Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
Kollateralschaden geworden wärst? Hast du nie Angst, sie könnte …“
„Mich einfach sterben lassen?“, fragte Emma, und die Furcht in ihrer Stimme war deutlich herauszuhören. Ich kochte vor Wut. Sabine checkte sie aus, las ihre geheimen Ängste, aber die Gefühle selbst erzeugte sie nicht, die waren bereits in Emma vorhanden. Gefühle, über die sie mit mir nie gesprochen hatte.
„Ja“, gab Emma zu. „Kaylee und Nash können niemanden retten, ohne dass nicht ein anderer dessen Platz einnehmen muss. Und irgendwann kommt der Tag, an dem meine Zeit abgelaufen ist, und ich weiß nicht, ob Kaylee es dann nicht einfach … geschehen lässt. Oder sie vielleicht jemanden retten und aus Versehen sein Leben gegen meins eintauschen.“
„Das könnte schon sein“, sagte Sabine, als ich die hintere Ecke der Zuschauertribüne umrundete. Sabine lächelte mir über Emmas Schulter hinweg zu. Sie hatte die ganze Zeit über gewusst, dass ich in der Nähe war und sie wahrscheinlich belauschte. Ich ballte die Hände zu Fäusten.
„Sabine, was soll das?“ Meine Stimme klang düsterer und härter, als ich sie je zuvor gehört hatte.
„Emma und ich quatschen bloß ein bisschen.“
Em schaute mich an, mit einem skeptischen Ausdruck in den Augen, den ich nicht zum ersten Mal bei ihr sah. „Wieso hast du mir nicht gesagt, dass Sabine kein Mensch ist? Und komm mir jetzt nicht damit, das ist eine Bean-Sidhe-Angelegenheit, sie ist schließlich auch keine von euch. Und warum haben du und Alec neuerdings Geheimnisse vor mir, sobald es um die Unterwelt geht? Ist dir wirklich jedes Mittel recht, um mich aus deinem Leben auszuschließen?“
Ich warf Sabine einen bösen Blick zu. Offenbar war ich viel zu spät zu ihrer Unterhaltung gestoßen – Emma hatte ihr bereits diverse ihrer Ängste anvertraut, wie es aussah.
Sabine zuckte einfach nur die Achseln und grinste, also wandte ich mich wieder an Emma.
„Hat sie dir auch erzählt, was sie ist?“
„Sie hat mir mehr erzählt als du. Sie ist eine Mara.“
Ich nickte. „Und weißt du, was das bedeutet?“
Emma runzelte die Stirn. Aha, hätte mich auch gewundert. „Sie ist ein Albtraum, Em, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Sie liest die Ängste der Leute und verstärkt sie zu ihrem eigenen Vergnügen.“ Oder um sich davon zu ernähren. So ganz kapiert hatte ich die Feinheiten noch immer nicht. „Und das ist es, was sie gerade mit dir macht. Deine Ängste verstärken.“
Und da wurde mir plötzlich alles klar. Die ganzen merkwürdigen Dinge, die seit ein paar Tagen an unserer Schule geschahen. Die Schlägereien und Eifersuchtsdramen. Das alles hatte nichts mit Avari zu tun – was kümmerte es den schon, ob ein paar Teenager verhaftet oder rausgeworfen wurden?
Es war Sabines Werk. Alles. Ich hatte gehört, wie sie letzte Woche mit Sophie und Laura über den Schönheitswettbewerb geredet hatte. Und mittags hatte sie am Tisch des Basketballteams rumgehangen. Und jetzt bearbeitete sie Emma.
Ich holte tief Luft und sah dann meiner besten Freundin fest in die Augen. „Emma, ich verspreche dir bei allem, was mir wichtig ist, ich würde dich nie sterben lassen. Nie und nimmer. Du kannst also aufhören, dir darüber Sorgen zu machen.“ Ich schloss die Augen und wog innerlich die Pros und Kontras ab, danach begegnete ich erneut ihrem noch immer misstrauischen Blick. „Und ich werde dir alles erzählen. Ehrenwort.“ Es war nicht fair von mir, sie im Dunkeln tappen zu lassen – gerade ich hätte eigentlich wissen müssen, wie man sich da fühlte. „Aberzuerst muss ich mich um das Chaos kümmern, das Sabine angerichtet hat. Wir treffen uns nachher in der Cafeteria, okay?“
Ohne ihre Antwort abzuwarten, packte ich Sabine am Arm und zog sie hinter mir her durch die Sporthalle. Sie lachte nur und ließ es sich gefallen. „Wohin gehen wir zwei Hübschen denn?“
„Wir suchen jetzt Nash.“ Wenn irgendwer in der Lage war, eine außer Kontrolle geratene Mara zur Vernunft zu bringen, dann unser gemeinsamer Exfreund. Ihre einzige und wahre Liebe, wenn man Todd glauben wollte.
Bei diesem Gedanken wurde ich noch wütender.
„Oh, schön!“, sagte sie. „Du scheinst nur vergessen zu haben, dass er nicht mit mir spricht.“
„Mit mir aber zum Glück schon.“
„Und was willst du machen? Dich bei ihm darüber beschweren, dass ich Emma verraten habe, was ich bin? Das war nicht dein Geheimnis, sondern meins, und ich kann entscheiden, wem ich davon erzähle und wem nicht.
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