Schritte im Schatten (German Edition)
sexuellen Gleichheit, und sie lautet so: Hier bin ich, eine attraktive Frau, ich koche wie ein Engel, ich bin gut im Bett, ich bin finanziell unabhängig – bestimmt ein guter Fang für jeden Mann. Aber obwohl sie sich scharenweise in mich verknallen, gehen sie los und ziehen mit irgendeinem grünen Mädchen zusammen.
Als das zuvor erwähnte hoffnungslose und hilflose Gelächter mich überfiel, war genau dies das Beste daran; und es war die längst überfällige Erkenntnis einer Absurdität. Wie es einer unserer berühmtesten Dichter ausgedrückt hat, mit einer wundervollen Ehrfurcht vor dem Reichtum der Natur: »Jedes Jahr purzeln sie aus ihren Schulen heraus, diese reizenden Mädchen, so sicher wie Blumen im Frühling, und ich frage mich immer, was haben wir getan, um sie zu verdienen?«
Eine traurige kleine Geschichte am Rande: Eine Freundin von mir, Ende vierzig, attraktiv, klug, kompetent, belesen, in politischen Dingen gut informiert und finanziell unabhängig, empfand es als unfair, dass eine Frau wie sie nicht höher eingeschätzt wurde als irgendein Nymphchen. Nach zu vielen unglücklichen Erfahrungen verkündete sie ihren Freundinnen, dass ihr ein Licht aufgegangen sei. Was sie wollte, war ein Mann in mittleren Jahren, intelligent, belesen und an Politik interessiert, nicht, um mit ihm zu leben oder um ihn zu heiraten, sondern mit ihm Spaziergänge, Mahlzeiten, Theaterbesuche und das Bett zu teilen, »wenn es uns überkommt. Ich will nie wieder mit einem Mann in meinem Bett aufwachen und dann Frühstück für ihn machen müssen. Und eines kann ich euch versichern: Ich bin für meinen allerletzten vielversprechenden Dichter oder Musiker ein Hafen im Sturm gewesen.«
Gleichzeitig erklärte ein gut aussehender, belesener, begehrenswerter Mann in mittleren Jahren, er habe die Nase restlos voll von diesen Mädchen, die er immer wieder geheiratet und von denen er sich dann wieder habe scheiden lassen, und er wolle eine reife, finanziell unabhängige, belesene Frau, die nicht bei ihm einziehen wolle. Was er jetzt am meisten schätze, sei seine Unabhängigkeit.
Und nun machte sich eine Gruppe von uns ans Werk – und mit wie viel Takt, Vorsicht und Verschlagenheit. Keiner der Protagonisten hatte auch nur eine Ahnung von dem, was da vorging. Wir planten eine Party, eine lockere Angelegenheit, mit so vielen Leuten, dass nichts auffiel. Und Folgendes passierte: Betty – so wollen wir sie nennen – kam gleichzeitig mit ihm, den wir Jeffrey nennen wollen. Sie fielen einander sofort auf und verfielen sofort in eine hitzige Diskussion. Wir, die Beobachter, waren erfreut, da unterschiedliche Ansichten oft zu einem Happy End führen. Aber leider: Eine ganze Weile später erschien die uneingeladene Tochter einer der Verschwörerinnen, ein sich für sein Erscheinen entschuldigendes, ungefähr zwanzigjähriges Mädchen, das von seinem Schicksal angezogen wurde wie ein kleines Boot von einem Wasserfall, und sie und Jeffrey gingen gemeinsam, um sich auf eine weitere unglückliche Beziehung einzulassen, während Betty mit einem jungen, gerade aus den Midlands in London eingetroffenen Schauspieler abzog. Er war hungrig, er sagte laut: »Um Gottes willen, nimmt mich denn keine gute Frau mit nach Hause und füttert mich?«
Damals lebten in London zwei Männer, die sich beide schon seit langer Zeit den Gefahren, als Ehemann oder »Partner« erwählt zu werden, entzogen hatten, die einander in jeder Beziehung unähnlich waren, und trotzdem hätte in beider Pässe unter der Rubrik »Beruf«
Sex
stehen können.
Der eine war Südafrikaner, und er hatte die klassische schlimme Kindheit hinter sich, brutaler Vater, Schläge, Kälte und ein frühes Entkommen in die Unterwelt einer großen Stadt. Er hatte sich ein Haus gebaut, das einem Tempel glich – nicht für die Liebe, ganz und gar nicht, sondern für Sex. Wie hatte dieser arme Junge das geschafft? Es war ein sehr schönes Haus. Lieber nicht fragen. Es war ein gewalttätiges und sentimentales Haus; wieder stoßen wir auf die Verbindung zwischen Sentimentalität – die Tränen in den Augen, als ob ein unsichtbarer Beobachter die Tränen zählte, von denen jede ein Beweis für übergroße Sensibilität war – und Schmerz, aber nicht notwendigerweise körperlichem Schmerz, denn dies war in erster Linie eine psychische Beherrschung. Die Frauen – jeglichen Alters – wurden angebetet, wurden verehrt und unterworfen. Diese Art von Sex ist nicht jeder Frau Sache.
Der
Weitere Kostenlose Bücher