Schröders Verdacht - Der Italien-Thriller (German Edition)
Blech heraus, stellte es auf ein großes Holzbrett und fing an, den belegten Teig zu zerschneiden. Die Stücke gab er auf eine Platte und stellte sie in die Mitte des Tischs. Die zweite Flasche Gutedel machte die Runde.
"Sag mal, Heinrich, denkst du, dass der Wein wirklich gut zum Essen passt?", fragte Dreher.
"Wenn ich dich und dein leeres Glas so ansehe", raunzte Montag, "glaube ich nicht, dass du heute so wählerisch sein wirst."
Dreher grinste und nahm ein Stück Pizza auf die Hand, Vogler ebenfalls.
"Herr Dreher, haben Sie was Neues?", fragte Vogler kauend.
"Nichts Besonderes, nur Gerüchte." Dreher erzählte von seinem Abend im Einhorn. "Außerdem hab ich erfahren, dass diesem Tacke die Hose brennt. Er hat Wind von der Sache bekommen, sagt man. Wir sollten uns um Grünwald kümmern, denke ich."
Carola Steglitz sah ihn erschrocken an. "Weiß Tacke, dass ich dahinter stecke?"
"Keine Ahnung. Sie werden es selbst feststellen müssen."
"Denken Sie daran, dass er Ihnen nichts anhaben kann", bemerkte Vogler mit fester Stimme. "Sie sitzen am langen Hebel, auch wenn er Ihr Dienstherr ist." Vogler wandte sich an Dreher. "Was diesen Grünwald betrifft, den überlassen wir am besten der Presse. Ihn zu bearbeiten wäre vergebene Liebesmüh, denn solange er und Tacke sich gegenseitig decken – und das werden sie – kann man beiden kaum etwas anhaben."
"Herr Kommissar, was hat Leclerq Ihnen denn erzählt?", fragte Dreher zurück.
Vogler musterte die anderen der Reihe nach. "Er hat mir die inneren Strukturen der ICCO ausgebreitet."
"Wie haben sie das geschafft?"
"Er ist auf mich reingefallen. Die meisten Leute machen sich ins Hemd, wenn man ihnen ihr Allerheiligstes zu rauben droht. Leclerq eben auch."
"Und was war das?"
"Sie werden es nicht glauben: Der Mann hat es getrieben wie ein Karnickel, aber das Allerheiligste ist ihm sein intaktes Familienleben!"
Carola Steglitz hob gleichgültig die Schultern. "Solche Männer gibt es wie Sand am Meer, ist nicht sehr außergewöhnlich."
Vogler fuhr fort. "Außerdem hab ich mich mit Montags Unterlagen über das Thema Polychlorierte Biphenyle klug gemacht. Ein verdammtes Sauzeug ist das. Hochgiftig, brisant im Umgang und ..."
Vogler machte eine Pause.
"... in der Entsorgung. Es werden jedes Jahr Unmengen sogenannter geschlossener Systeme mit PCB verschrottet. Aber wer übernimmt die Entsorgung des PCB, habe ich mich gefragt. Das passt zu Ihrem Thekengespräch im Einhorn, Dreher." Vogler war aufgestanden. "Das war eine gute Frage, die ich mir da gestellt hatte. Ich habe beim Umweltamt der Stadt Aachen angerufen und behauptet, ich hätte ein Grundstück gekauft, auf dem ein alter Industrietransformator stehen würde. Dann haben sie mir was sehr Interessantes mitgeteilt."
Vogler ging hin und her, blieb jetzt stehen, griff nach einem Stück Pizza und biss hinein, während ihn die anderen voller Erwartung anstarrten.
"Sie sagten mir, in Aachen gebe es nur eine Firma, die Transformatoren entsorgen würde: die ICCO. Nur eine Firma, die das kann und darf. Dann habe ich gefragt, welche Voraussetzungen eine Firma dazu erfüllen muss. Zur Antwort bekam ich, dass man den Nachweis erbringen müsse, die Giftstoffe einer geeigneten Entsorgung zuzuführen – was auch immer das heißen mag – eine Formulierung, die so gut wie wertlos ist."
"Was bedeutet das?", wollte Dreher wissen.
"Das bedeutet zum Beispiel", setzte Montag nach, "dass es für denjenigen, der das Zeug in dunkle Kanäle verschwinden lassen möchte, lediglich eine Frage des Geschicks ist."
"Uns interessiert also, was mit den PCB passiert, die im Inland verschwinden, hab ich Recht?", fragte Vogler.
Seine Zuhörer nickten gespannt.
"Gut, dass Leclerq noch nichts davon ahnte, dass wir wissen, was zu jener Zeit zwischen der ICCO, der Stadtverwaltung und dem Gesundheitsamt gelaufen ist. Sonst hätte er mir vielleicht doch nicht alles so bereitwillig erzählt." Vogler lachte. Dann fuhr er fort. "Schröder hat – wie Sie geschildert haben – in der Akte die Vermutung notiert", sagte er an Montag gerichtet, "dass die ICCO die Kontamination in Bitterfeld mit Absicht durchgeführt hätte. Diese Idee ist mir auch schon gekommen. Ich habe inzwischen Folgendes herausgefunden:
Die ICCO hat vor zehn Jahren einmal kurz vor dem Ruin gestanden. Damals ist ein Vorstandsmitglied auf die Idee gekommen, aus der weltweiten Ächtung von PCB Kapital zu schlagen und Transformatoren zu entsorgen und viel Geld für die Beseitigung der
Weitere Kostenlose Bücher