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Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)

Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)

Titel: Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Reist
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„Zuerst die Flecken.“ Er rieb ein bisschen daran herum, dann liess er aus einer Pipette einen Tropfen farblose Flüssigkeit auf den grössten Fleck fallen. „Blut ist es nicht, aber es könnte Kettenöl sein, von einem alten Velo, oder sonst irgend ein Schmieröl.“ Dann griff er in die Jackentaschen, zuerst in die rechte, wo er nichts fand. Als nächstes holte er aus der äusseren Brusttasche einen kleinen Briefumschlag, so wie sie Blumensträussen beigelegt werden. „Leer, oder jedenfalls fast.“ Mit spitzen Fingern drehte er das Couvert um, und auf die Arbeitsfläche rieselte eine winzige Menge weisses Pulver. „Kann auch Mehl sein, oder Kokain, oder Puderzucker“, sagte er trocken. Schliesslich zog er die linke Tasche auseinander und schaute hinein. „Na, was haben wir denn da? Gib mir die Pinzette, Angela.“ Heraus kam ein zusammengeknüllter dünner Plastikhandschuh, den Urs sorgfältig auseinander faltete. Ein Riss ging durch die Handfläche, bis nach vorn zum Ringfinger. „Das passiert ungeübten Leuten mit feuchten Händen, oder mit langen oder ungepflegten Fingernägeln.“
    „Wie lange?“
    „Eine halbe bis eine Stunde. Das Pulver dauert länger, aber die Stofffasern kann ich schneller abgleichen.“

    Es war mittlerweile neun Uhr, das Interview dauerte schon mehr als drei Stunden und drehte sich allmählich im Kreis. Scheidegger stritt ab, was ihm nicht bewiesen werden konnte, und das war im Grunde alles, was zwischen seiner Ankunft bei Bär und seiner Rückkehr zum Fest geschehen war. Er behauptete, sie hätten nur geredet. „Natürlich versuchte ich, ihn von meiner Sicht zu überzeugen. Man kann solche Seminare nicht einfach in die Hände einer einzigen Person legen. Die Teilnehmenden erhalten eine viel zu enge Sicht von Schreiben und Literatur. Bär hielt daran fest, dass die didaktischen Aspekte eines Seminars mindestens so wichtig seien wie die inhaltlichen; eine Meinung, die ich nicht teile. Gute oder schlechte Beurteilungen bei einem Kurs für Laien sind völlig irrelevant; man kann nur versuchen, den Menschen zu vermitteln, was gute Literatur ist, nicht wie sie schreiben sollen. Schreiben ist eine Geisteshaltung und ein Talent, verstehen Sie, es kommt aus den Tiefen der Seele. Amateuren kann man zwar Grammatik und Orthografie beibringen, aber sie werden es nie wirklich in den Olymp schaffen. Guido Bär war selbstverständlich anderer Meinung – sein eigenes Talent war ja auch sehr begrenzt –, und es kann schon sein, dass wir uns deswegen gestritten haben. Aber wie gesagt, er lebte noch, als ich unverrichteter Dinge wieder auf mein Fahrrad stieg.“
    Nick war es leid, den selbstverliebten Argumenten Scheideggers zuhören zu müssen. Er war müde und hungrig, und er brauchte neue Munition, oder zumindest einen neuen Ansatz. Er liess Scheidegger in eine Zelle bringen. „Wir werden das Gespräch zu einem späteren Zeitpunkt fortsetzen. Sie erhalten etwas zu essen, und Sie dürfen duschen, aber bitte halten Sie sich bereit.“

    „Ein unangenehmer Zeitgenosse, wenn ich mir diese Aussage erlauben darf.“ Cécile Dumont schüttelte ungläubig den Kopf. „Ein so abwertendes Verhalten habe ich selten erlebt. Er muss sehr unzufrieden sein.“
    „Unzufrieden interessiert mich nicht, Frau Dumont.“ Nick rieb sich die Augen und dehnte sich. „Die Frage ist doch, ob er aus dieser Haltung heraus einen kaltblütigen Mord begangen hat. Haben wir keine neuen Beweise?“
    „Die anderen arbeiten daran“, sagte Gody, „wir haben Schmieröl an seinem Anzug gefunden, ein weisses Pulver und einen zerfetzten medizinischen Handschuh. Meierhans und seine Crew analysieren alles, und Hacker-Andi nimmt den Computer auseinander. In einer Stunde wissen wir vielleicht mehr.“
    „Gut.“ Nick nahm seine Jacke. „Ich gehe eine halbe Stunde spazieren. Vielleicht fällt mir etwas Neues ein, vielleicht nicht. Holt mir jemand ein Sandwich für nachher? Salami bitte, möglichst salzig.“

    „Meierhans, Beltrametti hier. Ich habe in einem Altpapierbündel im Keller eine Kartonschachtel gefunden. Es könnte die äussere Verpackung für eine medizinische Maske sein, jedenfalls steht etwas von 'mask' drauf, ich kann schlecht Englisch. Ich gebe dir jetzt eine lange Reihe von Zahlen, die auf der Unterseite der Schachtel stehen, wahrscheinlich aus der Produktion. Schreib auf, und vergleiche sie mit der Maske, die wir auf dem Gesicht von Bär gefunden haben. Ich bringe den Karton mit, Scheideggers

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