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Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)

Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)

Titel: Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Vincent
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zumindest.
    „Es tut mir so leid …“
    Nash ist nicht mehr da. Sein Körper ist zwar hier, und sein Mund bewegt sich, formt Entschuldigungen, aber Elvis hat das Gebäude verlassen. Es der Substanz geopfert, die ich verabscheue. Dem heimtückischen Gift, das seine Seele auflöst, ihn zu einem willenlosen Zombie macht und uns zerstört.
    „Ich habe es versucht“, haucht er kraftlos, und ich müsste mich dichter zu ihm beugen, um ihn zu verstehen. Aber ich tue es nicht. Ich kann nicht. Ich ekle mich davor, das einzuatmen, was durch seine Lippen heraussickert, und ich erkenne den widerlichen Geruch sogar schon aus der Entfernung. „Ich habe es versucht“, beteuert er erneut. „Aber es war zu schwer. Allein. Du warst nicht da …“
    Mir steigen Tränen in die Augen. Er hat recht. Ich war nicht bei ihm, als er mich brauchte. Ich habe ihm nicht geholfen, den Entzug durchzustehen. Jedes Mal, wenn ich ihn ansah, musste ich daran denken. Und jetzt war es zu spät. Das Pferd hatte ihn nicht bloß abgeworfen, es hatte ihn niedergetrampelt.
    Und es ist alles meine Schuld.
    Ich will wütend werden. Ihn anbrüllen und kreischen wie eine Wahnsinnige, ihn schütteln und verlangen, dass er aufsteht, sich den Staub abklopft und wieder der Alte ist. Er ist doch in jeder anderen Hinsicht so stark. Warum lässt er sich von diesem Zeug bloß so beherrschen?
    Aber ich schaffe es nicht. Ich kann mich nicht an meiner Wut festklammern – nicht, während alles, was ich bis heute kannte, zerfällt und sich in nichts auflöst, gemeinsam mit Nash. Zorn ist eine wunderbare Sache, die dir Kraft gibt, wenn du eine Stütze brauchst, die dich aufrecht hält. Sie stärkt dein Rückgrat und bewahrt dich davor einzuknicken. Aber in der Finsternis, wo es nur dich und die grausame Wahrheit gibt, kann sie nicht bestehen. Das Einzige, was dort mit dir überleben kann, ist Angst.
    Und ich ertrinke förmlich darin. Ich fürchte mich vor Nash, wenn er so ist wie jetzt. Davor, was er tun oder sagen wird. Dass er mir nicht zuhört. Dass er nicht aufhört. Aber am meisten Angst macht mir der Dämonenatem. Der eisige Hauch, den Nash mehr liebt als mich.
    Denn das ist die Misere an allem. Die unbarmherzige Wahrheit. Ich reiche ihm nicht. Ich kann ihn nicht vor Avari beschützen. Oder vor sich selbst. Er lässt es mich nicht einmal versuchen. Weil ich ihm eigentlich egal bin.
    „Ist schon gut“, flüstere ich zurück. „Alles wird wieder gut.“ Aber mir fehlt die Kraft, es überzeugend klingen zu lassen, denn es ist eine Lüge.
    „Sie sind leer“, murmelt Nash, als ich mich neben ihn auf den Boden setze und seine Hand in meiner zu wärmen versuche. Ein von vornherein verlorener Kampf. Diese Kälte kommt aus seinem Inneren, und ich habe ihr nicht das Geringste entgegenzuhalten.
    „Was ist leer?“, frage ich. Er zittert jetzt. Nicht, weil er friert. Es ist eher ein Zucken. Seine nackten Füße schlagen gegeneinander, wieder und wieder, und seine freie Hand flattert unkontrolliert auf dem Boden.
    Spasmen. Anzeichen einer Überdosis. Er hat zu viel genommen. Ich will den verfluchten Ballon loswerden, ihn in tausend Stücke reißen, verbrennen. Aber das geht nicht.
    „Erinnerungen …“ Sein an die Wand gestützter Kopf dreht sich langsam in meine Richtung. „Sie sind leer. Hohl.“ Mein Herz pocht viel zu schnell und heftig. Es wird jeden Moment zerreißen. Nash hat die Gefühle verkauft, die mit seinen Erinnerungen verbunden waren. Für diesen Trip. Und selbst wenn er ihn überlebt, diese Gefühle sind für immer verloren, er kann sie niemals zurückholen.
    „Welche Erinnerungen?“ Ich möchte es gar nicht wissen. Aber ich muss.
    „An dich.“ Seine Hand schließt sich fester um die Finger meiner Linken. Nur kurz und ganz schwach. Zu mehr ist sein entkräfteter Körper nicht in der Lage. „Er will nur die an dich.“
    Meine Kehle ist wie zugeschnürt, und ich bekomme kaum noch Luft. Es ist alles ausgelöscht. Er wird nie wieder an unsere gemeinsame Vergangenheit zurückdenken und wissen, was er damals für mich empfunden hat. Wenn die Liebe aus der Erinnerung verschwunden ist, kann sie dann trotzdem existieren? Kann sie neu belebt werden?
    Kurz bevor ich ersticke, gelingt mir ein verzweifelter Atemzug. Doch er hat einen bitteren Beigeschmack. Das ist es also, was ich wert bin? Einen läppischen Luftballon voller Gift? Wenn mich jemand, der mich liebte, für so etwas einfach verscherbeln konnte, wie wenig musste ich dann erst dem Rest der Welt

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