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Schritte im Schatten (German Edition)

Schritte im Schatten (German Edition)

Titel: Schritte im Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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das sie benutzen sollte (aber war das Wort »Vergnügen« mit seinen frivolen Assoziationen hier überhaupt angebracht?). Hier war die totale Verkörperung des tollen Kerls, aber im Augenblick der Wahrheit gab es Passivität und Instruktionen, wie man ihn benutzen sollte. War das nicht ein Fall von einem Extrem, das sich ins Gegenteil verkehrt? Ja, das war es so ziemlich – zumindest zu jener Zeit, denn wenn man Romane und andere Zeugnisse der amerikanischen Kultur liest, stellt man fest, dass es nicht immer so war. Nein, eine bestimmte Zeit brachte die Fickmaschine hervor, die, wie es nun einmal der Lauf der Dinge ist, inzwischen verschwunden ist. Oder etwa nicht? Hat der Feminismus das warme Herz wiederhergestellt, den männlichen Solarplexus, der heißes Verlangen ausstrahlt wie eine kleine Sonne?
    Vermutlich das Interessanteste an dieser lange zurückliegenden Unterhaltung ist ihr Ton, so weit von der Gehässigkeit der »Grausamen Schwestern« entfernt. Viele Jahre – Jahrzehnte, vielleicht Jahrhunderte – lang haben sich Frauen über den Mangel an Sensibilität bei den Männern beklagt und über ihre Lieblosigkeit, aber kaum haben die Frauen ein bisschen Macht errungen, da gestatten sie sich schon einige der gemeinsten Manifestationen der menschlichen Natur und heißen sie sogar gut.
    Ein Fernsehprogramm: Vor etlichen Millionen Zuschauern sagt eine emanzipierte Frau: »Mein Mann ist ein ziemlicher Schwächling.«
    Man drehe es um: »Meine Frau ist eine sehr ängstliche Seele. Keine Spur von Mut.« Oh, das
gemeine
Schwein.
    Eine Dinnerparty. Die Frau, beiläufig: »Meine beiden Ehemänner …« Der Ehemann: »Aber es waren doch drei, Darling.« »Oh, dich habe ich nicht mitgezählt; von dir habe ich kein Kind.«
    »Meine Frau ist eine Enttäuschung für mich. Sie ist unfruchtbar.« Der
Dreckskerl
.
    Eine andere Party: »Mein Mann bekommt ihn oft nicht hoch. Er ist semi-impotent.« Und das mit lautem Lachen.
    Monsieur Sorel in
Rot und Schwarz
, der Archetyp des beschränkten, gefühllosen, flegelhaften Ehemanns, höhnisch: »Die empfindliche Maschinerie der Frauen …«
    Erst vorige Woche bekam ich einen Brief von einer Amerikanerin: »Denken Sie jemals über die weiblichen Monster nach, die Sie mit dem
Goldenen Notizbuch
von der Kette gelassen haben? Sie hassen die Männer und hassen Frauen, die Männer lieben.«
    Eine Szene: Eine berühmte amerikanische Feministin besucht London, und ich suche sie auf, zusammen mit einem Mann, der beharrlich eine feministische Position vertritt und das schon getan hat, bevor es Mode wurde. Während wir durch das Hotel gehen, schlägt sie ihm absichtlich eine Tür nach der anderen vor der Nase zu.
    Eine Szene: In einem Gebäude, in dem ein feministischer Verlag residiert, gibt es noch andere Büros, von denen eines regelmäßig von einem meiner Freunde aus dem Mittleren Osten aufgesucht wird, der zufällig ein Musterexemplar von Ehemann und Vater ist. Er brauchte lange Zeit, sagte er, um zu begreifen, warum jedes Mal, wenn er an der Tür des Verlags vorbeiging, eine der Frauen herauskam und ihm mit aller Kraft auf den Fuß trat. Er war Moslem, und Moslems versklaven Frauen.
    Und besonders deprimierend war, dass die »Grausamen Schwestern« Derartiges für
politische
Aktionen hielten.
    Vor Kurzem beklagte sich eine Gruppe von Frauen im Fernsehen darüber, wie rüde die Männer sie behandelten, und stellte fest, alle Männer seien Drecksäcke.
    Hätten wir dieses Aufblühen gemeiner Dummheit vorhersehen können? Ja, das hätten wir, weil jede politische Massenbewegung im menschlichen Verhalten das Niederträchtigste freisetzt und es bewundert. Jedenfalls eine Zeit lang.
    In den letzten dreißig Jahren war es wahrlich nicht leicht, Feministin zu sein.
    Heute sind Engländer, sofern das überhaupt möglich ist, ein noch umstritteneres Thema als Amerikaner; englische Frauen sitzen ständig zusammen und beklagen sich über englische Männer. Sie mögen im Grunde keine Frauen, sie mögen im Grunde keinen Sex. Englische Frauen suchen bei ihren Landsleuten nach wahrer Liebe, finden sie aber oft bei Männern, die keine Engländer sind. Es kommt des Öfteren vor, dass englische Frauen ins Ausland reisen, um sich Liebhaber zu suchen, »nur um mich daran zu erinnern, dass ich immer noch eine Frau bin«. Das wahre Problem ist nicht, dass kein Mangel an einfallslosem Sex herrscht, sondern dass es am richtigen Umgang mit der Einfallslosigkeit in den Betten mangelt. Aber sind diese

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