Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
Was du mit mir machen lassen hast, ohne einenFinger zu rühren, das war auch nicht fair. Und ich wette, Scott wäre da ganz meiner Meinung.“
Am anderen Ende der Leitung war es plötzlich totenstill. Ich war zu weit gegangen. Ich wusste es und konnte trotzdem nicht aufhören. So eine unglaubliche Wut hatte ich noch nie im Bauch gehabt, und jetzt, wo der Damm gebrochen war, ließen sich die Risse nicht mehr so ohne Weiteres verschließen. Der aus mir heraussprudelnde Zorn richtete sich nicht allein auf Sabine und die Skrupellosigkeit, mit der sie versuchte, mich von der Bildfläche verschwinden zu lassen, sondern gegen alles, was in den vergangenen Monaten geschehen war. Das sich meiner Kontrolle entzogen hatte. Worüber ich bisher nicht eine Silbe verloren hatte. Aber es musste raus, oder ich explodierte irgendwann.
„Willst du mir wehtun? Es ist schon in Ordnung, wenn ja. Ich weiß, dass ich’s verdient habe. Nur würde ich gern wissen, worum es bei dieser ganzen Unterhaltung überhaupt geht, damit ich mich drauf einstellen kann, bis du erreicht hast, was auch immer du brauchst.“
Darüber musste ich kurz nachdenken. „Nein. Ich will dir nicht wehtun. Ich versuche, meine Wunden zu heilen.“
„Funktioniert es?“ Er klang so vernünftig. So frustrierend ruhig und rational, während ich schreien und mit Sachen um mich werfen wollte, bis es mir besserging. Zur Hölle mit der Vernunft!
„Keine Ahnung“, gab ich letztlich zu und ließ mich resigniert auf meinen Schreibtischstuhl sinken.
Wieder diese Stille. Dann: „Wovon hat der Traum gehandelt?“
„Ist doch egal“, antwortete ich, leider einen Tick zu schnell. Er sollte nicht erfahren, was für eine schreckliche Angst ich davor hatte, dass er wieder anfing, Frost zu inhalieren. Davor, dass er Avari noch mehr Erinnerungen an mich verkaufte undseine Suggestivkraft dazu benutzte, mich zu etwas zu bewegen, wozu ich nicht bereit war. Sogar wenn es das war, was Avari als Bezahlung verlangte, nämlich ihm meinen Körper zu überlassen, um darin spazieren zu gehen.
Als ich für mich innerlich meine Ängste – die harten Fakten – auflistete, konnte der logisch denkende Teil von mir kaum glauben, dass ich auch nur in Erwägung zog, Nash zu verzeihen. Klug wäre es gewesen, ihn Sabine zu schenken. Sollten der Exjunkie und die Exknastschwester doch miteinander glücklich werden. Und ich könnte den ganzen Mist vergessen und wieder mein normales Leben führen.
Wenn das mal so leicht wäre. Denn da gab es eine Sache, die mir ständig im Hinterkopf herumschwirrte und mir keine Ruhe ließ: Der Fremde, der mir diese furchtbaren Dinge angetan hatte, war nicht Nash. Mein Nash, das war derjenige, der sich mit meiner kompletten Familie angelegt hatte, um mich vorm Verrücktwerden zu bewahren. An meiner Seite gegen Hellions kämpfte und sich selbst in Gefahr brachte, nur um mich zu beschützen.
Dieser andere Typ, dessen Sucht die Grundlage all meiner Albträume war – im wahrsten Sinne –, den gab es eigentlich gar nicht. Nicht er hatte mich wie Dreck behandelt, sondern der Frost. Der Dämonenatem, der seine Seele betäubt – sie vielleicht sogar ernsthaft geschädigt hatte. Seine Persönlichkeit verändert hatte, mit jedem Atemzug des giftigen Dunstes.
Wäre er ein Mensch, würde der Schaden irreparabel sein. Teilweise war er das womöglich so oder so. Doch wenn nicht, war Nash immer noch der Erste und Einzige, abgesehen von meinen Verwandten, der mich je geliebt hatte. Und ich konnte mich nicht von ihm abwenden, solange auch nur die kleinste Möglichkeit bestand, dass er wieder zu meinem Nash werden würde.
Ich liebte diesen Nash. Wollte seine Hand in meiner spüren.Ihn lächeln sehen wie früher und wissen, dass ich das Einzige war, wonach er verrückt war. Fühlen, wie er hinter mir stand, und mich darauf verlassen können, dass er mir Rückendeckung gab, egal ob wir es mit fiesen Cousinen oder seelenraubenden Hellions aufnehmen mussten.
„Kay, kann ich zu dir rüberkommen?“, fragte er. „Kann ich bitte vorbeikommen und dich sehen?“
Mein Herz pochte so heftig, dass es wehtat, und ich setzte mich kerzengerade in meinem Stuhl auf. „Was, jetzt?“
„Ja. Ich muss dich sehen. Lass uns einfach auf der Couch sitzen und reden. Ich will nur … in deiner Nähe sein, ohne die neugierigen Blicke der halben Schule.“
Der Schmerz in meiner Brust dehnte sich bis in meinen Hals aus, der wiederum durch plötzliches Zusammenkrampfen versuchte, die einzig
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