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Schrottreif

Schrottreif

Titel: Schrottreif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Morf
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es da für Möglichkeiten? Muss sie ein Komplize beim Eindringen in den Laden gewesen sein?«
    »Vielleicht ist ihm jemand gefolgt«, überlegte Streiff.
    »Paul Schiesser«, schlug Elmer vor.
    »Möglich«, sagte Streiff. »Er war in der Alpenrose, verließ das Lokal aber kurz vor 22 Uhr. Er mag Tschudi auf dem Heimweg gesehen haben und ihm nachgegangen sein.«
    »Eventuell gibt es noch andere, die einen Grund hatten, Tschudi nachzuschleichen.«
    Streiff schwieg.
    »Stüssi?«
    »Kaum«, meinte Streiff. »Die haben sich offenbar bestens verstanden.« Zum Ärger von Valerie, fügte er in Gedanken hinzu. »Wenn Stüssi Tschudi der Diebstähle verdächtigt hätte und ihm nachgegangen wäre, hätte am Morgen wohl eher Stüssi tot am Fuße der Treppe gelegen. Es ist tatsächlich die Frage, ob diese Diebstähle in irgendeinem Zusammenhang mit dem Mord stehen.«
    »Stüssi als Komplize von Tschudi?«, versuchte es Elmer.
    »In diesem Fall hätte er wohl davon abgesehen, Tschudi ausgerechnet im FahrGut zu erschlagen. Außerdem hat er ein Alibi.«
    »Und was ist mit Valerie Gut? Sie hatte Hugo Tschudi im Verdacht, im Laden zu stehlen. Und sie konnte ihn nicht ausstehen. Oder vielleicht hatte sie irgendwie herausbekommen, dass er es war, der sie belästigt hatte. Sie könnte ihn genauso zufällig gesehen haben und ihm gefolgt sein. Als er in ihr Geschäft eindrang – Valerie Gut hat ein impulsives Temperament und der Laden ist ihr Ein und Alles.«
    »Sie hätte in einer solchen Situation sicher kurzen Prozess gemacht«, bestätigte Streiff. »Aber sie hätte ihn eher im Lokal eingeschlossen und die Polizei gerufen. Jemanden zu erschlagen, das passt nicht zu ihr.«
    »Kennen Sie sie denn näher?«, wunderte sich Elmer.
    »Nein, nein«, wehrte Streiff ab, »nur von früher – außerdem hat sie ein Alibi.«
    »Ist es wasserdicht? Dieser Leon Marti, der sagte, sie habe den Abend mit ihm verbracht, ist vielleicht ihr Freund oder Lover, der ihr helfen will.«
    »Leon Martis Lover heißt Frank Kubli«, sagte Streiff.
    Aha, dachte Elmer beeindruckt, das hat er also schon herausgefunden. Schnelle Arbeit. Er ist eben ein Profi. »Wir reiten auf den Personen herum, die uns bekannt sind«, stellte sie fest. »Aber das Problem ist, dass wahrscheinlich jemand herumläuft, von dessen Existenz wir gar nichts wissen. Es kann ein Komplize gewesen sein, mit dem er in Streit geriet, aber ebenso jemand, der ihn hasste, ihm nachschlich und ihn niederschlug.«
    »Also müssen wir herausbekommen, wer Hugo Tschudi hasste«, schlussfolgerte Streiff.
    »Wir wissen jetzt«, nahm Elmer noch einen Anlauf, »dass Tschudi so weit ging, eine Frau massiv zu bedrohen. Könnte er das auch bei anderen Leuten gemacht haben? Könnte das nicht auch ein Mordmotiv sein?«
    »Valerie hat er anonym bedroht«, gab Streiff zu bedenken. Sie jedenfalls hat seine Stimme nicht erkannt. Der Mann, der ihr auf dem Heimweg folgte, war nicht Tschudi. Das hätte sie auch im Dunkeln gemerkt. Und es sind in der letzten Zeit keine Anzeigen wegen solcher Belästigungen eingegangen.«
     
     

2. Teil
    Elmer war gegangen. Streiff blätterte ihren Bericht durch. Sein Blick blieb an zwei Wörtern hängen: Valerie Gut. Sie hatte sich nicht sehr verändert. Eigenwillig. Impulsiv. Zielstrebig. Und immer noch die braunen Locken. Etwas Dünnhäutiges hatte er an ihr wahrgenommen, das er früher nicht gekannt hatte. Kein Wunder, nach diesem Schock. Ihr Herz hing an diesem Geschäft, das wusste er. Streiff blätterte weiter, ohne zu lesen. War dieser Mord für ihn ein Fall wie jeder andere? Machte es für seine Arbeit einen Unterschied, dass Valerie davon betroffen war? Er hielt es für ausgeschlossen, dass sie die Täterin war. Sie hatte ein Alibi. Und er kannte sie. Aber falls seine Ermittlungen ergeben würden, dass sie es gewesen war? Würde er seinen Job machen, objektiv und unbestechlich wie sonst auch? Selbstverständlich würde er das tun. Vor dem Gesetz sind alle gleich, zitierte Streiff in Gedanken. Aber sonst eben nicht, fügte er hinzu, ohne selbst genau zu wissen, was er damit meinte.
    Er liebte seine Arbeit und er wusste, dass er gut war. Es hatte lange genug gedauert, bis er sich im Klaren gewesen war, was er im Leben tun wollte. Nach der Matura hatte er halbherzig ein paar Semester Jura studiert und war fast erleichtert gewesen, als er bei den ersten Zwischenprüfungen durchgefallen war. Er war schon immer sehr sportlich gewesen, hatte, seit er zehn Jahre alt war, Judo

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