Schröders Verdacht - Der Italien-Thriller (German Edition)
verwahrlosten Zustand irritiert fühlten. Schröder registrierte die abfälligen Blicke, nahm aber nicht weiter Notiz davon. Mehr interessierte ihn schon das karge Mahl, das er serviert bekam. Er hielt das Brot in der Hand und suchte etwas zum Drauflegen.
"Unglaublich, was?", sagte der Mann am Nachbartisch laut.
Schröder vermutete in ihm einen deutscher Handelsreisenden. Unangenehmer Typ.
"Italienisches Frühstück!", lachte der zischend. "An dem Tag, als die Italiener ihre Küche erfunden haben, gerühmt in aller Welt, verehrt wegen ihrem Temperament, gewürzt mit dem Tenor singender Köche, gespickt mit der Liebe unzähliger Feinschmecker und Vielfraße, da müssen sie wohl das Frühstück verschlafen haben."
"Sind Sie Schauspieler?", fragte Schröder den Mann.
"Nein nein, geschäftlich hier", antwortete der Mann lachend. "Und Sie?"
"Auch geschäftlich", gab Schröder trocken zurück.
"In dem Aufzug?", fragte der Mann und lachte wieder viel zu laut.
"Ist nicht jeder so schick wie Sie!", sagte Schröder. "Aber Sie könnten mir Ihren Anzug leihen."
Der Mann schnitt ein griesgrämiges Gesicht und drehte sich weg.
Nachdem er zwei vertrocknete Panini gegessen hatte, die er mit schlechtem Kaffee hinunter gewürgt hatte, ging Schröder zur Rezeption. Er verlangte die Rechnung, wobei er seine Eurocard auf den Tresen legte. Der Mann an der Rezeption nahm die Karte, schob sie durch das Lesegerät und gab die Zimmernummer ein. Auf dem Bildschirm erschien der Rechnungsbetrag. Schröder bat noch um Bargeld, das der Mann mit einigem Murren auf die Karte buchte. Er betätigte einen weiteren Schalter, woraufhin über Telefonleitung überprüft wurde, ob die Karte als gestohlen gemeldet war. Der Betrag wurde direkt bei der Zentrale der Eurocard registriert. Schröder brauchte nur zu unterschreiben. Mit diesen neuen Lesegeräten war das Kreditkartenwesen einen erheblichen Schritt weitergekommen. Der Mann gab Schröder das Bargeld. Schröder bedachte ihn mit einem üppigen Trinkgeld, worauf sich der mürrische Kerl doch noch sehr freundlich gab.
Schröder verließ das Hotel und hielt auf der Straße ein Taxi an, das ihn zum Bahnhof bringen sollte. Er setzte seine Sonnenbrille auf und sah sich vorsichtig um. Er hatte niemand gesehen, der ihm verdächtig erschien und stieg in einen Zug, der nach Norden fuhr. Saltini ließ vielleicht alle in Frage kommenden Bahnen überprüfen. Deshalb würde er in Neapel einen Zug besteigen, der nur noch in Rom und dann in Florenz halten würde. Von dort aus würde er nach Prato fahren, wo er übernachten wollte. Florenz war zu auffällig. Prato lag im Schatten von Florenz und wurde deshalb kaum beachtet. In diesem Fall war es Schröder recht. In Prato würde er sich ausruhen und überlegen können, wo er auf seine Kontaktperson aus Deutschland warten könnte – wen immer Montag für ihn ausgesucht und überredet hatte.
*
Dreher war zu Fuß unterwegs. Die Vaalser Straße lag im Schein der Nachmittagssonne. Die stand am Ende der Straße genau im Westen und wies der endlosen Autoschlange den Weg ins wenige Kilometer entfernte Holland. Dreher warf einen kurzen Blick auf die Klingelzeile an dem Miethaus und drückte einen der abgegriffenen Knöpfe. Er sah auf die Schlitze, hinter denen ein kleiner Lautsprecher angebracht war.
"Ja bitte?" Die Frauenstimme klang trotz der miserablen Tontechnik vertraut.
"Hallo Bärchen, hier ist Fritz."
"Komm rauf!" Drehers Anrede schien ihr vertraut zu sein.
Dreher stemmte sich gegen die Tür. Ein Summton kündigte ihm das Nachgeben des Schlosses an. Er eilte zur Treppe und sprang die vier Stufen hoch wie früher. Aber es war einige Jahre her, dass er hier regelmäßig ein– und ausgegangen war.
"Na, wie geht's dir?" Die Frage klang fröhlich und hallte schon durch das Treppenhaus, als er noch eine Etage tiefer war.
"Danke, kann nicht klagen!" Er nahm die schlanke dunkelhaarige Frau in seine Arme. Monika Pfeiffer lächelte und drückte ihn nochmals an sich. Ihre hellen Augen glänzten vor Frohsinn. Sie hatten sich längere Zeit nicht gesehen.
"Kaffee ist gerade fertig, was meinst du?"
"Nun, bevor er warm wird."
"Immer noch dieselben schlechten Witze."
"Gibt's wenigstens Kuchen dazu?"
"Sonst noch was?"
Dreher lachte leise. Es war eine schöne Zeit mit ihr gewesen. Warum sie sich getrennt hatten, wussten beide nicht so richtig. Irgendwas hat nicht gestimmt, aber was, das war immer noch ein Rätsel. Heute sahen sie sich selten, aber sie verstanden
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