Schritte im Schatten (German Edition)
wenn wir uns trafen, auf mich und sagte immer vorwurfsvoller: »Es ist deine Pflicht, mich in die Freuden dieses heterosexuellen Sex einzuführen, von dem wir so viel hören.«
Und nun ein umstrittenes Thema, amerikanische Männer. Die Dinge mögen sich geändert haben, weil sie das immer tun, aber damals wurden massenhaft Vergleiche angestellt, mehr oder minder boshaft. Eine Frau kann als Partner nicht zuerst einen Mann aus Mitteleuropa und dann einen aus Amerika haben, beide Schürzenjäger aus Prinzip, ohne über die Unterschiede nachzugrübeln. Ich sage hier »Schürzenjäger« und nicht »Liebhaber von Frauen«, denn niemand hätte – damals – den Amerikanern diese willige, wenn auch manchmal launenhafte Unterwerfung unter die Magie und den Irrsinn der Liebe vorwerfen können, die wir romantisch nennen. Alle Amerikaner, die ich kannte, hatten eine ganz bestimmte Einstellung zum Sex – wir wollen es nicht Liebe nennen –, und alle spielten sie eine Rolle. Mannsbild. Zäher Bursche. Wo kam das her? Ich glaube, wie der Jazz und eine Menge anderes in der amerikanischen Kultur aus der Kultur der Schwarzen. Ein echter Mann nimmt sich, was ihm zusteht, und verschwindet – nein, fickt die Frau und verschwindet. Es lag etwas Gewolltes darin und etwas Freudloses. Sie sind praktische Männer, die mit beiden Beinen auf der Erde stehen. Oder waren es. Und die Essenz dieses maskulinen Frauenbezwingers und -unterwerfers ist – mit ziemlicher Sicherheit – etwas Aktives, Dominantes, das, was das Tempo bestimmt und die Grenzen zieht. Aber wie wir alle wissen, können sich Extreme begegnen und in ihr Gegenteil umschlagen.
Man stelle sich ein Zimmer vor und darin etliche Frauen, alle Europäerinnen, und es ist Mitte der sechziger Jahre. Wir haben alle amerikanische Liebhaber genossen – nein, Bettgenossen erlebt –, und zwei von uns haben tatsächlich denselben Mann gehabt oder sind von ihm »besessen« worden. Solche Gespräche unter Frauen sind ziemlich ungewöhnlich – sie waren es jedenfalls damals, und alles passierte zufällig. Da saßen wir, ungefähr zehn von uns; die Unterhaltung wanderte von einem Thema zum anderen. Die Schlussfolgerungen, die ich liefere, sind zu vielfältig, um das Ergebnis der Recherchen nur einer einzigen Frau zu sein.
Waren wir alle der Ansicht, dass amerikanische Männer mit dem Kopf und nicht mit dem Herzen liebten? Ganz eindeutig; ihre Herzen waren nicht beteiligt. Waren wir alle der Ansicht, dass in diesen Köpfen eine Vorlage für das Verhalten gegenüber Frauen herumgeisterte, im Bett und außerhalb davon, und dass sie nicht aus einem tiefen Instinkt heraus agierten – oder fickten – oder (Gott behüte) dem Verlangen nach Liebe Ausdruck gaben, sondern aus dem Bedürfnis, sich selbst zu beweisen, dass sie wirklich tolle Burschen waren? Hier wurde D. H. Lawrence zitiert: »warmherziges Ficken« zum Beispiel. Es ist interessant, wie oft dieser Schriftsteller in Unterhaltungen dieser Art zitiert wird. Denn wenn er auch nur sehr wenig über Sex wusste, so wusste er doch eine Menge über die Liebe. Aber in Klammern: Vielleicht sollten wir uns alle daran erinnern, dass die Fachkenntnisse in Sachen Sex, auf die wir alle so stolz sind, jüngeren Datums sind; an der Unwissenheit von Lawrence war damals nichts Ungewöhnliches; sie war allgemein.
Es war, als ob – darin waren wir uns alle einig – im Solarplexus unserer männlicher Akteure ein kalter Ort steckte, ein eisiges Vorgebirge, der Fortsatz eines Kontinents, der nur aus Tundra bestand. Da war der intelligente Kopf, da waren der heiße Pimmel und die heißen Eier, aber dazwischen – eine kalte, defensive Stelle.
Die Unterhaltung schweifte auf das Erbe der Troubadours und Trouvères in Frankreich ab, im herrlichen Frankreich, denn sprach nicht vielleicht etliches dafür, dass das Lieben auf eine gewisse poetische und sogar fantasievolle Art niemals Deutschland erreicht hatte, dessen Kultur Amerika und vor allem seine Universitäten so nachhaltig beeinflusst hatte …? Nun, das war die Art von Unterhaltung, und ihr Höhepunkt wurde erreicht, als eine Frau vom Fernsehen eine kleine Geschichte von einem amerikanischen Filmemacher erzählte, ein Musterbeispiel für Pimmel und Eier, der über ihr hing wie ein gespannter Bogen, aber bewegungslos, und sie aufforderte: »Benutze ihn, verdammt noch mal, benutze ihn.« War das nicht das Extrem der Passivität, der Mann als Fickmaschine, zum Vergnügen der Frau, etwas,
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