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Schroders Schweigen

Schroders Schweigen

Titel: Schroders Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amity Gaige
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waren, weil ihre Chancen auf ein gemeinsames Leben irgendwie von kosmischen Mächten durchkreuzt worden waren. Meadow schob die Falttür zurück und schaltete mit dem Ärmel das Licht an. Dieser Raum wurde von einem wärmeren, weniger fluoreszierenden Licht erhellt, es gab ein Etagenbett und einen roten Sitzsack. April und ich traten an die Tür.
    »Gefällt’s dir, Spatz?«
    Meadow nickte.
    »Ich weiß, dass es hier auch Spielsachen gibt. Gute Sachen. Magst du Lincoln Logs? Guck mal.« April bückte sich, zog einen mürben Pappkarton aus einem Regal und warf ihn auf den Boden. »In deinem Alter hab ich immer gern was gebaut. Baust du auch gerne irgendwelchen Scheiß?«
    Meadow nickte. Sie griff in den Karton und begann die genoppten Plastikbauklötze auszupacken. Als sie beschäftigt wirkte, stand April auf und wischte sich die Hände ab.
    »Na dann«, sagte sie und ging hinaus.
    Ich folgte ihr in den Küchenbereich. Sie öffnete ein paar Schränke.
    »Lecker«, sagte sie, »Baked Beans.«
    »Das alles ist nett von dir«, sagte ich. »Sehr, sehr nett.«
    Sie zuckte mit den Achseln, zog einen Dosenöffner aus einer Kaffeedose und machte sich daran, den Deckel aufzuschrauben. Die Dose ging auf. Sie steckte ihre Nase hinein und schnupperte.
    »Wenn’s ginge, fänd ich’s schön, wenn du vor dem Mädchen ein bisschen auf deine Ausdrucksweise achtest.«
    »Pass du lieber auf deine Ausdrucksweise auf«, erwiderte April. »Wer ist denn hier der Verbrecher?«
    »Du hast jedes Recht, wütend auf mich zu sein«, sagte ich.
    »Ich bin nicht wütend, ja? Nur hungrig und müde.«
    »Sie ist immerhin meine Tochter, klar? Ich hab sie niemandem weggenommen. Und ich würde ihr niemals etwas antun.«
    »Verschon mich damit.«
    »Ich und meine Ex, wir sind das Problem. Sie wollte mir den Umgang mit ihr verbieten. Und wenn ich jetzt nach Hause zurückgehe, werde ich sie nie wiedersehen, so viel steht fest.«
    Seufzend schob April den Stecker der Herdplatte in die Steckdose und leerte schwungvoll zwei Dosen Bohnen in eine Bratpfanne. Ich griff in die Kaffeedose und reichte ihr einen Löffel.
    »Danke«, sagte sie.
    »Ich sag dir mal, was ich verbrochen habe. Ich habe die mir vom Gericht zugesprochene Besuchszeit überzogen. Mehr nicht. Und ein Auto geklaut. Und meine komplette Identität gefälscht.« An der Stelle fing ich an zu lachen – ein langes, ausgewrungenes Lachen, das längst fällig gewesen war. Ich lachte so lange, bis mir April zum Wegwischen der Tränen ein Geschirrtuch reichte. Ich musste mich mit beiden Händen gegen die Theke stützen, bis ich mich wieder eingekriegt hatte.
    »Danke«, sagte ich, nur noch leise glucksend. »Danke. Ich danke dir.«
    »Da«, sagte sie, nahm einen zweiten Löffel aus der Kaffeedose und tauchte ihn in die Bohnen. »Nimm. Iss. Dies ist mein Leib.«
    Sie steckte mir den Löffel in den Mund. Die Bohnen waren süß und warm.
    »Danke«, sagte ich und lehnte mich an sie. »Vielen, vielen Dank.« Da sie in der einen Hand den Löffel und in der anderen die Pfanne hielt, konnte sie meine Umarmung nicht erwidern. Dennoch stand ich da, lehnte mich an sie, meine Nase in ihrem Haar vergraben.
    »Hallo«, sagte ich.
    »Konzentrier dich, John. Deck den Tisch.«
    Sie reichte mir einen dritten Löffel. Ich ging zum Tisch und sah mich noch einmal im Zimmer um. So schlecht ist das gar nicht, schoss es mir durch den Kopf. Wenn’s sein musste, könnten wir hier eine Weile bleiben. Es wäre nicht schwer, was draus zu machen. Einen Eimer Farbe, ein Schaffell auf dem Boden, ein paar Lampen vielleicht.
    »Das heißt, du bist sicher, dass dein Cousin heute Abend nicht wiederkommt?«
    »Ja, ganz sicher.«
    »Wann kommt er denn wieder?«
    »Die nächsten vier Jahre jedenfalls nicht, es sei denn, er kommt auf Bewährung frei.«
    Ich drehte mich um und blickte sie an. »Er sitzt im Gefängnis?«
    »Ach, John. Jetzt guck doch nicht so schockiert. Du brichst einem echt das Herz.«
    April drehte die Herdplatte aus, kam zu mir und nahm mein Gesicht in ihre Hände.
    »Armer John«, sagte sie und küsste mir beide Wangen. »Du bist der schlechteste Verbrecher, der mir je begegnet ist.«
    Ich fiel gegen sie. Wir lehnten uns gegeneinander, gleich schwer. Ich merkte, wie sich mir die Kehle zuschnürte, und ich schlug die Hände vor die Augen.
    »Ich bin eine Katastrophe«, sagte ich, den Mund in ihren Haaren. »Ein einziges Desaster. Alles, was ich anfasse, verwandelt sich in Dreck.«
    »Nein. Ich bin sicher, dass das

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