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SchrottT (German Edition)

SchrottT (German Edition)

Titel: SchrottT (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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jetzt ja ändern.
    Wolf trug anscheinend ein XL-T-Shirt, denn es wirkte ein bisschen wie ein Talar. Der verschnörkelte Aufdruck des T-Shirts wies den Träger als »Powerwolf« aus. Möglicherweise handelte es sich auch um den Namen einer Band, der Hungerhaken ziemlich gelegen kam.
    »Okay«, sagte Wolf, »meet the band. Der Typ zwischen den Haaren auf dem Altar heißt Siegfried. Er hat eine Phobie vor Frisören, aber du findest garantiert niemand anderen, der aus einem zwanzig Jahre alten Drumcomputer einer chinesischen Billigmarke so crappige Loops rauskitzelt wie er.«
    »Hallo Siegfried«, sagte Colin und winkte schüchtern. Der Drummer stierte ihn bloß an und fuhr fort, seinen Drumcomputer zu streicheln, der auf seinem Schoß ruhte.
    »Und das hier«, fuhr Wolf fort, »ist James-Markus. Er quält seine Fender-Kopie, wie es sonst nur eine Schrottpresse schafft.«
    Der Gitarrist schrammelte einen E-Moll-Akkord, ohne Colin eines Blickes zu würdigen. Sein Arbeitsgerät hatte einmal einen glänzend schwarzen Korpus besessen, aber den konnte man unter Aufklebern und Staub nur noch erahnen.
    »Hallo, James«, sagte Colin. »Danke für die Einladung. Probiert ihr neue Songs?«
    »Nää«, machte James. »Wir streiten uns. Macht mehr Spaß.«
    Wolf lächelte überlegen. »Das gehört dazu.«
    »Und genau in dieser Hinsicht sind wir unterschiedlicher Meinung«, sagte James und griff zu einer Dose Colabier, die auf dem Altar stand. »Ich werde nie ein Visionär sein, ich will bloß spielen.«
    »Dann überlass die Visionen vertrauensvoll mir.« Wolf beugte sich zu James runter. Hungerhaken war einen halben Kopf größer, und irgendwie erinnerte Colin die Geste an seinen Stiefvater.
    Colin wischte mit der Hand etwas Schmutz von der vordersten Bank der Kapelle und ließ sich nieder. Er nahm sich vor, nur die Rolle des Zuhörers einzunehmen, die ihm zugedacht war. Er kannte James und Siegfried nicht und Wolf nur von dem langen Gespräch während der Nachtschicht. Der Hungerhaken war zweifellos gefährlich. Vielleicht war er auch ein Visionär. Dann hatte er sich diesbezüglich aber bislang bedeckt gehalten. Er hatte einiges am Zustand der Gesellschaft zu kritisieren, aber konkrete Verbesserungsvorschläge war er schuldig geblieben. Vielleicht, überlegte Colin, musste man einen Schritt zurück machen, und sich nicht um die vielen komplizierten Kleinigkeiten kümmern. Und einfach nur Musik machen, die die Leute cool fanden. Mit ein paar einfachen Worten: Songs, die Mut machten. Mut konnte Colin selbst auch gut gebrauchen. Hatte er nicht die Geige zu Hause gelassen? Mutig wäre es gewesen, sie mitzubringen. Sie jetzt auszupacken und einfach diese irische Polka zu spielen, die er ganz bestimmt immer noch auswendig konnte. Da sich seine Fingerfertigkeit in Grenzen hielt, würde es automatisch crappy klingen. Siegfrieds Drumcomputer hatte sicher einen passenden Rhythmus zu bieten.
    Colin schürzte die Lippen. Er ärgerte sich, dass er die Geige nicht angeschleppt hatte. Er nahm sich vor, beim nächsten Mal den nötigen Mut aufzubringen.
      
    Das nächste Mal kam zwei Wochen später. Wolf rief an einem Donnerstagnachmittag an.
    »Hör zu«, sagte er, »wir haben einen Auftritt. Eine andere Combo ist kurzfristig ausgefallen, und wir sind die zweite Wahl.«
    »Wow!«, antwortete Colin. »Zweite Wahl. Ich komme gerne und bin euer Fan.« Er meinte es sogar ernst.
    »Toll«, entgegnete Wolf. Seine Stimme klang freudlos aus dem Handy. »Wir brauchen dich aber nicht als Fan. Wir brauchen dich mit deiner Geige.«
    Es dauerte einen Moment, bis Colin begriff. Und doch konnte er es nicht fassen. »Ihr wollt, dass ich mit euch spiele? Aber wir haben nicht einmal zusammen geübt, und …«
    »Egal«, unterbrach Wolf. »Ich schick dir eine Mail mit ein paar Stücken. Such dir im Netz die Noten raus und übe ein bisschen bis morgen.«
    »Noten?« Jetzt verstand Colin gar nichts mehr. »Morgen?«
    »Und zieh was Ordentliches an.«
    Das klang nicht nach Crap. Es klang nach Kindergarten.
    War es aber nicht.
    Sondern eine Hochzeit.
    Es gab Hüte. Rosa Kleider. Dunkle Dreiteiler. Blüten im Knopfloch. Weiße Hemden. Schwarze Fliegen. Rote Krawatten. Graue Großmütter. Kreischende Kinder.
    Colin fand sich auf der Bühne wieder, wo er mit Siegfried, James und Wolf zum Tanz aufspielte. Der Drummer hatte sich in ein Sakko gezwängt, das er möglicherweise auf dem Dachboden gefunden hatte. Gelangweilt ließ er seinen Computer lahme, gleichmäßige

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