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Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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Widerstand, griff nach Hamlets Pfote und ließ sie sofort wieder los. Unwillkürlich wischte sie sich die Hand an der Jeans ab. So, damit war das erledigt. Ohne Streit. Sie trat einen Schritt zurück ins Haus.
    »Und ich möchte mich bedanken.« Bartstoppeln sprossen auf den Wangen des Highlanders und gaben seinem Gesicht etwas Derbes und Ungepflegtes. Dieser Eindruck wurde vom langen Haar unterstrichen, das er offen trug. Doch nun stellte Sanne überrascht fest, dass er einnehmende Augen hatte. Braun mit einigen bernsteinfarbenen Einsprengseln.
    »Doch nicht etwa für meine pampige Mail?« Plötzlich tat ihr der Tonfall leid, in dem sie die Nachricht verfasst hatte.
    »Ohne Ihre arrogante Mail hätte ich sicher erst heute Abend bemerkt, dass Hamlet ausgebüchst ist. Er hat sich unterm Zaun durchgegraben. Der Schlingel.«
    »Also ist er doch nicht so brav.«
    »Freiheitsliebend. Ganz wie sein Herr.«
    Freiheitsliebend. Unabhängig. Unverbindlich. Sie wollte ihn loswerden. »Ja, dann …«
    Plötzlich sprang Hamlet auf, jagte bellend an Sanne vorbei ins Haus und durch den Flur. Verdammter Köter! Sie lief hinterher und sah gerade noch Herrn Kater in die Küche flüchten.
    »Hamlet! Bei Fuß!« Domegall folgte ihr. »Was sind denn das für Manieren!«
    Als Sanne die Küche erreichte, saß Herr Kater schon auf dem Küchenschrank. Kein gesträubtes Fell, kein Fauchen. Herr Kater wusste offenbar, dass kein Hund der Welt ihm dort oben etwas anhaben konnte. Hamlet schien das nicht zu wissen. Bellend sprang er am Schrank empor.
    »Hamlet! Schlingel! Fuß!« Domegall schlug, wie bei ihrem ersten Treffen, mit der Hand gegen seinen Oberschenkel. Endlich gehorchte der Hund und gab seinen vergeblichen Versuch auf, Herrn Kater zu erreichen.
    Sanne bebte. Eine Mischung aus Angst und Wut. Herr und Hund ungebeten in ihrer Küche, in ihrem Haus. Das ging nun zu weit. Entschieden zu weit! »Raus hier! Alle beide!«
    Domegall sah sie überrascht an. »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
    »Danke der Nachfrage. Ich bin immer so. Eben ganz unfreundliche Frau.«
    Ihre Blicke trafen sich. »Sie sind nicht nur unfreundlich. Sie haben auch Angst. Und ich meine jetzt nicht Angst vor Hunden.« Sein Blick ließ sie nicht los. Er schien sie damit zu durchdringen. Der Augenblick dehnte sich. Sanne schaffte es nicht, den Bann zu brechen, bis er sie losließ und kaum merklich nickte.
    Was gab es da zu nicken? Was hatte er gesehen? Quatsch. Es gab nichts zu sehen. Jedenfalls nichts, was sie nicht selbst im Spiegel erkennen konnte.
    Und doch kam es ihr vor, als hätte er sie durchschaut.

14
    Zwei Tage hatte Eugen nachgedacht und sich dann entschieden. Mit Ehrlichkeit kam man nicht weiter. Die Ehrlichen und Korrekten, die Anständigen und Redlichen hatten die Arschkarte im Leben gezogen.
    Ein neues Wort, das ihm noch vor zwei Tagen nicht über die Lippen gekommen wäre. Arschkarte. Es klang gut und es traf den Sachverhalt. Tugenden zählten nicht in dieser Gesellschaft. Was zählte, waren Ellenbogen und Egoismus. So brachte man es zu etwas. Die Ehrlichen waren die Dummen. Und zu denen wollte Eugen nicht länger gehören.
    Was würde es ihm bringen, mit seinem Wissen zur Polizei zu gehen? Nichts. Niemand würde es ihm danken.
    Vorgestern in der Bäckerei … Eugen schluckte. Irgendwie hatte er geglaubt, dass man ihn trotz allem achtete. Wie naiv. Total dämlich von ihm. Rosi, die Verkäuferin, und einige seiner Nachbarn waren derart in ein Gespräch vertieft gewesen, dass seine Ankunft unbemerkt geblieben war.
    Wir können ja froh sein, dass dieser Sniper mit dem Teleobjektiv den Unfall nicht gesehen hat. Das wäre doch nur Wasser auf den Mühlen dieses Besserwissers. Das hatte der Lehrer gesagt, der am Gymnasium Mathe und Physik unterrichtete. Ein Beamter! Ein Staatsdiener!
    Und für den Fall, dass er mal schlafen muss , hatte die Frau gesagt, die an der Ecke die Versicherungsagentur betrieb, würde er vermutlich eine Überwachungskamera installieren . Sie hatte gackernd gelacht. Bei ihr hatte er damals seine Hausrat- und Unfallversicherung abgeschlossen, und nun, wo er einen Unfall gehabt hatte, zahlte die Scheißversicherung nichts.
    Sniper. Das Wort kannte er nicht. Er hatte im Internet nachgesehen. Ein Heckenschütze. Einer, der heimtückisch Menschen erschoss. Ein Mörder! Mit so einem verglich man ihn!
    Das hatte den Ausschlag gegeben. Mit Korrektheit kam man nicht weiter, so das Fazit seiner bitteren Bilanz. Man war der Angeschissene. Er hatte die

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