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Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)

Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)

Titel: Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Reist
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sollte er an einem Podiumsgespräch teilnehmen. Er wusste also, dass sich die Schlinge zusammenzog und beschloss, sich abzusetzen. Will jemand Dessert?“
    Die Männer verzichteten, aber Angela holte trotzdem zwei Tafeln Schokolade. Man wusste nie, plötzlich kam der Appetit auf Süsses beim Kaffee, und der Tag war noch lang.

    „Wann kamen Sie auf den Gedanken, Guido Bär umzubringen?“ Nick Baumgarten sass Anatole Scheidegger allein gegenüber, alle anderen waren hinter der Glaswand versammelt, bereit, die Aussagen des Verdächtigen zu überprüfen und Nick zu unterstützen. Die Kollegen aus Graubünden hatten ihn kurz nach fünf Uhr abgeliefert, anschliessend nahm Urs Meierhans Fingerabdrücke und eine Speichelprobe, fotografierte ihn und stellte seine Personalien offiziell fest. Der Verdächtige liess alles ruhig über sich ergehen; jetzt sass er entspannt und mit übergeschlagenen Beinen im Verhörraum. Er trug immer noch seinen eleganten dunklen Anzug.
    „Lassen Sie mich etwas klar stellen, Herr Baumgarten: ich habe Guido Bär nicht umgebracht. Ich bin allerdings nicht unglücklich über seinen Tod; Leute wie er senken das Niveau unserer Kultur. Sie sind wie Wühlmäuse, die die Wurzeln edler Pflanzen von unten anfressen. Ich habe eine Novelle über dieses üble Tierchen geschrieben, eine Fabel, wenn Sie so wollen. Sie sollten Sie lesen.“
    „Bitte antworten Sie auf meine Frage, Herr Scheidegger.“ Auch Nick war gelassen, aber er hatte nicht die Absicht, sich auf eine längere philosophisch-literarische Diskussion einzulassen.
    „Es liegt nicht in meiner Natur, jemanden zu töten. Ich habe mich weder mental noch emotional mit dem möglichen Tod von Guido Bär befasst.“
    „Warum sind Sie so überstürzt von St. Moritz abgereist? Es war eine weitere Lesung mit Ihnen geplant heute Abend.“
    „Ja, und ein hochkarätig besetztes Kolloquium. Der Veranstalter hat sich erfrecht, kurzfristig eine Autorin aus dem ehemaligen Ostblock einzuladen, die in Deutschland lebt und die letzte Woche irgend einen unwichtigen Preis gewann. Sie wurde an meiner Statt ins heutige Programm aufgenommen, und das lasse ich mir grundsätzlich nicht gefallen. Schon gar nicht von jemandem, der dem Trend für sogenannte Migrationsliteratur aufsitzt. Man kann in einer Fremdsprache keine gute Literatur schreiben, egal was die Verkaufszahlen sagen. Der langen Rede kurzer Sinn: ich entschloss mich auf Grund dieser Beleidigung, das Wochenende mit Freunden in Österreich zu verbringen.“
    Nick schloss einen Augenblick die Augen. „Wir werden das überprüfen.“ Er nahm an, dass Angela bereits am Telefon sass und mit den Leuten vom Literaturfestival sprach, aber er machte sich keine grossen Hoffnungen.
    „Als Sie am letzten Freitagabend mit Guido Bär telefonierten, wo waren Sie da?“
    „Ich befand mich in Holderbank, vor dem grossen Festsaal. Ich war von einer Bank beauftragt, die Gäste der Kunstpreis-Verleihung zu begrüssen.“
    „Sie sagten uns, Guido Bär habe keine Zeit gehabt, und Sie verabredeten sich für Montag. Sie selbst hatten aber auch keine Zeit, wenn Sie die Gäste empfangen mussten.“
    „Für ein Telefongespräch schon, man erwartete das Eintreffen der wichtigsten Persönlichkeiten nicht vor sieben Uhr.“
    „Angeblich wollten Sie mit ihm die Gestaltung der Seminare auf dem Herzberg besprechen. Ging es nicht eher darum, dass man sich dort entschieden hatte, nur noch Guido Bär als Seminarleiter einzusetzen statt Anatole Scheidegger?“
    Ein Zucken ging über Scheideggers Gesicht, aber er fing sich gleich wieder. „Ich staune, ich staune. Die Polizei ist gut informiert, sogar besser als Bär es war. Ja, Sie haben Recht, ich wollte mit ihm das weitere Vorgehen koordinieren. Der Direktor hatte einseitig entschieden, ohne uns zu konsultieren; Richard Wiedmer ist ein Kleinkrämer, der nur auf Prestige und Geld achtet. Qualität erkennt er nicht einmal dann, wenn sie ihm ins Gesicht starrt.“
    „Wie reagierte Guido Bär?“
    „Nicht anders als erwartet. Er habe nicht die Absicht, in unternehmerische Entscheide einzugreifen, es sei einzig und allein Wiedmers Privileg, sein Kursprogramm zusammenzustellen.“
    „Mit anderen Worten, er wollte sich nicht dafür einsetzen, dass Sie wieder als Kursleiter arbeiten könnten. Darauf haben Sie ein Fahrrad entwendet und sind nach Villnachern gefahren, wo Sie ihn kaltblütig umbrachten.“
    Jetzt lehnte sich Scheidegger nach vorn und legte die Hände auf den Tisch. „Hören

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