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SchrottT (German Edition)

SchrottT (German Edition)

Titel: SchrottT (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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wandte sich endlich Colin zu. »Fragen Sie mich, warum ich hier sitze, und ich erzähle Ihnen bis ins Detail alles darüber. Aber fragen Sie mich nicht über die Bruderschaft aus, in Ordnung?«
    »Okay«, sagte Colin. »Warum sitzen Sie hier?«
    Der Brillenträger stöhnte. Dann schielte er zu dem Eingang des Schuhladens. »Also gut.« Er atmete hörbar aus. »Ich bin in die Perle verknallt, die hier als Verkäuferin arbeitet. Gleich hat sie Feierabend, dann kommt sie hier vorbei. Ich sitze hier so vornübergebeugt, weil ich mir die ganze Zeit vorstelle, dass sie stehen bleibt und zu mir sagt: ›Schön, dass du hier auf mich wartest, lass uns da drüben aufs Kundenklo gehen, damit meine Lippen endlich etwas anderes tun können als plappern.‹«
    Colin starrte den Mann an, der umständlich eine sinnlose Erektion verbarg und dessen wässrige Augen hinter der Brille in Selbstmitleid zu schwimmen schienen. Blondys Masche hatte funktioniert: Er hatte sich dumm gestellt und sein Gesprächspartner hatte ihm alles erzählt. Nicht das, was er hatte hören wollen, aber trotzdem … alles.
    Plötzlich fuhr der Mann herum. Dann entfuhr ihm ein Wimmern. »Da! Jetzt ist sie wieder vorbeigelaufen!« Colin versuchte, an dem Leib des Mannes vorbei einen Blick auf dessen Schwarm zu erhaschen, aber da waren zu viele Menschen, viele davon mit Mantel und Hut. Ob sich der Mann die Verkäuferin bloß einbildete?
    »Sie hat wieder nicht angehalten«, heulte der Brillenträger und griff fahrig nach einer Stofftasche, die unter der Sitzbank lag. »Jetzt muss ich wieder alleine auf dieses dreckige Klo …«
    Wortlos blieb Colin zurück und sah dem einsamen Individuum hinterher. Einsam war er selbst immerhin nicht. Blondy war mehr als nur nette Gesellschaft. Sie fühlte sich beinahe an wie eine Beziehung. Dieser Gedanke löste etwas in Colin aus. Zufriedenheit. Aber auch Angst. So ein Unsinn. In einer Welt, die von Sicherheit bestimmt war, musste niemand Angst haben. Unauffällig ließ Colin den Blick schweifen. Er sah unter den Decken nirgendwo Kameras. Entweder waren sie gut versteckt oder die sächsische Sicherheitsfirma hatte eine sehr menschliche Form der Totalüberwachung erfunden, die gleichzeitig die Arbeitslosenzahlen senkte. Denn mit einem Trenchcoat herumlaufen, das schaffte jeder. Am Ausfüllen von Formularen mochte der eine oder andere scheitern, aber Colin war sicher, dass man deswegen nicht gleich in Sibirien landete. Sicher hatten der große und der kleine Überwacher bloß maßlos übertrieben.
    »Worüber denken Sie nach?«, fragte plötzlich jemand.
    Colin schreckte hoch. Aber es war nur Armin Spanisch, der sich aufmerksam in alle Richtungen umsah und dann neben Colin setzte.
    »An diesem Sitzplatz haftet Übel«, verriet Colin.
    Spanisch nahm den Hut ab und sah sicherheitshalber nach, ob er sich in Essensreste gesetzt hatte. »In welcher Hinsicht?«, fragte er dann.
    »Man kriegt keine Frau ab. Jedenfalls nicht die, mit der man es gerne treiben würde.« Als Spanisch verständnislos aus der Wäsche sah, winkte Colin ab. »Vergessen Sie’s. Was macht die Reportage?«
    »Ich könnte noch etwas Bildmaterial gebrauchen«, gab Spanisch zu. »Der Express 3D ist gewöhnlich alles andere als textlastig, wissen Sie.«
    »Aha«, machte Colin. Er kannte Spanischs Medium nur vom Vorbeigehen am Zeitschriftenregal.
    »Unter uns gesagt …« Spanisch beugte sich zu Colin. »So rein vom Visuellen her, wie soll ich sagen …« Er wedelte mit einer Hand. »Sie könnten moderner rüberkommen. Ein bisschen … geschliffener. Wie Bergkristall. Sauberer. Mit einem besonderen Glanz. Wie … aktiviertes Wasser.«
    Colin überlegte, was an diesen Vorschlägen nicht stimmte, kam aber nicht drauf. Er ließ Spanisch weiterreden.
    »Und wie wäre es mit ein paar neuen Akzenten in den Texten? Nichts Riskantes, meine ich. Aber eine moderne Symbolsprache, durchzogen und bestimmt von der Reinheit der neuen Ära, von dem neuen Weg, den dieses Land – und immer mehr Teile von Europa – sich zu gehen entschlossen haben …«
    Spanisch hatte sich in Fahrt geredet und drehte sich halb zu Colin. Beugte sich vor, gestikulierte. »… alte Zöpfe abzuschneiden, sich von Fehlern der Vergangenheit zu distanzieren, den wirklichen Werten wieder die ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken …«
    »Werte wie zum Beispiel?«
    Spanisch lächelte und streichelte seinen haarlosen Schädel. »Wissen Sie, dass Haarentfernung mit Lasertechnik völlig unproblematisch ist? Der

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