Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
hier.“
„Das ist richtig. Zwei Gäste standen am Rauchertisch.“
„Eine herrliche Ironie, finden Sie nicht? Stellen Sie sich die Schlagzeile unseres Revolverblatts vor: 'Mörder dank Rauchverbot enttarnt'. Rauchten sie Zigarren? War einer davon mein Freund Cuno?“
„Das Verhör ist beendet, Herr Scheidegger, ich danke Ihnen. Wir werden eine Abschrift der akustischen Aufzeichnung anfertigen, die Sie unterschreiben müssen. Sie werden hier im Haus in eine Zelle gebracht und in den nächsten Tagen in ein anderes Gefängnis verlegt, um auf Ihren Prozess zu warten.“
„Einen Moment noch, Herr Baumgarten.“ Anatole Scheidegger stand auf und ging zur Glasscheibe, hinter der das Team versammelt war. Er konnte niemanden sehen, aber er sprach, als ob er seinem Publikum in die Augen blickte. „Vielleicht möchten Ihre Kolleginnen und Kollegen die Essenz meiner Rede an Guido Bär hören, im Gegensatz zu Ihnen. Ich mache es kurz, Sie wollen sicher alle nach Hause, zurück in Ihre bürgerlichen Existenzen. Bitte hören Sie genau zu. Ein selbstgerechter Schreiberling wie Guido Bär, dessen Produkte – von Werken kann man nicht reden – vorne auf den Tischen der Buchhändler liegen, verdient es nicht zu leben. Der Fanclub seiner Schreibseminare ist ein stinkender Misthaufen von hysterischen – im Freudschen Sinne – Weibern, die sich masslos überschätzen und durch ihn in ihrem Glauben bestärkt werden, Talent zu haben. Sein selbstzufriedenes, plakativ schwules Landleben mit einem Tierarzt stellt eine Provokation dar für jeden ernsthaften Künstler, der seine Tage und Nächte dafür hergibt, mühsam um das einzig richtige Wort zu ringen.“ Es schien, als ob er auf Applaus warte. „Er hat es verdient, zertreten zu werden wie eine lästige Küchenschabe.“
Scheidegger drehte sich weg von der Wand, zurück zu Nick. „Führen Sie mich in meine Zelle. Es ist gut möglich, ja sogar wahrscheinlich, dass in den nächsten Jahren, in der erzwungenen Isolation, meine besten Werke entstehen. Sie werden von mir hören.“
„Ein echt fulminanter Abgang“, sagte Angela, als sie die Sprache wieder fand, „habt ihr so was schon mal erlebt?“
Urs Meierhans schüttelte verständnislos den Kopf, Peter Pfister zeigte mit dem Finger auf seine eigene Stirn. „Der spinnt doch.“
Als Nick wieder zum versammelten Team stiess, noch ganz benommen von der unsäglichen Respektlosigkeit Scheideggers, holte ein zufriedener Gody den Cava aus dem Kühlschrank und schenkte ein. Der Chef gratulierte allen zum Erfolg. „Sowohl die alten wie auch die neuen Mitarbeiter haben viel zu diesem Resultat beigetragen. Wie immer war auch Glück dabei, und wir können froh sein, dass Scheidegger nicht einen Anwalt an seiner Seite hatte, der ihm riet zu schweigen. Die Geschichte mit den Erbsen gab dem Ganzen einen hübschen Touch: den Gegner mit seinen eigenen Waffen zu schlagen war schon immer eine Spezialität von dir, Nick. Ich danke euch allen, auch Ihnen, Frau Dumont. Sie haben uns im positiven Sinne unterstützt, und das werde ich morgen auch gegenüber der Presse speziell erwähnen. Auf uns!“
Die Erleichterung war spürbar, als sie die Gläser hoben. In enger Zusammenarbeit hatten sie es innerhalb einer Woche geschafft, den Mörder zu überführen; jede und jeder hatte seinen Beitrag dazu geleistet.
Cécile Dumont hob ebenfalls ihr Glas und schlug vor, sich zu duzen. „Nächste Woche, wenn ihr die Detailberichte für meine Anklage schreiben müsst, werdet ihr wieder über mich lästern, aber jetzt feiern wir. Auf unsere Zusammenarbeit, und auf das Lachen als Gegenmittel zu den Abgründen der menschlichen Seele!“
Nick schmunzelte. „Cécile, du tust uns gut, wirklich.“ Er wurde ernst. „Lasst uns nicht ganz vergessen, warum wir feiern. Stossen wir an auf das Leben, und auf Guido Bär. Ich danke euch.“
9 Samstag
„Aber das kann doch gar nicht sein, er war immer so nett zu mir“, rief Carola Biedermann. „Er interessierte sich sehr für unsere Arbeit, einmal habe ich ihm sogar gezeigt, wie man ein Tier in Narkose legt ..“ Sie schlug die Hand vor den Mund. „ Oh shit, natürlich! Das hatte ich völlig vergessen. Ich bin schuld!“
Angela Kaufmann winkte ab. „Anatole Scheidegger hätte so oder so zugeschlagen, mit welchen Mitteln auch immer. Machen Sie sich kein Gewissen.“
Einmal mehr sassen Pavel und Marketa Beniak zusammen mit Carola und Angela am grossen Tisch in der Küche des Bauernhauses und tranken Kaffee.
Weitere Kostenlose Bücher