Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
kannte.
Bevor ich antworten konnte, ging die Eingangstür auf, und Alec schlüpfte herein, mit einer Zeitung unter dem Arm und triefender Nase. An ihm vorbei wehte ein eisiger Lufthauch von draußen ins Haus. Er drückte die Tür ins Schloss, als er uns schließlich bemerkte.
Doch ehe er dazu kam, etwas zu sagen, zeigte ich mit dem Stiel meines Löffels auf seine Brust und fragte: „Wo bist du gewesen?“ Als ich aufgewacht war, fehlte von ihm jede Spur, auch das Seil und sein Bettzeug hatte er bereits irgendwo außer Sichtweite verstaut.
Alec legte die Zeitung auf den Tresen. „Auf Wohnungssuche.“
Verwirrt kniff ich die Augen zusammen. „Ich dachte, du hast noch gar nicht genug Kohle dafür.“
„Stimmt, aber bald. Der neue Job ist ziemlich gut bezahlt.“ Und ich hatte so ein Gefühl, dass mein Dad ihn nach der großen Enthüllung gestern Abend mit rhetorischen und anderen Mitteln darin bestärkt hatte, seine Pläne bezüglich unterkunftstechnischer Eigenständigkeit voranzutreiben.
Aber egal … ich würde nach meiner Begegnung mit Avari im Kino kein Risiko mehr eingehen. „Freut mich für dich. Nur so aus Spaß: Welche Farbe hatte mein erstes Fahrrad?“
„Weiß mit roten Bändern“, antwortete er wie aus der Pistole geschossen.
„Erklärt mir mal einer, was hier läuft?“ Emma kratzte ein weiteres Schokostück aus ihrem Becher.
Ich selbst schaufelte mir auch eine weitere Portion Eis in den Mund, um Zeit zu schinden und mir eine plausible Erklärung auszudenken. Aber Alec kam mir zuvor.
„Ach, nur so ein Ratespiel. Die Idee ist aus dem Internet.“
„Ui, ich will auch mitmachen“, sagte Em und setzte sich aufrechter hin. „Wie war der Name meines ersten BHs?“
Ich verschluckte mich fast. „Du hast ihm einen Namen gegeben?“
Verständnislos sah sie mich an. „Du nicht?“ Ich lachte nur, und sie wandte sich unbeeindruckt Alec zu. „Na, was ist jetzt? Errätst du’s?“
Er setzte ein konzentriertes Gesicht auf, was wohl so aussehen sollte, als würde er nachdenken. „Ich tippe auf … Helga.“
Em warf mit ihrem Eisbecherdeckel nach ihm, als wäre es eine Frisbeescheibe, doch Alec wich lachend aus, hob ihn auf und warf ihn in den Mülleimer. „Also, zwei Eimer Ben & Jerry’s, zwei Mädchen, zwei Löffel. Da drängt sich mir die Vermutung auf, dass das hier was mit Nash zu tun hat?“
Emma nickte und beobachtete ihn – einen Tick zu aufmerksam, wie ich fand – dabei, wie er seine Jacke auszog und sie über die halbhohe Mauer zwischen Küche und Flur hängte. Sie machte kein Geheimnis daraus, dass sie ein Auge auf ihn geworfen hatte, und ich konnte ihr schlecht sagen, wie viel älter als sie er in Wirklichkeit war.
„Und, ist die nur für die Damenwelt gedacht, oder könnte ein mitfühlender männlicher Freund eventuell etwas abhaben?“ Er ging zur Besteckschublade, und als er sich mit einem Teelöffel bewaffnet wieder umdrehte, schob Emma ihm ihren Becher hin. Wobei sie sich sehr viel weiter nach vorn beugte, als sie eigentlich gemusst hätte, damit er ihr in den Ausschnitt linsen konnte.
„Mein Süßkram sei auch dein Süßkram.“
Ich trat ihr unter dem Tisch ans Schienbein, als Alec die Kühlschranktür öffnete und nach einer Limo suchte.
„Was?“, mimte sie die Unwissende und leckte ihren Löffel ab.
„Das ist alles, was du mit ihm teilen wirst“, flüsterte ich. Siestreckte mir die Zunge raus und wandte sich dann wieder ihrem Eis zu.
„Was hast du überhaupt bei Nash gewollt?“, fragte Alec, als er sich den Stuhl zu meiner Linken unter dem Tisch herauszog.
„Mich ranschmeißen.“
Emma grinste. „Wohl eher ‚die Konkurrenz rausschmeißen‘.“
„Nicht, dass das jetzt noch eine Rolle spielen würde.“
„Wieso?“ Alec versenkte seinen winzigen Teelöffel in der Eiscreme, der neben unseren beiden wie Besteck aus einer Puppenstube aussah. Eindeutig ein Anfänger in Sachen Anti-Frust-Völlerei.
„Weil Sabine ihn geküsst hat“, klärte Emma ihn auf.
„Und wo ist das Problem?“
Ich starrte Alec fassungslos an. „Er hat zurückgeküsst. Ich hab’s genau gesehen. Kein Wegstoßen, kein nichts. Nein, er lässt zu, dass sie sich ihr Oberteil vom Leib reißt und ihm die Zunge in den Hals steckt bis zum Anschlag.“
Alec lutschte seinen Löffel sauber, dann legte er ihn auf den Tisch und öffnete seine Dose Limonade. „Ich will mich jetzt nicht bei so einem Mädchending in die Nesseln setzen, aber dürfte ich mal eine männliche Sichtweise dazu
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