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SchrottT (German Edition)

SchrottT (German Edition)

Titel: SchrottT (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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was traurig ist?«, sagte Wolf. »Nicht, dass du keine Ahnung hast, sondern dass du nicht mal was dafür kannst. Das Einzige, was den Regierungen damals als Reaktion auf die Proteste einfiel, war die Zensur. Beziehungsweise: Internet-Kontrollen zur Unterbindung terroristischer Aktivitäten. So ähnlich hieß das damals.«
    »Aber es hat doch geholfen, oder?«
    »Genau. Die Proteste hörten auf. Die Armut nicht. Und dann kam irgendwann die Auktion. Würde mich nicht wundern, wenn da auch die Banken hinterstecken.«
    »Das sind jetzt aber Verschwörungstheorien, oder?«, meinte Colin.
    »Die Relativitätstheorie ist auch bloß eine Theorie. Aber manche Theorien treffen halt ins Schwarze. Ich spiele in einer Band.«
    Colin brauchte einen Moment, um den plötzlichen Themawechsel mitzumachen. »Craprock?«, hakte er dann nach.
    »Irgend so was, ja. Hauptsache subversiv. Musik kann man nicht verbieten.«
    »Welches Instrument spielst du denn?«, fragte Colin, der inzwischen hellwach war. Um ehrlich zu sein, interessierte ihn alles, worüber er bisher mit Wolf geredet hatte, weitaus mehr als der letzte Bundesliga-Spieltag.
    »Bass«, sagte der Hungerhaken. »Ich kann’s zwar nicht besonders, aber darauf kommt es bei Crap nicht an.«
    »Es muss im Kopf was passieren«, stimmte Colin zu. »Egal wie.«
    »Korrekt, Mann. Crap muss dir Durchfall verursachen, bloß im Hirn. Alles muss raus. Damit Platz für was Neues ist. Deshalb sind die Texte ziemlich wichtig. Hier, zum Beispiel: Hals ab. Kratz ab. Fulminant Waffeln gebacken. «
    »Wäre nicht Kopf ab richtiger?«, rutschte es Colin heraus.
    »Siehste«, sagte Wolf, »deshalb bist nicht du der Texter einer Crap-Band, sondern ich .«
    »Ach so. Langsam verstehe ich.« Colin holte Luft für eine mutige Frage. »Kann ich mal was von euch hören?«
    »Noch haben wir nichts aufgenommen«, sagte Wolf. »Unsere Combo hat nicht mal nen Namen. Wir haben uns auf keinen einigen können. Und du? Spielst du ein Instrument?«
    »Ich hatte Geigenunterricht. Ist schon ein paar Jahre her.«
    »Mit einer Geige kann man ne Menge schrägen Krach machen«, meinte Hungerhaken. »Gib mir deine Handynummer, dann meld ich mich mal, wenn wir dich brauchen.«
    Colin war von den Socken. Damit hatte er nicht gerechnet. Er wusste nicht einmal, ob es eine gute Idee war, dem Hungerhaken zu vertrauen. Er erzählte Geschichten, die im Widerspruch zu dem standen, was er über die Vergangenheit wusste. Zu wissen geglaubt hatte. Aber war nicht jedes Wissen nur eine Vermutung, die man für zutreffend hielt? Ein paar Neuronen im Hirn, Texte in Büchern, Stimmen von Lehrern. All das konnte man beeinflussen, wenn man wollte. Vielleicht musste man wirklich mit lautem Crap erst alles wegräumen, bevor man Platz für Neues hatte. Colin nahm sich vor, nach der Schicht auf dem Heimweg einige besonders crappige Songs zu hören.
    Und er diktierte Wolf seine Handynummer. Irgendwie schaffte Hungerhaken es, sie auf seinem Unterarm zu notieren, ohne dass auf dem Bildschirm eine verdächtige Bewegung zu sehen war.
    Ganz schön subversiv.
    Und ganz schön cool, fand Colin.
      
    Colin war nervös wie ein Schwein vor der Schlachtung, als er zum ersten Mal zu einer Probe von Wolfs Combo radelte. Er hatte zuvor stundenlang überlegt, ob er seine alte Fidel mitnehmen sollte oder lieber nicht, hatte sich am Ende aber dagegen entschieden. Wolf hatte in der Mail nicht darum gebeten, sondern nur zum Zuhören eingeladen. Vielleicht gab es später mal die Gelegenheit, die Geige ins Spiel zu bringen, dann am besten angeschlossen an einen Fußeffekt und einen Verstärker mit ordentlich Wumms.
    Die Geokoordinaten in Wolfs Mail führten Colin zu einer aufgegebenen Kapelle im Neckartal ein Stück östlich von Heidelberg. Die Außenseiten waren von mehreren Schichten Graffiti bedeckt, ein Absperrgitter umschloss das Areal ohne jede Wirkung. An mehreren Stellen klafften Lücken. Colin wählte eine, die es ihm erlaubte, samt Fahrrad hindurchzuschlüpfen. Schon aus einigen Metern Entfernung hörte Colin den Crap-Sound, der sein Herz höher schlagen ließ. Wie sich herausstellte, kam die Musik allerdings aus Wolfs Handy, das er an einen Verstärker angeschlossen hatte. Die Band hockte auf und neben dem Altar und horchte launisch.
    »Colin!«, rief Hungerhaken und stoppte den Player. »Unser erster Fan!«
    »Cool«, sagte Colin, statt darauf hinzuweisen, dass er kaum Fan einer Band sein konnte, der er noch nie zugehört hatte. Aber das würde sich

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