Schritte im Schatten (German Edition)
Todd vom Geheimdienst informiert worden war, dass mein Name auf der Passagierliste stand, hatte er interveniert und Anweisung gegeben, mich ins Land zu lassen. Ich erklärte ihm, dass er mich damit in eine unmögliche Lage brachte. Er sagte, er habe Vertrauen in die Unparteilichkeit meines Verstandes. Ich sagte ihm, das habe eindeutig nichts mit Unparteilichkeit des Verstandes zu tun, da wir beide über einen unparteiischen Verstand verfügten und trotzdem verschiedener Ansicht seien. Dann diskutierten wir über die Grundlagen der Föderation. Ich sagte, ihre aufwieglerische Natur sei schon jetzt durch die Tatsache bewiesen, dass sie zur Entstehung der beiden Afrikanischen Nationalkongresse geführt habe, dem von Nordrhodesien und dem von Njassaland. (Sie hatte auch zur Entstehung des bisher noch unsichtbaren Nationalkongresses in Südrhodesien geführt: Ich hatte mich bereits heimlich mit zwei Männern getroffen, die ständig auf der Flucht vor der Polizei aller drei Länder waren und Broschüren und Informationen über die beiden Länder im Norden nach Südrhodesien schmuggelten.) Garfield sagte, er verabscheue und verachte die Führer der Nationalkongresse, sie seien großmäulige Agitatoren. Natürlich sind sie das, sagte ich. Wenig später sollte er der gute Freund sämtlicher Schwarzenführer werden.
Ich verbrachte den Rest meiner Zeit in Südrhodesien mit einer höflichen Eskorte seiner Presseleute, wurde aber gleichzeitig vom Geheimdienst observiert, der nüchterner eingestellt war. Die Leute vom Geheimdienst tauchten an den unwahrscheinlichsten Orten auf, zum Beispiel mitten im Busch in der Nähe des Sambesi, wo Paul Hogarth einen Coca-Cola-Kiosk zeichnete; am Nebentisch im Karoi Hotel, wo ein Mann versuchte, die Unterhaltung mitzuhören; er hatte den missmutigen Ausdruck, der charakteristisch ist für diese Leute, wenn sie gezwungen sind, sich wider Willen in allernächster Nähe der von ihnen zu observierenden, gefährlichen Objekte aufzuhalten; oder im Wagen neben dem meinen in einem Drive-in-Kino – aber da ist mein Beschatter eingeschlafen.
Der schmerzliche Teil der Reise war das Wiedersehen mit all meinen alten Genossen, den Roten. Ansichten über die Gesellschaft zu haben, in der man lebt, die von den Leuten rings um einen herum nicht geteilt werden, sie gelassen und vernünftig zu vertreten und weder paranoid noch bitter zu werden – das ist schlicht unmöglich. Im alten Südrhodesien, vor dem Erscheinen der Roten und Kaffernfreunde, gab es ein oder zwei derartige Menschen – einer von ihnen war der Dichter Arthur Shearley Cripps, der sich auf die Religion berief, aber aufs Ganze gesehen war es unmöglich. Acht Jahre waren vergangen. Der Kalte Krieg dauerte an, und wegen der Entstehung der Nationalkongresse im Norden hatte sich die Einstellung der Weißen verhärtet. Ich musste feststellen, dass meine alten roten Freunde paranoid, zu Trinkern geworden oder völlig umgeschwenkt waren und jetzt die weiße Zivilisation auf eine Art verteidigten, die sie kurz zuvor noch für erbärmlich gehalten hatten. Oder sie brachen vollständig zusammen. All diese Leute hatten eine Vision von diesem wundervollen und wahren Utopia dort drüben in Russland aufrechterhalten, aber jetzt hatten sie gerade im
Observer
den vollen Wortlaut von Chruschtschows Rede gelesen und waren wütend, fassungslos, verbittert. Ich traf kleine Gruppen oder Einzelpersonen in irgendeiner Bergarbeiterstadt oder in einem Haus in Bulawayo oder Salisbury, und sie waren völlig verzweifelt, es hatte ihnen das Herz gebrochen. Und es gab etwas, das ich nicht sagen konnte: »Was Chruschtschow gesagt hat, ist nicht nur wahr, in Wirklichkeit war es noch hundertmal schlimmer.« – »Ja, es ist alles wahr«, sagte ich. »Ja, es tut mir leid, was Chruschtschow gesagt hat, ist wahr.«
Ich betrachtete die sich mir darbietende Szene – und ich wusste, was aus mir geworden wäre, wenn ich meine erste Ehe aufrechterhalten hätte, die Frau eines Beamten – in dieser Gesellschaft. Ich wäre eine Säuferin geworden, wäre zusammengebrochen, im günstigsten Fall wäre ich bitter und neurotisch geworden.
Ich war ein paar Tage bei meinem Bruder in seinem Haus in Marandellas zu Besuch. Wir fühlten uns beide nicht wohl dabei. Er hatte die verbohrte Kaffernfreundin zu Gast, die diese unfairen Bücher geschrieben hatte. Ich hielt mich bei einem Mann auf, den man nicht einmal als »reaktionär« bezeichnen konnte, weil seine Ansichten zu jedem
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