Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
Freunde!“
Sie zwinkerte gutmütig. „Kommt drauf an, wie man Freundschaft definiert, Kaylee.“
Ich verschränkte die Arme. „Wohl kaum.“
„Wie auch immer. Der Punkt ist, nichts von diesem Mist geht auf meine Kappe, klar?“
Ich schüttelte den Kopf, angewidert von so viel Selbstgerechtigkeit. „Ich habe gesehen, wie du die Leute manipuliert hast, die jetzt am Rad drehen!“
„Du hast gesehen, wie ich ihre Ängste abgecheckt habe. Für später. Und das hab ich auch nie bestritten, oder?“ Sie zuckte wieder mit den Schultern. „Ein Mädchen muss essen.“ Sie setzte sich auf die Kante des Tisches, die Hände auf der Holzplatte abgestützt. „Ich war in deinem Kopf. Und ich kenne jeden Zentimeter deines Freundes. Und deiner besten Freundin habe ich in der Sporthalle die Augen geöffnet, was dir verständlicherweise nicht passt. Aber ich hab nichts von dem ganzen abgefuckten Scheiß getan, den du mir unterstellst.“
„Und das soll ich dir glauben, weil du ja so ein herzensgutes Sonnenscheinchen bist, richtig?“
„Denk mal drüber nach, Kaylee. Das hier hat nichts mit Angst zu tun. So wie ich das sehe, ging es bei allen Vorfällen um Eifersucht. Davon wird eine Mara nicht satt. Der Teufel kann in der Not eben nicht jede Fliege fressen.“
Mist. Daran hatte ich nicht gedacht. Andererseits hatte sie auch nichts davon, Emmas Misstrauen mir gegenüber zu schüren, und es trotzdem getan.
„Gut, okay. Du machst es also aus Spaß.“
Auf Sabines Gesicht machte sich wieder ein Grinsen breit, und ich wollte es ihr am liebsten aus dem Gesicht wischen. Aber ich war nicht dumm genug, diesem Impuls nachzugeben und ihr eine runterzuhauen. Nicht noch einmal. „Na ja, ich muss zugeben, es hat schon was, dabei zuzusehen, wie dieganze Schule sich nach und nach in eine gewaltige Gummizelle verwandelt. Aber ein paar gute Lacher sind nicht so einen riesigen Aufwand wert, den ich betreiben müsste, um was von dieser Größe selbst aufzuziehen. Und außerdem, meine Albträume sind nicht bloß Nahrung – sie sind Kunst. Da bin ich eigen. Das hier … das ist einfach nur Chaos.“
Chaos.
Sie hatte recht. Maras konnten von Chaos nicht leben. Aber Hellions konnten es.
Trotzdem fühlte sich all dies nicht nach Avaris Werk an – Eifersucht war nicht sein Metier. Doch dann blieb nur noch Sabine als Verdächtige übrig, egal wie kunstvoll sie mir mit ihrer Logik versuchte, das Gegenteil zu beweisen.
„Ja und? Du bist mindestens zweimal verhaftet worden, von zwei verschiedenen Schulen geflogen und von einer Pflegefamilie zur nächsten gereicht worden, weil keiner mit dir klargekommen ist. Ich denke, das zeigt ziemlich deutlich, wozu du fähig bist.“
Sabines Augen wurden zu schmalen Schlitzen, und der Ausdruck darin verfinsterte sich. Sie stand auf und kam dicht zu mir heran, ihr Gesicht nur Zentimeter von meinem entfernt, und da fiel mir zum ersten Mal auf, dass sie ein ganzes Stück größer war als ich. Und mächtig wütend. „Du hast mich gegoogelt?“
Ich zuckte mit den Schultern. „Kenne deinen Feind, sagt man doch so schön.“
„Nur zu dumm, dass nicht alles, was im Internet steht, auch wahr ist“, gab sie bissig zurück. „Von der ersten Schule haben sie mich geworfen, weil ich einem Lehrer eins aufs Maul gegeben habe, der mich vor der gesamten Klasse wie den letzten Trottel behandelt und aufs Übelste beleidigt hat. Es geschah ihm nur recht, und alle wussten das. Weshalb er wohl auch suspendiert wurde und sie ihn später rausgeschmissen haben. Daszweite Mal hab ich den Schrank von so einer miesen Kröte aufgebrochen, um mir das Handy zurückzuholen, das sie mir aus der Tasche geklaut hat, womit sie dann irgendwelche bekloppten Mails an die halbe Schule geschickt hat und alle dachten, ich wäre es gewesen.“
„Und das soll ich dir abkaufen?“ Hätte ich vielleicht, so abwegig war ihre Geschichte nicht, aber die Tatsache, dass sie mir vom ersten Moment an pausenlos das Leben schwer gemacht hatte, ließ mich dazu tendieren, ihr kein Wort zu glauben.
„Ist mir egal, was du denkst. Aber nur, falls du das mit deinem Brett vorm Kopf noch immer nicht geschnallt hast – ich habe dir nie irgendeinen Mist erzählt, oder? Nicht ein einziges Mal. Ich sage vielleicht nicht immer das, was du hören willst, aber es ist immer die Wahrheit.“
Mit dem letzten Wort aus ihrem Mund traf mich die erste Woge nackter Angst, eiskalt und mit einer Wucht, dass mir die Luft wegblieb. Sie hatte ihre mentalen Schleusen
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