Schritte im Schatten (German Edition)
beteiligt sei, der ihn interessieren könne – er beschäftigte sich selbst mit ähnlichen Plänen, alle noch im Anfangsstadium. Er kam spät zu einer Versammlung, als wir alle sanft und entspannt waren, voller Zuversicht, weil unser Plan so gut lief und alles organisiert war bis auf das Entscheidende. Arnold saß da, ohne zu lächeln, und verkündete dann: »Es gibt nur einen Menschen, der diese Sache leiten kann, und dieser Mensch bin ich.« Ted Allan witzelte, Stalin habe gesprochen. Und das war das Ende – das heißt, das Ende des Unternehmens, wie wir es uns vorgestellt hatten. Arnold zog los und gründete das »Centre 42 «, Opposition von uns erwartend. Aber jeder Einzelne von uns hatte von politischen Konfrontationen mehr als genug, und wir ließen Arnold einfach weitermachen. Was wir empfanden, war so etwas wie: »Na schön, er wird daraus herauswachsen.« Ich bin sicher, wir begriffen nicht, wie absurd diese Haltung war; schließlich waren wir selbst erst kürzlich daraus herausgewachsen. Es ist nur fair, festzuhalten, dass er in uns allen einen Haufen abgenutzter alter Marxisten sah.
Und so ist es in Wirklichkeit zur Gründung des »Centre 42 « gekommen. Wie Joan Littlewood vor ihm, musste auch Arnold Wesker feststellen, dass die Arbeiterklasse von seinen Bemühungen alles andere als begeistert war. Aber immer, wenn in Diskussionen, wie sie dann auszubrechen pflegen, die Rede auf diesen Punkt kommt, erinnere ich mich an die Bergleute in Armsthorpe, die mit Tränen in den Augen davon erzählten, wie Sybil Thorndike und andere in das Bergarbeiterdorf kamen, um für sie Shakespeare zu spielen. Und nur ein paar Jahre später erlebte ich, wie zwei idealistische junge Lehrer mit ein paar Fünfzehnjährigen aus der Arbeiterklasse Ferien machten, bevor diese mit der Arbeit und dem Erwachsenenleben begannen, und diese Ferien bestanden nicht nur aus einer Reihe von Ausflügen in die Umgebung von Oxford, sondern auch aus drei Besuchen des Theaters in Stratford. Und diese Kinder, deren Eltern nie auch nur in die Nähe eines Theaters gekommen waren, waren vom Theater begeistert, von Shakespeare begeistert. Offenbar war die organisierte Gewerkschaftsbewegung der falsche Weg; der Name »Centre 42 « entstammte einer Resolution, die 1960 auf dem Gewerkschaftskongress verabschiedet worden war und verlangte, dass der Zustand der Künste untersucht werden sollte.
Was mir heute, in der Rückschau, so erstaunlich erscheint, ist, für wie wichtig wir das alles hielten, unsere Pläne zur Schaffung eines »neuen« Theaterstils, der sich schließlich bestens ohne uns entwickelte.
Ein trauriger Witz: Das »Round House [36] «, auf das Arnold Wesker seine Bemühungen konzentrierte, bis er aufgeben musste, wurde so ziemlich das, worauf wir bei unserem ursprünglichen Plan gehofft hatten. Eine Menge Leute waren daran beteiligt, und es gab Workshops, Vorträge, eine Buchhandlung und Restaurants und viele Inszenierungen aus anderen Ländern. Das »Round House« war ein liebenswürdiger Ort, um dort seine Abende zu verbringen. Es würde noch heute florieren, aber die kalte Hand der Ideologie schlug abermals zu. Der »Camden Town Council« entschied, dass es genau der richtige Ort für ein künstlerisches Zentrum für Schwarze war. Weshalb, wo doch die meisten Schwarzen in anderen Teilen Londons lebten, weit vom »Round House« entfernt? Aber gegen Ideologien kann man nicht argumentieren. Sie haben ihr Schwarzen-Zentrum nie in Betrieb genommen, aber sie hatten zerstört, was da war, und das »Round House« hat jahrelang leer gestanden und steht immer noch leer. Manchmal, wenn ich daran vorbeifahre, frage ich mich, was diese linken Stadträte empfunden haben mögen über das, was sie getan haben: vermutlich ein kleines, geheimes Gefühl der Befriedigung, denn ich bin sicher, dass sie im Grunde ihres Herzens vor der Kunst Angst haben. Vermutlich hassten sie die anarchische, lebendige, florierende, jugendliche Atmosphäre des »Round House«.
Das »Komitee der Hundert« organisierte eine große »Demo« auf dem Trafalgar Square für Sonntag, den 18 . September 1960 . Sie wurde sofort von der Polizei verboten. Das war nicht sonderlich intelligent. Zum einen benahm sie sich damit genau so, wie ihre schlimmsten Feinde es von ihr behaupteten. Zum anderen hatte es seit mehr als einem Jahrhundert schon immer große Demonstrationen auf dem Trafalgar Square gegeben, und eine von ihnen ausdrücklich zu verbieten, war eine Beleidigung
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