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Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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sein.
    Denn das hatte er ihr vorgeworfen, als sie an jenem vermaledeiten Morgen neben ihm aufgewacht war und er sie so verliebt angesehen hatte, dass sie seinem Blick auswich. Doch er beugte sich über sie. »Guten Morgen, Schatz. Gut geschlafen?« Seine Lippen suchten ihre. Völlig überrumpelt erwiderte sie seinen Kuss. Doch als seine Hände unter die Bettdecke glitten, über ihren Bauch und dann hinauf zu ihren Brüsten, löste sie sich von ihm und setzte sich auf. Zu abrupt. Irritiert sah er sie an.
    »Es tut mir leid. Ich glaube, wir haben einen Fehler gemacht.«
    Er lächelte. »Einen schönen Fehler.« Seine Hand suchte nach einem Zugang unter die Decke, die sie über die Brust gezogen hatte. »Du wolltest das doch auch. Und es war schön … so wunderschön. Oder nicht?«
    »Doch, schon. Aber wir hätten es nicht tun sollen.«
    Inzwischen waren seine Hände wieder unter der Decke, tasteten sich voran. Sie wehrte sie ab.
    »Warum denn nicht?«
    Wie sollte sie ihm das erklären, ohne ihn zu verletzen?
    »Es war die logische Konsequenz. Aus Freundschaft wird Zuneigung und mehr … Dass ich dich mehr als nur mag, das weißt du doch.«
    »Eigentlich nicht«, sagte sie kleinlaut. »Es war ein Fehler, und es tut mir leid. Sei mir nicht böse, ja?«
    Sein Blick spiegelte Ungläubigkeit und Erstaunen. Die Augen wurden ganz dunkel, als zöge ein Unwetter heran. Abrupt stieg er aus dem Bett und verließ das Zimmer. Die Dusche rauschte. Später, als sie im Bad war, hörte sie ihn unten in der Küche mit Geschirr klappern. »Milchkaffee oder lieber Tee?«, rief er nach oben.
    Gott sei Dank! Er klang wie immer.
    Als sie nach dem Frühstück ging, umarmte sie ihn. »Lass uns weiter Freunde sein und diese Nacht vergessen. Ja?«
    »Wenn du das so willst. Von mir aus. Schließlich kann man Gefühle nicht erzwingen. Ich verstehe es allerdings nicht. Warum erlaubst du dir nicht, glücklich zu sein? Du musst dich nicht bestrafen. Du musst nicht Buße tun für Ludwigs Tod. Du versaust dir deswegen dein ganzes Leben. Das ist völlig neurotisch.«
    Wie bitte? Ging es noch? Nur weil sie nichts von ihm wollte, war sie noch lange nicht neurotisch. Doch sie schluckte eine Antwort hinunter. Instinktiv verstand sie, aus welcher Ecke seine Bemerkung gekommen war. Aus der Frustecke. Schon wieder wies ihn eine Frau zurück. Zuerst Lydia und nun sie.
    Seit diesem Sonntag hatten sie nur telefoniert. Und nun parkte er vorm Haus. Ein gutes Zeichen. Er kam wie immer.
    Noch bevor er klingelte, war Sanne an der Tür und ließ ihn ein. »Hallo Thorsten.« Sie gaben sich Bussis rechts und links auf die Wangen. Wie immer.
    Wieder einmal bemerkte sie, wie gut er aussah. Er war groß und hatte einen durchtrainierten Körper. Was nicht überraschend war bei all dem Sport, den er trieb. Joggen, Klettern, Snowboarden, Mountainbiken und noch einiges mehr. Wettergegerbtes Gesicht, helle Augen, blondes Haar. Sicher würde er nicht lange Single bleiben.
    Sanne schloss die Tür. Dabei fiel ihr Blick auf den Wagen. »Ist dein Auto kaputt?«
    »Kleiner Blechschaden. Eine Frau ist mir reingefahren.«
    »Hauptsache, dir ist nichts passiert. Magst du Tee?«
    »Gerne.« Er folgte ihr in die Küche und sah aus dem Fenster, während sie Teeblätter in den Filterbeutel füllte. »Ach, ist die Werkstatt drüben jetzt vermietet?«
    »Ja, an einen Mann, der Möbel restauriert und einen riesigen Hund hat, den er frei rumlaufen lässt. Unmöglich.«
    Anscheinend hatte Domegall Hamlet inzwischen reingeholt. Sanne konnte ihn nirgends entdecken. Dass ihre Mail Wirkung zeigen würde, damit hatte sie nicht gerechnet und eher das Gegenteil erwartet. Ein trotziges Jetzt-erst-recht, das zur Folge hätte, dass Hamlet stundenlang herumstreunte.
    Sanne trug Tassen und Teekanne ins Wohnzimmer und stellte sie auf der Holzkiste ab, die ihr als Couchtisch diente.
    Sie mochte diesen Raum mit den Sprossenfenstern. Den Ofen hatte sie am Morgen eingeheizt. Es war gemütlich warm im Zimmer. Das war aber schon alles an Gemütlichkeit. Bis auf den Sekretär ihrer Urgroßmutter, ein riesiges Nussbaumungetüm aus der Gründerzeit, gab es nichts Schönes in diesem Raum. Obstkisten als Bücherregale. Die alte Ledergarnitur, die ihre Eltern eigentlich zum Sperrmüll hatten bringen wollen. Ein paar Poster, ein Röhrenfernseher und ihre Stereoanlage, die sie seit Teenagerzeiten begleitete. Es sah aus wie das Zimmer einer armen Studentin und nicht wie das einer erfolgreichen Bogenbauerin. Vielleicht

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