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Schritte im Schatten (German Edition)

Schritte im Schatten (German Edition)

Titel: Schritte im Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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dieser ganzen Geschichte. Dann war da noch der praktische Aspekt. Auf den Trafalgar Square münden so viele Straßen, dass Hunderte von Polizisten erforderlich waren, um die Leute fernzuhalten. Und da war eine Kleinigkeit, die die Polizei übersah: Am Trafalgar Square liegt die National Gallery, aber die war als Ort vermutlich nicht auf ihrer geistigen Landkarte verzeichnet.
    Ich weiß von Leuten, die die obersten Ränge der Polizei kennen, dass jene die intelligentesten, reizendsten, bewundernswertesten Leute der Welt sind, aber die meisten von uns begegnen der Polizei auf der Ebene Alltag, und meinen Erfahrungen zufolge sind die Leute dort nicht sonderlich intelligent. Ich bin weiß, gehöre zur Mittelschicht und bin jetzt, nach zehn Jahren in London, im mittleren Alter und stelle deshalb nicht die Art von Person vor, die die berüchtigte Brutalität der Polizei auf sich lenkt, aber ich habe Freunde unterschiedlichster Hautfarbe und verschiedenen Alters, die ihre Opfer wurden. Zudem verfüge ich über ein großes Repertoire an Ereignissen, bei denen Polizisten beteiligt waren und sich nicht als roh und gefühllos, sondern lediglich als dumm erwiesen haben.
    Eine kleine Sache, sehr aufschlussreich. Ich war Zeugin eines Verkehrsunfalls; ein Polizist kam und befragte mich und merkte dabei an, dass er aus dem Polizeidienst ausscheiden wollte, dem er noch nicht lange angehörte, weil ihm nicht gefiel, was er tun musste. »Zum Beispiel?«
    »So viel lügen«, sagte er.
    Die Polizei ist seither mehr als nur einmal reformiert worden.
    »Wie kann die Polizei nur so dämlich sein?«, schallten in der Woche vor der Konfrontation freudig empörte Stimmen durch das Fußvolk. Denn jedermann wusste, dass es zu einer Konfrontation kommen würde. Eine Menge Leute freuen sich darauf. Ein Zusammenstoß. Eine Auseinandersetzung. Zu viele Leute haben Spaß an so etwas.
    Vor diesem Sonntag hatte ich zwei Besucherinnen. Die eine war Shelagh Delaney, die sagte, sie hasse Demos und Unruhen, ja sogar schon größere Menschenansammlungen, aber sie müsse wohl mitmachen. Ich teilte ihre Auffassung. Die andere war Vanessa Redgrave, fiebrig erregt wie eine wunderschöne junge Johanna von Orléans oder Boadicea, die sich über die Brutalität der Polizei ausließ. Sie richtete sich zu ihrer ganzen eleganten Größe auf und fragte: »Wie können Sie nur daran denken, an einem solchen Abend schlafen zu gehen?« Es ist ein Klischee, dass das Stadium, dem man gerade entwachsen ist, einem unerträglich ist, wenn man es bei jemand anders entdeckt, und ich dachte: Oh mein Gott, genauso war ich vor gar nicht langer Zeit, wie haben die Leute mich nur ertragen?
    Am Sonntagmittag, kurz bevor der Trafalgar Square abgeriegelt wurde, begaben sich Hunderte von uns in die National Gallery. Dort traf ich John Osborne, und wir vertrieben uns auf recht angenehme Weise miteinander die Zeit. Kurz vor dem Beginn der Demonstration scharten wir uns alle zusammen, und ich ergriff Johns Arm, um ihn zu stützen, denn ihm war zuwider, was wir taten; er fühlte sich miserabel. Wir gingen inmitten einer großen Menge die Treppe der National Gallery hinunter, wanderten auf den Platz und setzten uns hin. Um uns herum Polizei. Viele von denen, die sich hingesetzt hatten, beleidigten und verhöhnten wie gewöhnlich die Polizisten, und wie gewöhnlich fanden einige von uns das kindisch und sinnlos. So ging es weiter und weiter. Jeder von uns wusste, dass die Polizei in dem Augenblick, in dem Fernsehen und Presse abzogen, auf den Platz vordringen und anfangen würde, uns zu verhaften. Ich saß neben John. Oscar Beuselink, sein Anwalt, mit dem er sich später zerstritt, war gleichfalls dabei. Oscar sagte zu mir: »Wie kommt es, dass da Hunderte von Leuten sind, aber John behandelt wird, als wäre er ein Invalide oder ein Rekrut, der zum ersten Mal in die Schlacht zieht?« Stimmt, aber Menschen werden so behandelt, wie sie es verlangen oder brauchen. Tatsache ist, dass John sich krank fühlte. Die meisten Leute hatten einen Mordsspaß. Da saß Bertrand Russell wie ein kleiner Terrier mit seinem Gefolge. Da war Lindsay Anderson, ernst, martialisch, wie immer jedermann missbilligend. Fast alle Leute, die ich kannte, schienen da zu sein. Mir war aus verschiedenen Gründen nicht wohl zumute; einer davon war Peter, der direkt hinter dem Polizeikordon wartete, sehr nervös, obwohl ich ihm versprochen hatte, dass ich mich nicht in eine Situation bringen würde, in der auf mich

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