Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg
noch
in Susannes Körper herumgeistert, möge hier auf dem Haufen von Sorgen und
Problemen bleiben und nie wieder zurückkehren.
Sabine hat jetzt gute Chancen. Und ich habe ein saumässiges
Glück und bedanke mich innerlich.
Dann setze ich mich wieder in das trockene Auto neben sexy
Javier.
Meine Wünsche werden meistens prompt und sehr gut erfüllt.
Oft besser als ich es mir hätte vorstellen können.
Wie zum Beispiel gerade eben: wer würde sich denn schon ein
Fernsehteam im Mercedes wünschen, wenn man in der grauen, nasskalten
Unwirklichkeit wandert? Das ist ja so abgefahren, das hätte man sich ja nicht
einmal ausdenken können. In diesem Moment hätte mir auch ein Viehwagen
vollkommen gereicht. Wünschen klappt bei mir also bestens, Gott muss mich sehr
gern haben.
Wir fahren weiter zur Albergue Manjarín. Während ich den
Herbergsvater Tomas frage, ob er noch ein Bett für mich habe, werde ich wieder
gefilmt. Die Produzentin gibt mir Zeichen, dass ich mich mit Tomas unterhalten
solle. Das tue ich und dabei erfahre ich, dass dieser Pott rauchende Althippie
in seinem Refugio keine Drogen in Form von Alkohol, Heroin oder Crack duldet.
Er hat auch kein warmes Wasser und keine Betten im Sinne von Betten, sondern nur
ein Lager ohne Wände. Eigentlich hat er überhaupt kein Wasser und nur ein
Plumpsklo. Zu Essen hat er nichts da, das muss man mitbringen oder unten im
nächsten Dorf kaufen, das „nur“ 7 km entfernt liegt.
„Unten? Und dann wieder hoch laufen? Dann bleibe ich doch
gleich unten und suche mir dort eine Herberge, oder?“
„Einem echten Pilger macht das nichts“, sagt Tomas und ich
frage mich ernsthaft, aus welchem Jahrhundert er wohl in unsere Zeit gebeamt
wurde.
Manuela winkt mir zu, ich solle wieder einsteigen, hier
könne ich auf keinen Fall bleiben.
Ich bin echt erleichtert und betrachte die bunt bemalten
Wegweiser, die mit genauer Kilometerangabe in alle Himmelsrichtungen und zu
allen Kultstätten dieser Erde reichen.
„Mucho color“ (viel Farbe), sage ich versonnen, während wir
auf den Kameramann warten, der diesen Pilger-Port noch eingehender filmt.
Wenigstens an Farbe hat er nicht gespart.
„Mucho color y mucho dolor“. ergänzt
Manuela und wir lachen beide. (Viel Farbe und viel Schmerz).
Mein Reiseführerbüchlein ist eindeutig zu soft geschrieben:
„einfache, aber sehr spezielle Herberge“, steht da nur. In dem dicken
Pilgerwälzer der Italiener steht sehr deutlich geschrieben, dass der
Herbergsvater einen Knall hat und man sich besser ein anderes Refugio suchen
soll. Javier bietet mir an, mit ihnen nach Santiago zu fahren, dann hätte ich
einen sehr bequemen Pilgerweg und könnte morgen Abend mit ihnen schön die
Ankunft in Santiago de Compostella feiern.
Das klingt wirklich extrem verlockend! Aber was mach ich
dann? 12 Tage in Santiago herumhocken? Ich bin doch hier auf dem Weg, um der
Erleuchtung entgegen zu wandeln, nicht um mich am Ziel zu langweilen! Selbst
wenn die Party bestimmt sehr lustig werden würde.
Ich bedanke mich artig und lehne ab. Wir fahren weiter.
„Hast du schon einmal beim Fernsehen gearbeitet“, fragt
mich Manuela „Ja, vor ein paar Jahren habe ich astrologische Beratungen im
Fernsehen gemacht“, antworte ich. Kamerascheu bin ich aber eh noch nie gewesen.
„Warum hast du dir diesen Weg ausgesucht?“ fragt sie nun.
„Weil dieser Weg die Milchstraße spiegelt. Es ist der Weg
der Sterne,“ sage ich, „der passt zu mir.“
Compostela heißt übrigens Sternenfeld.
„Wie machst du deine Beratungen?“, fragt sie mich.
„Mit dem Computer errechne ich dein Radix und dann erkläre
ich dir die Möglichkeiten, die dir dein Leben bietet“, antworte ich.
„Wie meinst du das mit den Möglichkeiten? Ist das nicht
alles festgeschrieben?“
„Nein, das glaube ich nicht. Du bringst in dein Leben
verschiedene Talente und verschiede Möglichkeiten mit, wie du dir dein Leben
gestalten kannst. Dann entscheidest du mit einem „ja“ oder einem „nein“, ob du
deine Möglichkeiten und Talente nutzen willst, oder nicht. Die Gestaltung
seines Lebens entscheidet jeder Mensch selbst. Im Rahmen seiner Möglichkeiten.“
„Gib mir ein Beispiel“, sagt sie.
Ich nehme die Hand von Javier und schaue hinein: „Schau,
Javier hat die Möglichkeit zwei Kinder zu bekommen. Im Moment sieht es so aus,
als hätte er noch keine Kinder. Wenn er weiterhin „nein“ dazu sagt oder auf
einen vermeintlich richtigen Moment wartet, wird er keine bekommen. Wenn
Weitere Kostenlose Bücher