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Schrottreif

Schrottreif

Titel: Schrottreif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Morf
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hatte.
     
    *
     
    Später am selben Tag war Streiff bei Paul Schiesser vorbeigegangen. Der hatte schon vernommen, dass im FahrGut ein Toter gefunden worden war. Hatte frohlockt. Hatte aus seiner Abneigung gegen Valerie Gut und ihrem Geschäft keinen Hehl gemacht. Er hatte sich bei Streiff eifrig erkundigt, ob ›die kleine Gut‹ zu den Verdächtigen gehöre, etwa gar schon überführt sei. Hatte erklärt, er werde sich um das Ladenlokal bewerben, wenn FahrGut endgültig geschlossen sei. Streiff hatte interessiert zugehört.
    Schiesser hatte sich offensichtlich gar keine Gedanken darüber gemacht, warum die Polizei bei ihm hereinschneite, und war deshalb sehr überrascht, als Streiff ihn auf seinen Streit mit Hugo Tschudi angesprochen hatte. Er hatte nicht gewusst, wer der Tote war. Ganz langsam hatte ihm gedämmert, dass diese Tatsache die Situation irgendwie zu seinen Ungunsten veränderte.
    »Oh, das war nichts«,hatte er wegwerfend gesagt, als ob er sich kaum erinnern könne. »Er war wohl nicht ganz zufrieden mit einer kleinen Reparatur, der Herr Tschudi.«
    »Was war es denn für eine Reparatur?«, hatte Streiff nachgefragt. »Und was hat Herr Tschudi genau beanstandet?«
    Schiesser war rasch in Bedrängnis gekommen. Weder seine Fantasie noch seine Spontaneität hatten ausgereicht, um so auf die Schnelle ein einigermaßen haltbares Lügengerüst zu zimmern. Streiffs teilnehmende Nachfragen, die Verständnis für einen von unverschämter Kundschaft geplagten, ehrlichen Velomech durchschimmern ließen, hatten den Inhalt jener Auseinandersetzung ans Licht gebracht – und Schiesser erneut in Rage. Tschudi hatte ihn verspottet wegen seiner kleinen Schmuddelbude. ›Schießen Sie Ihre Fahrräder am besten auf den Mond‹, hatte er gekalauert, auf Valerie Guts erfolgreiche Werbung anspielend. Hatte gehöhnt, weil Schiesser sich von der Konkurrenz hatte überflügeln lassen. Zu allem Überfluss von einer Frau. Die ihm vor Jahren das große helle Ladenlokal vor der Nase weggeschnappt hatte. Die jetzt die Kundschaft anzog, die Geld hatte für teure Räder, während zu ihm, Schiesser, nur jene kamen, die ein günstiges Velo von der Stange wollten. Das alles hatte Tschudi ihm genüsslich unter die Nase gerieben. Streiff hatte Schiesser aufmerksam zugehört.
    »Sie hassten also Hugo Tschudi«, hatte er festgestellt. »Und ebenso das Geschäft von Frau Gut.«
    Schiesser war aufgegangen, dass er in eine Falle geraten war, und hatte erschrockene Augen gemacht. Aber als Streiff ihn gefragt hatte, wo er den Mittwochabend verbracht habe, hatte er wieder Oberwasser gehabt. »Am Stammtisch, in der Alpenrose«, hatte er herausfordernd informiert. »Wollen Sie die Namen meiner Kollegen? Im Service war übrigens Stana.«
    Streiff hatte klein beigegeben und war abgezogen. Er hatte sich im Augenblick nicht so sehr für Schiessers Alibi interessiert, obwohl er ihn aus dem Kreis der Verdächtigen nicht ausschloss. Aber er war leicht auszutricksen, und Streiff war der Ansicht, für den Moment genüge es, ihn ein bisschen in Sicherheit zu wiegen. Von wann und bis wann genau Schiesser in der Alpenrose gewesen war, ließ sich leicht herauszufinden. – In der Zwischenzeit hatte er es in Erfahrung gebracht. Schiesser war schon vor 22 Uhr gegangen. Er hatte also kein Alibi für die Mordzeit.
    Es war aber im Moment vor allem Tschudis Persönlichkeit, die Streiff beschäftigte. Er hatte offenbar eine ganz hässliche Seite. Das hatte sich an den Drohungen gegen Valerie gezeigt, aber auch in seiner Häme Paul Schiesser gegenüber. Wer andere demütigt, ihnen ihre Schwachpunkte vorhält, feiert zwar kleine Triumphe – lebt aber unter Umständen gefährlich. Hatte Hugo Tschudi wunde Punkte von anderen Leuten gekannt und sein Wissen ausgespielt? Es kam ihm in den Sinn, dass Valerie erzählt hatte, welche Blicke sie ab und zu von Hugo aufgefangen hatte.
    Zita Elmer kam herein. Streiff holte ihr und sich einen Kaffee und fasste zusammen, was er herausgefunden hatte.
    »Und jetzt Sie«, forderte er sie auf.
    Elmer hatte sich sehr gefreut, dass der erfahrene Streiff sie als Assistentin wollte. Er ließ sie mitmachen, reinschnuppern. Genau das hatte sie sich gewünscht. Sie hatte sich mit Engagement und Akribie in die Arbeit gestürzt. In den letzten Tagen hatte sie, Ostern hin oder her, ihr Mann verstand das, in Sachen Tschudi recherchiert und dabei, wie sie es nannte, in einer ziemlich unerfreulichen Biografie herumgestochert.
    Hugo Tschudi war

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