Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
die Frechheit besessen, mir zu sagen, ich solle Nash freigeben, wenn ich ihn wirklich liebte.
Todd sah mich verwirrt an und wischte sich mit der Hand eine blonde Locke aus der Stirn. „Du warst in der Unterwelt? Was um Himmels willen wolltest du da?“
„Ich bin nicht absichtlich rübergesprungen!“ Ich stemmte ungeduldig die Hände in die Hüften, denn ich wollte einerseits meine Suche fortsetzen, andererseits aber auch nicht riskieren, in der Eingangshalle gesehen zu werden, wie ich mit meinem unsichtbaren Freund redete. „Sabine hat ihr Aggressionsproblem an mir ausgelassen, als ich in der Französischstunde eingenickt bin.“
„Nichts ist so furchtbar wie der Zorn einer fälschlich verdächtigten Mara.“
„Nash hat dir davon erzählt?“
„Ja. Und … du bist also noch immer böse wegen Letztens?“
„Wärst du nicht böse, wenn dir jemand sagen würde, du sollst das Mädchen, das du liebst, einfach aufgeben? Es einfach einem anderen überlassen, für den es viel zu gut ist und der es gar nicht verdient?“
Todd bedachte mich mit einem seltsamen, traurigen Blick, den ich nicht recht deuten konnte, und ich entdeckte für einen kurzen Moment einen subtilen Strudel im Blau seiner Augen. „Ja, ich glaub schon.“
Und allem Anschein nach war dies die einzige unbeholfene Entschuldigung, die ich von ihm zu erwarten hatte.
„Wie auch immer, wenn du nicht zu meiner Rettung aus der Unterwelt herbeigeeilt bist, weshalb bist du dann hier?“
Todd blinzelte, und ich konnte ihm ansehen, wie er sich wiederauf die aktuelle Krisensituation besann. „Nash hat mich angerufen, weil Sabine in der Halle wahrgenommen hat, dass irgendjemand ganz in der Nähe eingeschlafen sein muss – du weißt, dass Maras Schlaf aufspüren können wie wir die Wärme eines Feuers?“
Ich nickte. „Ja, und?“
„Es hat aber niemand geschlafen. Alle waren hellwach und auf dem Weg in ihre Klassen, es gab kein Schnarchen, nicht mal ein Gähnen in der Halle.“
„Tja, vielleicht haben ihre Raubtiersinne einen kleinen Knacks bekommen.“ Ich zuckte die Achseln. „Als kosmische Strafe dafür, dass sie mich hinterrücks in die Unterwelt geschickt hat.“
„Ausgleichende Gerechtigkeit wäre da schon was Feines, aber ich denke nicht, dass es so einfach ist“, sagte Todd. „Der einzige Weg, der mir einfällt, wie jemand gleichzeitig schlafen und völlig normal rumlaufen und reden kann, ist …“
„Besessenheit“, beendete ich den Satz.
Oh, verdammt. Avari hatte seinen Wirt aktiviert. Oder aber Invidia ihren. „Hat Sabine zufällig den Namen der fraglichen Person erwähnt?“
Todd schüttelte den Kopf. „Sie meinte, sie konnte in dem Gewusel denjenigen nicht rausfiltern.“
„Toll. Sie ist immer so eine sagenhaft große Hilfe.“ Ich schloss die Augen und versuchte, meine Gedanken zu ordnen, dann sah ich zu Todd hoch. Doch bevor ich ihm erzählen konnte, was ich in der Unterwelt herausgefunden hatte, klingelte es zum Beginn der sechsten Stunde, und ich zuckte unwillkürlich zusammen.
Ich griff nach dem Türknauf, hielt dann aber inne und seufzte. In meiner Akte war ich sowieso schon keineswegs die „jugendliche Heldin“ sondern die „chronische Zuspätkommerin“ Kaylee Cavanaugh. „Jedenfalls, wenn Avari seinen Willenkriegt, sind wir geliefert. Er spielt dieses Mal mit Verstärkung, und die beiden haben irgendein richtig übles Ding ausgeheckt.“
„Du meinst den Blizz?“
„Nein, der ist nur Mittel zum Zweck. Avari und seine Partnerin wollen mich und Sabine in die Unterwelt holen, und sie haben sich dafür je einen Körper ausgeguckt, durch den sie direkt von hier aus agieren können. Wir müssen rausfinden, wer die Auserwählten sind.“
Da gab es nicht allzu viele mögliche Kandidaten. Die Person musste irgendeine Verbindung zur Unterwelt haben, um überhaupt für die Inbesitznahme durch einen Hellion infrage zu kommen. Und mir fiel außer Nash, Emma und mir selbst nicht eine einzige Person ein, auf die das zutraf.
Sophie …
Mist!
In Todds blauen Augen machte sich ein entschlossener Ausdruck breit. „Was kann ich tun?“ Er folgte mir in den Flur, wo ich meine Stimme senkte.
„Finde Sophie und bring sie dazu, was zu sagen. Wenn sie nicht wie sie selbst klingt, hau sie um. Wir treffen uns dann nachher draußen im Hof.“
Todd setzte ein ironisches Lächeln auf. „Du weißt, ich würde mir nie eine Gelegenheit entgehen lassen, deiner Cousine eins aufs Dach zu geben.“
25. KAPITEL
Todd verschwand im
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