Schritte im Schatten (German Edition)
man nur von wenigen der anderen Leute, die ich traf, sagen konnte. Kurzum, das, was ich in Südrhodesien erlebt hatte, fand seine Fortsetzung, wenn auch modifiziert, und das nicht zuletzt deshalb, weil ich mein Recht auf Schreiben verteidigte. Ich bestand darauf, meine Zeit mit Schreiben und nicht mit dem Verteilen von Flugblättern oder dem
Daily Worker
zu verbringen. Die Frau, die Gottfried Lessing Paroli geboten hatte – »Weshalb vergeudest du deine Zeit, Schreiben ist nur bourgeoise Selbstsucht« –, war bestens gerüstet, es mit den englischen Genossen aufzunehmen. Der Druck auf Schriftsteller, auf Künstler überhaupt, etwas anderes zu tun, als zu schreiben, zu malen oder zu komponieren, weil darin nichts als bourgeoise Selbstsucht liegt, hält bis heute unvermindert an. Lediglich die Ideologien haben sich gewandelt, unter denen dies zu geschehen pflegt. Und der Druck wird auch weiterhin anhalten, weil er seine Wurzeln im Neid hat und die Neidischen nicht wissen, dass sie an einer Krankheit leiden – sie wissen nur, dass sie recht haben.
Natürlich half, dass ich inzwischen eine der anerkannten neuen Autorinnen war. Die
Afrikanische Tragödie
bekam sehr gute Kritiken, hatte gute Verkaufszahlen und sollte in andere Sprachen übersetzt werden. Auch die Kurzgeschichten,
This was the Old Chief’s Country
, verkauften sich gut. Es versteht sich beinahe von selbst, dass ich mich wegen ideologischer Unzulänglichkeiten Angriffen meiner Genossen ausgesetzt sah. So galt beispielsweise die
Afrikanische Tragödie
als von Freud vergiftet. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch kaum etwas von Freud gelesen. Die Kurzgeschichten gaben nicht die Ansichten der organisierten schwarzen Arbeiterklasse wieder. Richtig. Aber so etwas gab es nicht. Es ist unmöglich, den Schwachsinn der kommunistischen Literaturkritik zu übertreiben. Jedes Zitat erweckt sofort den Eindruck von Spott oder Karikatur – wie so vieles, was uns heute als Political Correctness begegnet.
Es war nicht nur Druck von meinen Leuten, dem ich widerstehen musste.
So lud mich zum Beispiel der Chefredakteur einer populären Zeitung, des
Daily Graphic
– der
Sun
ähnlich und längst eingegangen –, in sein Büro ein und bot mir eine Menge Geld für das Schreiben von Artikeln, in denen ich für die Todesstrafe eintreten sollte, das Auspeitschen straffällig gewordener Kinder, härtere Behandlung von Kriminellen, der Platz der Frau sei am Herd, nieder mit dem Sozialismus, Internierung von Kommunisten. Als ich sagte, dass ich in all diesen Punkten anderer Ansicht sei, sagte der Chefredakteur, ein widerwärtiger kleiner Mann, meine privaten Ansichten spielten keine Rolle. Wenn ich wolle, könne ich eine Journalistin sein, er werde mich ausbilden, und Journalisten müssten imstande sein, überzeugend über jedes Thema zu schreiben. Ich lehnte das mit seiner zunehmenden Erbitterung über mich und meine Ansichten immer großzügiger werdende Angebot ab. Ich flüchtete in eine Telefonzelle, von der aus ich Juliet O’Hea anrief. Ich brauchte dringend Geld. Sie sagte, ich solle auf keinen Fall ein Wort schreiben, von dem ich nicht überzeugt sei. Finge ich an, für Geld zu schreiben, dann würde ich eines Tages auch anfangen, es für gut zu halten, und das wolle doch keiner von uns beiden, nicht wahr? Sie halte aus Prinzip nichts von Vorschüssen, bevor sie fällig seien, aber wenn ich in einer Klemme stecke, werde sie mir einen verschaffen. Und sie werde dem Chefredakteur des
Daily Graphic
sagen, er solle mich in Ruhe lassen.
Ähnliche Angebote schlossen sich an, Versuchungen des Teufels. Nicht, dass ich wirklich versucht gewesen wäre. Aber manchmal hielt ich mich ein wenig länger in Redaktionen auf, aus Neugierde – ich konnte einfach nicht glauben, dass so etwas passierte, dass Menschen so niederträchtig, so skrupellos sein konnten. Konnten jene ernsthaft glauben, dass Schriftsteller Dinge schrieben, die ihren Überzeugungen, ihrem Gewissen zuwiderliefen, dass sie weniger als ihr Bestes geben würden, für
Geld
?
Das mit Abstand wohl Bizarrste, was ich im Gefolge der
Afrikanischen Tragödie
erleben durfte, war eine Einladung von in London zu Besuch weilenden Mitgliedern der damals noch neuen National Party, an einem ihrer Abende »eines von den Mädchen zu sein«. Ich war zu verblüfft, um abzulehnen, und viel zu fasziniert davon, dass heimische Sitten und Gebräuche hier, im fernen London, hochgehalten werden sollten. »Das englische Kricket-Team
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