Vorlieferanten wacht. Das soll mithilfe von Audits unabhängiger
Prüforganisationen sichergestellt werden. Anständige Produktions- und Arbeitsbedingungen
in den Ursprungsländern seien, so Radke, ohnehin eine Selbstverständlichkeit
für sein Unternehmen. »Wenn das anders wäre, bekämen wir nicht nur Druck von
außen, sondern ganz massiv auch von innen – von unseren Mitarbeitern«,
versichert der Mann aus der Kommunikation.
»Wir arbeiten mit den in jüngster Zeit kritisierten Firmen
nicht zusammen und wollen das auch in Zukunft nicht«, versichert
Chefeinkäuferin Claudia Reth, »wir sind in dieser Preisklasse auch gar nicht
vertreten. Das soll auch so bleiben. Wir arbeiten daran, unseren Kunden
langfristig das beste Sortiment zu bieten. Und dafür kann man sich nicht nur an
Preisvorteilen orientieren.«
Und dieses Angebot wird eher noch größer als kleiner. Für
Shopper, die sich von über 150 000 Einzelteilen überfordert fühlen und die
keine Lust aufs Stöbern haben, gibt es längst Hilfe von anderen Start-ups:
Neben den schon angesprochenen Social-Commerce-Plattformen wie stylefruits, auf
denen User aus Spaß und ohne Bezahlung Styles für andere User kombinieren, sind
es Firmen wie Modomoto oder Outfittery, die im Windschatten des großen Zalandos
ganz gut gedeihen können. Julia Bösch und Anna Alex, zwei frühere
Zalando-Mitarbeiterinnen, bieten Herren virtuelles »personal shopping« ohne
Aufpreis. Nachdem der Herr, der ungern in Boutiquen geht, sein Geschmacks- und
Bedarfsprofil auf der Outfittery-Seite eingegeben hat, meldet sich seine
»persönliche
Weitere Kostenlose Bücher