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Schritte im Schatten (German Edition)

Schritte im Schatten (German Edition)

Titel: Schritte im Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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unromantischen Engländer nicht nur die Gegenstücke zu den »schwesterlichen«, direkten Frauen, die, wenn sie wüssten, wie man sich weiblicher Listen bedient, sie verachten würden?
    Sie sind Homosexuelle, kommt die Klage; das liegt an den reinen Jungenschulen, die sie besuchen. Aber ich finde, dass Engländer die romantischsten Männer auf der Welt sind, und zwar gerade, weil sie in Jungenschulen eingesperrt waren, schon als Siebenjährige, und mit dem Kopf unter der Decke nach ihrer Mama geschluchzt haben. Nichts trägt stärker als Entbehrungen in der frühen Kindheit dazu bei, Leute (Männer und Frauen) heranzubilden, die gründlich und mehrmals einer unerreichbaren Liebe verfallen. Einige verbringen ihr ganzes Leben mit ihren romantischen, von unerreichbarer Liebe bevölkerten Fantasien. Doch wenn sie endlich einen passenden Partner gefunden haben, sind sie die besten Liebhaber, die intelligentesten und – was am wichtigsten ist – die lustigsten. Was mit den Engländern nicht stimmt, ist nicht, dass sie Frauen hassen oder sie nicht leiden können, sondern dass sie ihre prägenden Jahre ausschließlich mit männlichen Wesen verbracht haben. Das Leben in einer privaten Jungenschule ist hart. »Wenn man in einer englischen Privatschule war, dann ist das Leben im Gefängnis oder als Geisel eine bloße Bagatelle« – das haben wir erst kürzlich wieder gehört. Und wenn die Privatschulen heute auch weniger brutal und einschüchternd sind als damals, so sind sie doch immer noch vor allem Hierarchien mit einer militärischen Struktur. Nach Jahren des Heranwachsens in einer »Humanitätslücke«, anfangs krank vor Heimweh und dann emotionale Kälte lernend; eine Art von Wärme im Sex mit anderen Jungen oder in intensiven emotionalen Freundschaften findend … flüchten sie sich in die romantische Liebe zu Frauen, angetrieben von Erinnerungen an die Entbehrungen ihrer Kindheit und Jugend. Und sie werden älter, heiraten oder auch nicht, und immer fehlt etwas, und das ist das Zusammensein mit Männern. Frauen, die mit einem Engländer verheiratet sind, müssen weitaus weniger befürchten, sie an eine andere Frau zu verlieren als an den Club oder die Kameraderie des Büros oder irgendeines anderen Ortes, wo Männer in Gruppen beieinander sind. Der Grund dafür ist, dass keine romantische oder sentimentale oder häusliche Liebe je an die Intensität dieser Jahre in der Schule, mit der Kameradschaft unter Soldaten vergleichbar, heranreichen kann. Inzwischen wissen wir alle, dass schmerzhafte und unangenehme Erfahrungen nachhaltige Eindrücke hinterlassen; was uns auf tausenderlei Arten beigebracht wird, ist Masochismus. Es ist eine grauenhafte Tatsache, dass Soldaten grausame Offiziere anbeten können: »Ich würde dem brutalen Kerl bis in die Hölle und zurück folgen.« – »Die besten Jahre meines Lebens«, sagen alte Soldaten, wenn sie auf den Horror des Krieges zurückschauen, aber sie waren überaus lebendig und vor allem in enger und ungefährlicher Gesellschaft von Männern.
    Aber Sie reden von Jungen, die Privatschulen besucht haben, und das ist doch bestimmt nur eine kleine Minderheit, könnten sich Leser beschweren. Stimmt. Aber das betrifft keineswegs nur die oberen Gesellschaftsschichten. Der aufschlussreichste Schlüssel zu den dunklen Tiefen der Psyche des englischen Mannes, ein kleines Stück Beweismaterial, ist diese ständig wiederkehrende britische Komödiensituation: Ein unzugänglicher oder unwissender oder – und hier ist die eigentliche Essenz –
ernsthafter
Mann wird von einer Frau bedrängt, die ihn liebt oder es auf ihn abgesehen hat. Das kann gutmütig sein oder auch grausam, aber die Frau ist eine Witzfigur, sie ist lächerlich. Es ist eine rituelle Demütigung, und sie findet immer und immer wieder statt; es gibt kaum eine britische Komödie ohne sie. Oder da ist dieser aufrechte Engländer, und er findet sich in einem Harem oder einer Gruppe von sexy Frauen, aber er reagiert mit stoischer Gleichgültigkeit auf ihre absurden Listen. Und gewiss ist es kein Zufall, dass
»Nicht heute Abend, Josephine!«
ein beliebter und immer wieder zitierter Witz ist. Nur in Großbritannien – oder vielleicht sollte ich sagen, in England … Und trotzdem muss ich jetzt gestehen, dass es zwei Männer gab, die ich heiraten oder mit denen ich mein ganzes Leben hätte verbringen können, und sie waren Engländer.
    Es gibt eine Klage von Frauen, ich glaube, eine neue, eine Begleiterscheinung der

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