Schuhwechsel: Als Hausfrau auf dem Jakobsweg
vertrauensvoll in seine Hände begeben hätte, sondern dem schotterigen
Pilgerweg gefolgt wäre, hätte ich zu meinen bereits gelaufenen 26 Kilometern
noch einmal 28 Kilometer gehen müssen, um ein Bett zu bekommen. Oder ich hätte
im Offenstall von Tomas übernachten können.
Manchmal ist es gut, wenn man seine Wünsche nicht zu genau
formuliert und dem Universum die Gestaltung überlässt.
Die Dame an der Rezeption grinst, als ich sie frage, ob sie
warmes Wasser hätten.
„Sicher“, sagt sie und überreicht mir die Schlüssel. Zum
Abschluss dieses Tages finde ich ein Hotel angebracht.
Nach einer heißen Dusche und gewaschener Wäsche, begebe ich
mich in die Bar und bekomme zu meinem Wasser und dem wohlverdienten, sehr
leckeren Wein wieder ein Salamibrot. Offensichtlich muss ich sehr hungrig
aussehen, denn das junge Mädel an der Bar überreicht mir noch ein Salamibrot
und zwei Thunfischbrote. Da trinke ich gleich noch ein Gläschen und bin dann
herrlich satt und zufrieden.
Das alles kostet zusammen wieder einmal nur um die 5 Euro.
Wahnsinn!
Wenn man früh aufgestanden ist und sich den ganzen Tag in
der frischen Luft bewegt hat, ist man abends entsprechend früh müde. Mal ich.
Die Spanier aber weniger, denn die krakelen und klappern in den steinernen Straßen
bis weit nach Mitternacht. Das höre ich selbst durch meine Ohropaxstöpsel.
Tag 3:
Von Ponferrada bis Cacabellos
8.30
Dafür bin ich am frühen Morgen wieder glockenhellwach und
mache mich auf den Weg, die Stadt zu besichtigen. Mit der Fahrt im Auto wurde
mir gestern ein ganzer Wandertag geschenkt. Den will ich heute nutzen, um die
Templerstadt zu besichtigen und ein bisschen zu pausieren. Immerhin bin ich
schon einen ganzen Tag gepilgert, da wird es doch Zeit für eine ausgiebige
Pause…
9.00 Uhr
Die Besichtigung der Altstadt ist erledigt, hier gibt es
nicht viel zu sehen. Mein Pilgerführer schreibt, dass sie in den Innenhof der
Burg einen Fußballplatz hineingesprengt haben, demnach kann das „Castillo templario“
nicht so wahnsinnig interessant sein, wenn da nur noch Außenmauern stehen. Die
sehe ich auch von der Straße aus. Hier öffnet gerade eine Konditorei ihre Türen
und ich gehe hinein um zu frühstücken.
Die Señora, die mir den Kaffee brüht und ein paar Kekse auf
den Teller legt, scheint ein ausgeprägter Morgenmuffel zu sein. Wie gut, dass
sie in einem Frühstückscafé arbeitet, da passt sie genau hin.
Während ich meine staubtrockenen Kekse in den Kaffee tunke,
denke ich wieder an die Kirche und ihre blutrünstige Vergangenheit. Vermutlich
hätten wir heute nicht so viele Kirchen und Klöster zu bewundern, wenn es die
Institution „Kirche“ nicht gäbe, aber den Preis dafür bezahlten die Menschen
auf grauenhafteste Weise.
Mir kommt der Gedanke, dass einige Könige und Fürsten nicht
viel menschenfreundlicher waren. Man denke an die englische Krone und ihre
Kolonien, den Sklavenhandel der Spanier und Portugiesen. Das war schon nicht so
viel besser.
Aber die Könige waren deutlich ehrlicher. Ihnen ging es ganz
klar um Macht und Reichtum und das gaben sie offen zu. Nicht wie einige
Bischöfe und Päpste, die Gott und das heilige Reich des Himmels versprachen, um
an Macht und Reichtum zu gelangen.
Schlagartig wird das Café voll. Eine seltsame Familie
betritt den Raum. Der Mann ist groß und hager, hat graue zersauste Haare auf
dem Kopf und im Gesicht, sieht sehr alt aus und erinnert mich sofort an
Catweazle. Seine Frau dürfte Mitte 30 sein und war bestimmt mal ein Model.
Groß, schlank und mit wunderschönen Gesichtszügen frage ich mich, was sie mit
diesem alten Zausel will. Sie haben ein Kind, von dem ich noch nicht weiß,
welchem Geschlecht es angehört. Es sieht zwar aus wie ein hübscher Junge, hat
aber bunte Ringe an den Fingern und spielt mit einem rosaroten Überraschungsei.
Dann scheint es, als wäre ein deutscher Reisebus mit
Senioren unterwegs. Ein halbes Dutzend ältere Herrschaften tapert in das Café.
Fünf Damen und ein Herr wollen frühstücken. Dabei blockieren sie den kompletten
Tresen. Natürlich sprechen sie kein Wort spanisch. Abgesehen von dem Mann. Der
bestellt sich ein Desayuno tostada, bekommt selbiges sofort überreicht und
setzt sich damit an den Tisch. Seine Damen stehen immer noch am Tresen und
überlegen laut, was es hier wohl zum Frühstück gibt, was sie eventuell
frühstücken wollen und was das denn nun alles auf spanisch heißen könnte.
Muss ich erwähnen, dass alle sehr viel Zeit
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