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SchrottT (German Edition)

SchrottT (German Edition)

Titel: SchrottT (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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Mensch braucht keine Haare. Sie sind eklig, speichern unangenehme Gerüche, ein Relikt einer vorzeitlichen Entwicklungsstufe, von der wir uns emanzipieren können. Haare nützen niemandem.«
    »Frisöre wären da anderer Meinung«, lächelte Colin. »Hersteller von Shampoos auch. Und von … Kämmen.«
    »Das ist nicht Ihr Ernst«, sagte Spanisch. »Sie wollen nicht ernsthaft Prinzipien einer neuen Reinheit auf dem Altar isolierter Interessensgruppen opfern? Ich zeige Ihnen nachher mal im Netz einen Artikel in unserem Medium, der wird Ihnen die Augen öffnen. Glauben Sie mir eines: Mein Bericht über SchrottT wird Ihre Downloadzahlen verzehnfachen.«
    »Schön«, sagte Colin und ahnte, dass da noch was kam.
    »Und er wird sie verhundertfachen, wenn Sie sich komplett haarlos auf die Bühne stellen.«
    »Na ja«, meinte Colin, »einige Stellen sieht man ja ohnehin nicht. Da ist es doch egal, ob man da Haare hat oder nicht?«
    Spanisch verzog das Gesicht. »Gerade da sind Haare besonders eklig. Alles bleibt drin kleben, außerdem hängen sie immer in der, Sie wissen schon …«
    »Unterhose«, seufzte Colin und hoffte inständig, dass Blondy ihn zeitnah erlöste.
    »Vorhaut. Oh, da kommt ja unser wandelnder Wischmob.« Offensichtlich meinte Spanisch Tier, der soeben mit einer großen Einkaufstasche auftauchte, deren Logo die Vermutung nahelegte, dass sich Bücher darin befanden.
    »War einkaufen«, sagte Tier zur Begrüßung.
    »Bücher?« Colin zeigte voller Hoffnung auf einen nachhaltigen Themawechsel auf Tiers Plastiktüte.
    »Hrm«, machte der Drummer.
    »Was lesen Sie?«, erkundigte sich Spanisch.
    Tier umarmte seine Plastiktüte, als fürchte er, Spanisch könne sie ihm wegnehmen. Er brummte etwas.
    »Etwas lauter bitte?«
    »Koch-bü-cher«, wiederholte Tier.
    Spanisch zauberte sein Notizpad aus der Hosentasche und fing an, darauf herumzutippen.
    »Kollege«, sagte Colin, »unser Medienexperte hier hat vorgeschlagen, dich zum Frisör zu schleppen.«
    »Hrm?« Tiers Augen weiteten sich.
    Colin zeigte fröhlich auf Spanischs Glatze. »Er meint, Haarlosigkeit liege im Trend und wir sollen uns dem nicht verschließen.«
    »Ganz so habe ich es nicht ausgedr…«, setzte Spanisch an.
    »Raah!«, donnerte Tier. Panik schüttelte ihn, und er drückte seine Einkaufstasche an sich.
    Dann stürmte er fort, Richtung Parkplatz, wo der Tourbus stand.
    Colin schnaubte. »Ich habe den Eindruck, dass Sie unsere künstlerische Eigenständigkeit respektieren sollten«, sagte er. Ihm war inzwischen endlich eingefallen, was ihm an den Vorschlägen des Journalisten seltsam vorgekommen war: ihre Existenz. »Journalisten berichten. Dachte ich jedenfalls. Sie verändern nicht vorher das Objekt ihrer Berichterstattung. Im Idealfall, meine ich.«
    »Eine naive Vorstellung«, versetzte Spanisch und lächelte herablassend. »Jede Kamera beeinflusst, was sie zeigt. Die Leute johlen lauter, wenn man ein Objektiv auf sie richtet. Ist Ihnen das noch nie aufgefallen?«
    »Das bringt mich auf eine Idee«, sagte Colin. »Wir schrauben einfach ein paar Kameras auf die Bühne, die auf das Publikum gerichtet sind. Garantiert dauerhaft beste Stimmung.«
    »Sie verstehen mich nicht«, entgegnete Spanisch schärfer als erwartet. »Aber das werden Sie noch.« Damit sprang er auf und ließ Colin sitzen.
    Keine Sekunde hatte Colin Zeit, um über das Erlebte nachzudenken, da tauchte Blondy auf. »Sie hatten nichts Passendes«, berichtete sie. »Hast du dich gelangweilt?«
    »Keine Sekunde«, sagte Colin grinsend und stand auf. »Gehen wir einen Kaffee trinken? Irgendwo, wo uns niemand findet? Oder willst du die Suche nach neuen Schuhen noch nicht aufgeben?«
    »Für einen Kaffee mit dir gebe ich alles auf.« Ihre Lippen formten ein hellrotes Herz.
    Colin nahm ihre Hand. Sie war warm und kein bisschen feucht. »Red keinen Quatsch. Wir kennen uns erst ein paar Tage. Du weißt noch nicht, was für ein schlimmer Kerl ich bin.«
    »Willst du es mir erzählen? Beim Kaffee?«
    »Ja«, nickte Colin und bog ins Café ein.
    Er spielte den Gentleman und hielt Blondy den Stuhl, als sie sich setzte, dann nahm er seitlich neben ihr Platz. »Und nun, während wir eine Ewigkeit auf die Bedienung warten, die, wie ich sehe, gerade versucht, einen aufdringlichen Herrn mit Hut und Trenchcoat abzuwimmeln, erzählt dir der berüchtigte Sänger und Bassist der verruchtesten Crap-Metal-Band dieser Ära, wie er Mitglied der Band wurde. Mach dich auf was gefasst

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