Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
Energie, das ich abgeschöpft habe, ist völlig irrelevant für ihn, und wenn ich ihn hätte um die Ecke bringen wollen, dann würde er sich jetzt die Innenseite eines Leichensacks angucken. Und was diese Lehrer angeht, die hab ich nicht mal abgecheckt, geschweige denn ihre Träume beeinflusst. Die Ängste alter Leute zu essen, ist wie auf trockenem Tofu rumzukauen. Also wieso sollte ich mich mit weniger gutem Essen zufriedengeben, wenn mir reichlich frisches zur Verfügung steht, das viel besser schmeckt?“
„Du lügst“, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, was mir nur ein weiteres überhebliches Lachen von Sabine einbrachte.
„Ich hab eine Menge Dinge getan, auf die ich nicht stolz bin – okay, direkt schämen tue ich mich auch nicht dafür –, aber Lügen gehört nicht dazu. Weshalb irgendeinen anderen den Ruhm für meine Arbeit einheimsen lassen? Beispielsweise würde ich doch nicht dich dafür loben, dass du deinen Freund nicht halten konntest, wenn ich in seinen Armen liege. Ich würde mich loben, weil ich ihn mir genommen habe.“
Ich sah auf einmal nur noch rot, und mir rutschte die Hand aus. Doch ich realisierte erst, dass ich ihr tatsächlich eine geknallt hatte, als sie sich ungläubig an die Wange fasste und meine Handfläche anfing zu kribbeln, als hätte ich in ein Stromkabel gegriffen.
Todd klappte buchstäblich die Kinnlade runter, und er starrte mich mit offenem Mund an, mindestens genauso verblüfft über meinen Wutausbruch wie ich selbst.
Auch Sabines Blick spiegelte Fassungslosigkeit wider, und ich genoss diesen seltenen Ausdruck in ihren Augen, der mich mit einer tiefen, bislang unbekannten Genugtuung erfüllte.
Doch es dauerte nicht lange, und ihr süffisantes Lächeln kehrte zurück. Sie nahm die Hand von ihrer Wange, wo ein feuerroter Fleck zum Vorschein kam, den meine Ohrfeige hinterlassen hatte. „Braves Mädchen! Das ist die richtige Einstellung! Ich hatte zwar nicht geplant, das Ganze mit primitiver körperlicher Gewalt zu klären, aber wenn du drauf bestehst …“ Sie holte mit der geballten Faust aus, und ich duckte mich reflexartig. Aber auf einmal ging Todd dazwischen, baute sich vor ihr auf und sah sie drohend an.
„Geh mir aus dem Weg, Reaper“, knurrte Sabine, und obwohl mir das Herz bis zum Hals klopfte, staunte ich, wie viel weniger bedrohlich sie ohne ihr penetrantes Lächeln wirkte. Jähzorn passte besser zu ihr als die heuchlerische, freundliche Maske, hinter der sie ihr wahres Gesicht sonst versteckte. „Sie hat angefangen, und jetzt muss sie das Echo vertragen können.“
„Du hast sie provoziert.“ Todd packte sie an beiden Schultern und schob sie rückwärts, wozu er sich komplett sichtbar machen musste.
„Hey, kommt schon. Wenn sie sich um ihren Schatz prügeln will, dann lass sie doch. Ich kämpfe fair, ohne Traumdeutung, versprochen.“
Ach du Kacke. Mein sowieso schon rasender Puls legte noch ungefähr hundert Schläge pro Minute zu. Was zum Henker war bloß in mich gefahren, Sabine eine zu scheuern? Sie hatte im Knast gesessen, wo Prügeleien wahrscheinlich zur täglichen Freizeitgestaltung gehörten. Für mich dagegen war es das erste Mal, dass ich zu solchen Mitteln griff.
Allerdings musste ich zu meinem eigenen Erstaunen zugeben, dass ich es keinen Moment lang bereute. Nicht im Geringsten, obwohl Ausbrüche wie dieser mich in Teufels Küche bringen und einen Kieferbruch vor versammelter Mannschaft nach sich ziehen konnten. Sabine war eine billige, anderenden Freund ausspannende Albtraum-Schlampe, und irgendwer musste ihr schließlich mal zeigen, wo’s langging.
Und diese ehrenvolle Aufgabe fiel offensichtlich mir zu.
„Nein, Sabine.“ Todd machte einen Schritt nach links, als sie versuchte, sich an ihm vorbeizuschieben. Sie sah mich über seine Schulter hinweg spöttisch an und ließ mich dastehen wie eine Idiotin.
„Na, versteckt Klein-Kaylee sich hinter ihrem Beschützer ‚Comeback-Boy‘? Oder hast du doch Mumm und kämpfst um deinen Liebsten wie ein großes Mädchen?“
„Das hier hat nichts mit Nash zu tun“, stellte ich klar, mit erhobenem Kinn und abgeschirmt durch Todds Rücken, wo ich – zumindest für den Moment – in Sicherheit war. Tief in meinem Inneren aber toste ein heftiger Sturm aus Wut, Angst und Verunsicherung. „Okay, gut, der letzte Teil ja. Aber ansonsten geht es darum, dass die Leute in deinem Dunstkreis umkippen wie die Fliegen. Wie man so schön sagt, Leichen pflastern deinen Weg,
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